TDarum zieht es Wohnmobilisten im Winter an die Elbe nach Jork

Sven Röthling (links) und Kai-Uwe Gosch betreiben seit März 2023 neben dem Café Möwen-Nest auch den Wohnmobilstellplatz in Neuenschleuse. Foto: Buchmann
Während im Sommer das pure Leben am Möwen-Nest am Jorker Yachthafen herrscht, fällt das Café ab November in einen tiefen Winterschlaf. Doch auf dem kleinen Wohnmobilstellplatz nebenan ist auch in der kalten Jahreszeit ein reges Treiben zu beobachten.
Jork. Kalt peitscht der Wind über den Elbdeich, im Neuenschleuser Yachthafen ist weit und breit kein Boot zu sehen. Das Café Möwen-Nest liegt im tiefen Winterschlaf. Nur im Seitenfenster eines „Citroen Jumper“ auf dem Wohnmobilstellplatz brennt Licht.
„Wir sind überrascht, wie viele Leute im Winter auf unsere Stellplätze kommen“, sagt Sven Röthling und schmunzelt. Seit März 2023 betreiben Sven und Antje Röthling mit ihren Grünendeicher Nachbarn Kai-Uwe und Iris Gosch das Café Möwen-Nest auf der Deichkrone am Jorker Yachthafen.
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Über die warmen Monate, wenn die Boote im Hafen liegen und die Sonne über dem Deich lacht, sei das Café sehr gut besucht worden, sagt Kai-Uwe Gosch. „Hier war richtig Leben“, erinnert sich Mitbetreiber Röthling. Auch die 15 Wohnmobilstellplätze waren im Sommer meist belegt. Ende Oktober war die Saison zu Ende, die Betreiber schickten das Café in die Winterpause. Selbst in der kalten Jahreszeit zieht der Wohnmobilplatz Urlauber mit ihren fahrbaren Ferienwohnungen an.
Alles ist da, was der Wohnmobilist zum Campen braucht
„Viele kommen aus Norddeutschland, um bei uns Halt zu machen“, sagt Gosch. Manche sind auf der Durchreise in Richtung Niederlande und kommen so die Elbe entlang über Jork. Der Jorker Wohnmobilplatz ist das ganze Jahr geöffnet. „Wir haben Strom, die Leute können ihren Müll entsorgen und frisches Wasser holen“, sagt Gosch. Andere Stellplätze im Umkreis böten das im Winter nicht an.
Viele Wohnmobile, die in den Sommermonaten mit Solarzellen ihren Strom selbst erzeugen, sind im sonnenarmen Winter auf Stromanschlüsse angewiesen. Gosch spricht aus eigener Erfahrung. Der Kaufmann, dessen Familie sechs Jahre lang die Gaststätte auf Lühesand betrieb, ist selbst langjähriger Wohnmobilist aus Leidenschaft.
Vor Hochwasser sind die Stellplätze direkt hinter dem Elbdeich geschützt. Röthling oder Gosch sind im Wechsel jeden Tag vor Ort, um nach dem Rechten zu schauen. „Die Leute versorgen sich hier vor Ort selbst“, sagt Röthling. Die Betreiber stellen die Infrastruktur bereit. Nur die Toiletten sind in den Wintermonaten geschlossen. „Da müssten wir jeden Tag morgens und abends zusätzlich jemanden für die Reinigung einstellen. Das rentiert sich nicht“, sagt Gosch.
Die meisten Wohnmobilisten hätten sowieso ihre eigenen Sanitäranlagen dabei. „Unsere Gäste sind sehr zuverlässig und helfen sich auch untereinander“, sagt Röthling. Am Stellplatz hängen überall kleine Hinweisschilder, das meiste erfahren Neulinge jedoch von den Vorgängern zwischen Tür und Angel. „Die geben sich hier auch im Winter die Klinke in die Hand“, sagt Röthling.
Mit dem Hund Ruhe suchen an Silvester
Es sei vorgekommen, dass manche Wohnmobilisten sich durchschummeln wollten. „Der Ticketautomat, mit dem sie sich die Tagesmiete für den Stellplatz ziehen, war mal defekt“, erzählt Röthling, der als Fachmann für Apfelsortieranlagen und gelernter Schlosser für die Technik am Platz zuständig ist. „Wir haben einen Zettel dort hängen, dass die Leute uns anrufen sollen, wenn etwas nicht funktioniert.

Nur gemeldet hatte sich da keiner“, sagt er. Als sie ankamen, sei das Wohnmobil gerade weggefahren - um drei Tage später wieder in Neuenschleuse Halt zu machen. Bei einem kurzen Gespräch habe es sich aber schnell geklärt, die Stellplatzgebühr landete per Umschlag in einem Briefkasten. „Wir haben großes Vertrauen in unsere Gäste. Ernsthafte Vorfälle gab es bisher noch nicht“, sagt Gosch.

Ein Wohnmobilist aus Forchheim in Bayern hat in der ersten Januarwoche geschäftlich Halt in Neuenschleuse gemacht. Foto: Buchmann
Überrascht seien die beiden Betreiber gewesen, als sie an Silvester am Elbdeich vorbeischauten. Gut zehn Wohnmobile hätten am Silvestertag auf dem Stellplatz gestanden. „Die Leute suchen hier etwas Ruhe vom Feiertagstrubel“, sagt Röthling. Viele seien auch mit dem Hund angereist, um hier der lauten Böllerei zu entgehen.
Ein Wohnmobilist, der ungenannt bleiben möchte und bereits an Silvester dort war, rastete auch in der ersten Januarwoche wieder in Jork. Er sei von Forchheim in Bayern aus geschäftlichen Gründen hier, als gebürtiger Stader kenne er die Gegend jedoch sehr gut. Auch im Sommer sei er zum Urlauben hier gewesen. „Ich bin kein Campingplatz-Typ, da ist mir zu viel los“, sagt er. Hier am Elbdeich könne er Leute ganz anders kennenlernen. „Man kommt immer irgendwie in Kontakt, wenn man möchte.“