TBei Besuch in Jork: Obstbau legt Minister Özdemir einen Forderungskatalog vor

Der Bundesvorsitzende der Fachgruppe Obstbau, Jens Stechmann (links), im Gespräch mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) auf der Obstbaumesse am Stand der Altländer Landfrauen. Foto: Vasel
Der Auftritt von Cem Özdemir auf den Obstbautagen in Jork kam gut an. Der Obstbau hat die Gelegenheit genutzt und der Politik einen Forderungskatalog präsentiert. Das wünschen sich die 7000 Obstbauern in Deutschland von ihren Ministern.
Jork. Der Bundesvorsitzende der Bundesfachgruppe Obstbau, Jens Stechmann, klagte beim Verbandspolitischen Tag in Jork unter anderem über die Kaufzurückhaltung der deutschen Verbraucher nach Inflation und Energiekostenexplosion. In den vergangenen 20 Jahren seien die Erzeugerpreise nur unwesentlich gestiegen - trotz stetig steigender Produktionskosten.
Die Obstbauern hätten allein beim Mindestlohn eine Steigerung von 50 Prozent verkraften müssen. Das habe keine andere Branche so hart getroffen. Weder Lebensmitteleinzelhandel noch Verbraucher würden das - ähnlich wie beim Engagement für Artenvielfalt und Klimaschutz - bislang an der Ladenkasse honorieren. Dass Festangestellte gut bezahlt werden sollten, stehe außer Frage, so Stechmann.
Belastung der Familienbetriebe „an der Schmerzgrenze“
Notwendig sei allerdings eine Ausnahmeregelung für Saisonarbeitskräfte aus Südosteuropa. Der Mindestlohn liegt in Deutschland aktuell bei 12,41 Euro je Stunde. Zum Vergleich: In Polen erhalten Erntehelfer 4,87 Euro, in der Türkei sind es 2,95 Euro. Die Folge: Der deutsche Beerenobstanbau sei bereits in Gefahr, so habe es bei Himbeeren - trotz Wasserknappheit - bereits eine Verlagerung der Produktion nach Nordafrika gegeben.
Das Import-Obst - erzeugt mit niedrigen Umwelt- und Sozialstandards - lande zu Dumpingpreisen in deutschen Supermärkten. Dort müsse regionales Obst mit Kirschen aus der Türkei oder Äpfeln aus Übersee konkurrieren. Zeitliche Importbeschränkungen könnten ein Instrument sein, um Betriebe zu schützen. Die Belastung der Familienbetriebe sei „an der Schmerzgrenze“, viele würden resignieren.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien hätten gezeigt, dass sich die integrierten Betriebe in Sachen Biodiversität nicht vor den Öko-Betrieben verstecken müssten. Notwendig sei deshalb - als Honorierung der Leistungen für Natur und Klimaschutz - ähnlich wie im Bio-Bereich eine Flächenprämie für Integrierte Produktion.
Obstbauern: „Ein Weiter-So darf es nicht geben“
Des Weiteren forderte Stechmann, die Herkunftsbezeichnung unter anderem bei Apfelsaft zu verbessern. Das Konzentrat komme in der Regel aus China, den USA und Polen. Doch der Verbraucher könne das auf der Flasche nicht sehen. Des Weiteren sei eine Harmonisierung innerhalb der EU notwendig - etwa bei der Pflanzenschutzmittelzulassung und bei Zuschüssen zur Mehrgefahrenversicherung. Mitbewerber (aus EU-Mitteln) erhalten bis zu 70 Prozent der Hagel-Versicherungsprämie, während Bauern in Niedersachsen leer ausgehen.

Claus Schliecker von der Landesfachgruppe Obstbau eröffnet den Verbandspolitischen Tag in der Altländer Festhalle. Foto: Vasel
Claus Schliecker, Vorsitzender der Landesfachgruppe Obstbau, begrüßte, dass der Bundeslandwirtschaftsminister die Zukunft des Obstbaus gemeinsam mit den Bauern sichern wolle. Der Besuch von Cem Özdemir und seiner niedersächsischen Kollegin Miriam Staudte (beide Grüne) habe gezeigt, dass Bund und Land die Arbeit des Obstbaus „endlich würdigen wollen“. Der Minister hatte betont, dass sich jeder Euro für den Obstbau volkswirtschaftlich lohne, etwa durch Mindestausgaben im Gesundheitssektor durch gesündere Ernährung.
Schliecker klagte über einen Rückgang beim Nachwuchs, aktuell gebe es nur vier Azubis im ersten Lehrjahr. Britta Stechmann von der Arbeitsgemeinschaft junger Obstbauern überreichte Özdemir einen Katalog mit ähnlichen Forderungen: „Ein Weiter-So darf es nicht geben.“

Britta Stechmann von der Arbeitsgemeinschaft junger Obstbauern an der Niederelbe übergab dem Minister die Forderungen des Nachwuchses. Foto: Vasel