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Medizinische Versorgung

TApensen: Nur eine Apotheke für 10.000 Bewohner - Kundenansturm und Lieferprobleme

Apothekerin Andrea Kröger in der einzigen Apotheke in der Samtgemeinde Apensen

Apothekerin Andrea Kröger in der einzigen Apotheke in der Samtgemeinde Apensen Foto: Susanne Laudien

Die Samtgemeinde Apensen wächst - und die Zahl der Apotheken dort schrumpft. Die Delm-Apotheke im Ortskern ist die einzige für die mehr als 10.000 Einwohner. Doch Inhaberin Andrea Kröger bereitet nicht nur der Kundenansturm Probleme.

Von Susanne Laudien Mittwoch, 22.05.2024, 05:50 Uhr

Apensen. Nach Schließung der Hausarztpraxis am Teich mit drei praktizierenden Ärzten im Januar 2023 änderte sich die medizinische Versorgung in Apensen dramatisch - und zog Kreise. Nicht nur, dass etliche Patienten keinen Hausarzt mehr hatten, auch die beiden Apotheken im Ort hatten finanziell darunter zu leiden, weil sie weniger Kunden hatten. Zudem sorgte die Langzeit-Baustelle an der Buxtehuder Straße für Einbußen, woraufhin die Wacholder Apotheke im April vergangenen Jahres geschlossen wurde.

Zusätzliche Notdienste und hoher Kundenzulauf

Seitdem hält Andrea Kröger mit ihrer Delm-Apotheke im Apenser Ortskern die Stellung - es ist die einzige Apotheke für die mehr als 10.000 Bewohner in der Samtgemeinde.

Vor acht Jahren hat die Apothekerin in die Übernahme der Delm-Apotheke investiert. Neben den finanziellen Risiken nach der Praxisschließung brachte die Schließung der Wacholder Apotheke negative Nebenwirkungen wie zusätzliche Notdienste und einen enormen Kundenansturm.

Die Delm-Apotheke am "Roten Platz" an der Buxtehuder Straße in Apensen

Die Delm-Apotheke am "Roten Platz" an der Buxtehuder Straße in Apensen Foto: Susanne Laudien

„Viele der Patienten kamen zu uns und beklagten, dass sie keinen Arzt mehr hätten und fragten, ob ich ihnen nicht helfen kann“, berichtet Kröger. Eine neue Arztpraxis in Apensen sei nach Ansicht der 57-Jährigen daher wünschenswert.

„Wir haben viel zu tun und es ist sehr anstrengend“, sagt Kröger, die elf Mitarbeiterinnen beschäftigt. Zwei Mitarbeiterinnen der Wacholder Apotheke hat sie übernommen und zwei weitere neu eingestellt. Die Einarbeitung kostet Zeit, doch ohne die zusätzlichen Kräfte wäre es nicht zu schaffen. Damit nicht genug, gibt es wie auch bei anderen Apotheken im Landkreis Stade derzeit große Lieferprobleme bei Medikamenten. „Man weiß nie, was morgen kommt“, sagt Kröger und meint das wörtlich.

Antibiotikum ist momentan vergriffen

Zurzeit gibt es wieder Fiebersaft für Kinder, doch stattdessen kein Antibiotikum. Auch Impfstoffe etwa für Hepatitis A und B sowie Tollwut-Impfungen sind oft nicht verfügbar. Die Gründe: Es fehlen die Rohstoffe. Hersteller verkauften lieber ins Ausland, weil sie dort höhere Gewinne erzielen könnten, erklärt Kröger. Die Wirkstoffe kommen häufig aus China und Indien - Deutschland ist davon abhängig. Zudem soll alles möglichst billig sein. Deutschland ist für Hersteller nicht lukrativ.

Selbst Gesetze bringen nichts, sondern lediglich bürokratische Hürden und Kosten, so die Apothekerin. Sie ist auf den Arzneimittel-Großhandel angewiesen, was der ihr liefern oder auch nicht liefern kann. Daher muss sie immer wieder Kunden vertrösten.

Asthmaspray ist nicht verfügbar

So auch bei Asthmaspray, ein Notfall-Medikament, das aktuell nicht verfügbar ist. Auch das Diabetiker-Medikament Ozempic sei aufgrund großer Nachfrage vergriffen. Selbst aus Hamburg kämen Kunden zu ihr nach Apensen, in der Hoffnung, das Medikament zu bekommen.

Warum diese große Nachfrage? „Weil Elon Musk erzählt hat, dass sich Ozempic wunderbar zum Abnehmen eignet“, erzählt Kröger. Das habe einen regelrechten Hype ausgelöst. Die Apothekerin ist daher sauer auf den prominenten Unternehmer, weil schwer Erkrankte jetzt nicht mit ihrer Therapie beginnen können. Zwar versuche sie, verfügbare Medikamente zu bunkern, um Lieferprobleme zu überbrücken, doch das klappt nicht immer.

Apensen mit einer einzigen Apotheke ist kein Einzelfall. Das Netz der Apotheken in Deutschland dünnt sich weiter aus, teilt aktuell der Bundesverband Deutscher Apothekenverbände mit. Ende März gab es in Deutschland noch 17.429 Apotheken. Zum Jahresende waren es noch 142 Standorte mehr. Erst kürzlich haben die Apotheker mit dem Slogan „Wir sehen rot“ auf die Lage aufmerksam gemacht.

Schwierige Ausbildungsbedingungen

„Wir brauchen bessere Honorare“, fordert Kröger. Dann würde es auch wieder mehr Apotheken geben. Obwohl im Gesetz steht, dass die Honorare der Inflation anzupassen sind, passiere in dieser Hinsicht nichts.

Auch bei den Ausbildungsbedingungen müsste sich dringend etwas ändern, um Nachwuchs zu generieren. Für die Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) wird die zweijährige schulische Ausbildung nicht bezahlt. Das sei unattraktiv für den Nachwuchs. Dabei wäre eine duale Ausbildung in Apotheken durchaus möglich. Außerdem ist die Pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin (PKA) ein Auslaufmodell - die nächste Berufsschule ist in Hannover, so Kröger.

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