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Das ist der Preis

TBekanntes Fachwerk-Ensemble in Jork steht zum Verkauf

Steht zum Verkauf: Blick von der Kirchen-Seite auf das ortsbildprägende Baudenkmal am Fleet in Jork.

Steht zum Verkauf: Blick von der Kirchen-Seite auf das ortsbildprägende Baudenkmal am Fleet in Jork. Foto: Vasel

Es ist rund 300 Jahre alt und eines der bedeutendsten Baudenkmäler. Doch der Winkelbau muss saniert werden. Das drückt auch den Preis.

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Von Björn Vasel
Dienstag, 25.02.2025, 14:30 Uhr

Jork. Die Deutsche Bank Immobilien bietet das Ensemble aktuell für 249.000 Euro als „historisches Schmuckstück“ an. Die Buxtehuder Immobilienberaterin Michelle von Loh hat ihr Schild vor dem Fachwerkhaus aufgestellt.

Im Exposé heißt es, dass das Wohn- und Geschäftshaus im Ortskern sanierungsbedürftig sei. Dieses erfordere eine liebevolle Hand, um den alten Glanz wiederherzustellen, so die Sprache der Makler. Das Grundstück ist 558 Quadratmeter groß, die Wohnfläche beträgt 200 Quadratmeter.

Der Winkelbau aus zwei Fachwerkhäusern - ein Wohnhaus mit Scheune - ist eines der markantesten und ältesten Gebäude in Jork. Der Kern des Baudenkmals stammt aus dem 16. Jahrhundert. Es war eine Hofstelle, aber auch ein Gasthaus mit Brauerei und Brennerei. Laut einer Inschrift bei der Eingangstür im Südgiebel wurde es im Jahr 1765 „renovirt“, heißt es im Denkmalatlas des Landes Niedersachsen. Teile der Außenwände des Hauses Am Fleet 14 seien um 1900 massiv erneuert worden.

Es gab bereits einige Interessenten. Auch im nicht öffentlichen Verwaltungsausschuss hat die Politik jüngst zum zweiten Mal über einen Kauf beraten. Doch der Erwerb ist vom Tisch. Im Jahr 2023 hatte sich die FDP für den Kauf starkgemacht.

Was das Fachwerkgebäude bietet

Die Liberalen wollten damals in dem Denkmal das Altländer Archiv und ein Welterbezentrum unterbringen. Doch die Mehrheit votierte letztlich dafür, das 1935 gegründete Archiv im Neubau der Grundschule in Jork unterzubringen. Am aktuellen Standort, in der Ex-Sparkassen-Filiale in Westerladekop, fehlt der Platz.

Das Bauamt hatte seinerzeit die Kosten für Sanierung und Umbau des Denkmal-Ensembles am Fleet ermittelt. Nach TAGEBLATT-Informationen war von 2,5 bis 3 Millionen Euro die Rede. Den Archiv-Neubau an der Grundschule Jork soll es für die Hälfte geben.

Die Straße in den Zeiten des Wirtschaftswunders der 1950er Jahre.

Die Straße in den Zeiten des Wirtschaftswunders der 1950er Jahre. Foto: Altländer Archiv

Das Hauptgebäude „geht im Kern auf das 16. Jahrhundert zurück“, sagt die Leiterin des Altländer Archivs, Dr. Kai Janofsky. Die Lage und Anordnung des Gebäudes im rechten Winkel mit dem zugehörigen Nebengebäude der ehemaligen Brauerei, die dem geschwungenen Verlauf der Straße und Wettern folgt, entfalte „eine besondere ortsbildprägende Wirkung“.

Der Erhalt liege „aufgrund seiner Bedeutung für die Ortsgeschichte“ und als „beispielhaftes Zeugnis für den Bautyp eines Altländer Wohn- und Gasthauses des 16./17. Jahrhunderts“ im öffentlichen Interesse. Das Nebengebäude mit Einfahrtstor beherbergte lange Zeit die Kult-Eisdiele Pflug. Im zweiten Dachgeschoss ist eine Ladeluke zu sehen, darüber ein Kranausleger.

Ensemble erzählt von der Geschichte der Brenner und Brauer

Das Ensemble steht auch für die Geschichte des Altländer Brenn- und Brauereiwesens. Um 1800 zählte das Alte Land noch 37 Brennereien. Hauptmann Jacob Kieck berichtete in jenen Jahren, dass die Grönlandfahrer als Walfänger nicht ohne den Branntwein aus Jork oder Borstel in See stachen.

Um 1850 sprechen die Quellen noch von neun Branntweinbrennereien. Doch diese stellten nicht nur Branntwein, sondern auch Braunbier her. Das war insbesondere den Stadern seit dem 17. Jahrhundert ein Dorn im Auge. Sowohl die Schweden als auch später die Hannoveraner wollten mit den Brauereien die Festungsstadt stärken.

Verschwunden: Türoberlicht der ehemaligen Brauerei im Haus Am Fleet 14 mit Tonne.

Verschwunden: Türoberlicht der ehemaligen Brauerei im Haus Am Fleet 14 mit Tonne. Foto: Altländer Archiv

Deshalb war die Herstellung laut der schwedischen Polizeiordnung von 1692 lediglich noch für den Eigenverbrauch zulässig. In Gaststätten durfte nur - noch bis 1852 galt das Stader Brauprivileg - das Stader und Hamburger Bier ausgeschenkt werden. Doch für einige Altländer Gaststätten galt das nicht. Diese hatten noch Brau- und Branntwein-Konzessionen aus der Zeit der Erzbischöfe. Das sorgte immer wieder für Streit.

Die Straße am Fleet um 1908.

Die Straße am Fleet um 1908. Foto: Altländer Archiv

Gleich nebenan, in Hausnummer 16, richtete die Regierung im Jahr 1857 eine Postspedition mit Gastwirtschaft ein. 1939 zog die Mädchenabteilung der Landwirtschaftsschule ein, weshalb das Haus in Jork noch heute „Puddingschule“ genannt wird. 1964 wurde die Fachschule nach Stade verlegt. Einen Steinwurf weiter steht die Bäckerei Pagel. Der Neubau ist 1978 errichtet worden. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts gab es hier eine Bäckerei.

Politik und Verwaltung prüfen Verkehrsberuhigung

Der Straßenzug Am Fleet war einst, neben der Bürgerei, die Ladenzeile Jorks. Hier lebten und arbeiteten Wirtsleute, Handwerker, Tagelöhner, Bauern und Krämer. Am Fleet hieß vorher Hohe Straße. Sie war und ist ein Teil der alten Nord-Süd-Hauptverkehrsachse. 1857 bis 1859 war der alte Borsteler Mutweg ausgebaut und bis Neukloster fortgeführt worden. Das Areal an der St.-Matthias-Kirche war die Keimzelle des Orts, die ersten Handwerker, Händler und Schiffer ließen sich ab dem Mittelalter an Fleet und Kirchhof nieder.

Im Zuge der Förderprogramme Leader und Dorfregion soll die Straße - auch mit Blick auf Kirche, Wiederaufbau der Arp-Schnitger-(Toten-)Brücke und das Zigarrenmacherhaus - verkehrsberuhigt werden. Die Altländer blicken nach Harsefeld. Bei ihrem Strategieworkshop wollen Politik und Verwaltung in einem Monat auch den Fleet-Bereich in den Fokus nehmen.

Das Verkaufsschild steht vor dem Baudenkmal.

Das Verkaufsschild steht vor dem Baudenkmal. Foto: Vasel

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