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Naturschutz

TDauerbaggern in der Elbe: Ist der Stint noch zu retten?

Immer weniger Stinte landen in den Kisten der Elbfischer wie Lothar Buckow aus Jork.

Immer weniger Stinte landen in den Kisten der Elbfischer wie Lothar Buckow aus Jork. Foto: Vasel

Die Situation ist dramatisch: In der Elbe nimmt die Stint-Population seit Jahren ab, der Fisch ist stark gefährdet. Helfen könnte, wenn im Fluss weniger gebaggert werden würde. Umweltschützer prüfen jetzt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.

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Von Björn Vasel
Donnerstag, 15.02.2024, 10:52 Uhr

Jork. Der oberste Naturschützer des Landkreises Stade, Dr. Uwe Andreas, hatte bereits im September 2021 dem Bund und Hamburg einen Verstoß gegen EU-Naturschutzrecht vorgeworfen. Durch das Baggern in der Unterelbe habe sich der ökologische Zustand verschlechtert. Damit würden die EU-Wasserrahmen- und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie nicht umgesetzt. Fortschreitende Verschlickung bedrohe das Ökosystem im Naturschutzgebiet „Elbe und Inseln“, sandige Flachwasserbereiche seien verschwunden. Durch den Rückgang der Stint-Population fehle der „wichtigste Nahrungsfisch für alle wertgebenden Arten“ - von Fischen bis zu Vögeln.

BUND-Vorsitzender will Beschwerde bei EU-Kommission prüfen

Nach der Finte steht jetzt auch der Stint auf der Roten Liste des Landes Niedersachsen (das TAGEBLATT berichtete). Beide Fischarten stehen mit der Kategorie „Stark gefährdet“ eine Stufe vor dem Aussterben. Der BUND-Kreisvorsitzende Heiner Baumgarten will den Stint zum Thema beim Nordtreffen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland machen.

Diskutiert werden müsse eine Beschwerde bei der EU-Kommission oder eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Mit der Ausweisung des FFH- und Naturschutzgebiets habe sich Deutschland gegenüber Brüssel verpflichtet, einen guten ökologischen Zustand herzustellen.

Letztlich, so Baumgarten, müsse die Politik „endlich den Hebel“ umlegen, die Kanalisierung der Elbe müsse in Teilen rückgängig gemacht werden. Im Uferbereich müssten sandige Flachwasserbereiche wiederhergestellt werden, die Verschlickung durch das Dauerbaggern im Bereich der Fahrrinnen müsse gestoppt werden. Schlick und Sauerstoffzehrung seien der Fische Tod.

„Bald wird es keinen Stint mehr in der Elbe geben“

Nach der Elbvertiefung sei mit dem Hafenausbau in Stade neues Gefährdungspotenzial für die Fischfauna geschaffen worden. Auch hier werde ständig gebaggert werden müssen, um die Tiefe für die LNG-Tanker zu halten. Die Trübung im Wasser und der Schlick auf dem Sand lasse Stintlarven und -babys verhungern oder ersticken. Baumgarten: „Wenn die Kreislaufbaggerei in der Elbe nicht aufhört, wird es bald keinen Stint mehr in der Elbe geben.“ Ohne Hafenkooperation und Baggerstopp werde sich die Uferzone nicht entschlicken lassen, um die bedrohten Fischarten zu erhalten.

Saugbagger - ein natürlicher Feind der Stinte in der Elbe.

Saugbagger - ein natürlicher Feind der Stinte in der Elbe. Foto: Vasel

Die Fachleute beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz und beim Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit warnten immer wieder vor dem Artensterben, „doch bei der Regierung dringen sie nicht durch“, so Baumgarten.

Landrat Seefried erneuert Forderung nach Generalplan Elbe

Für Landrat Kai Seefried (CDU) ist das Anlass, noch einmal für den Generalplan Elbe zu werben. Das Ökosystem Elbe müsse „als einzigartiger Naturraum bewahrt“ werden. Die Verklappung des Sediments müsse gestoppt werden. Sediment müsse aus der Elbe entnommen und in Klei-Reifestätten entwässert und aufbereitet werden, um es schließlich zum Deichbau zu verwenden.

Laut Kreis-Umweltamt hat sich das Land nicht in Stade gemeldet, um - nach Aufnahme in die Rote Liste - Erhaltungsmaßnahmen zum Stint-Schutz zu entwickeln. „Es gibt bislang keine“, sagt Elbfischer Lothar Buckow.

Elbfischer Lothar Buckow holt das Netz auf seinem Kutter „Elise“ in der Hahnöfer Nebenelbe ein.

Elbfischer Lothar Buckow holt das Netz auf seinem Kutter „Elise“ in der Hahnöfer Nebenelbe ein. Foto: Vasel

Das Umweltministerium verweist auf Anfrage auf bestehende Maßnahmen- und Managementpläne für das Naturschutzgebiet zum Artenschutz. Zur Frage, ob das EU-Schutzgebiet noch Bestand habe, äußert sich das Ministerium nicht. „Niedersachsen lehnt laut Koalitionsvertrag jede weitere Elbvertiefung ab und bezeichnet die bisherigen als ökologisch gescheitert“, sagt der Sprecher des Umweltministeriums, Matthias Eichler.

Statt ständiger Ausbaggerungen der Elbe setze sich das Land für nachhaltiges Sedimentmanagement und Wiederherstellung und Sicherung des Gebiets als Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiet ein. Statt ständiger Kreislaufbaggerei müsse unbelastetes Sediment aus der Elbe verstärkt etwa für Deichbau verwendet werden. Mit der neuen Roten Liste sei möglich, „vorhandene Handlungskonzepte zu präzisieren“, um einen guten Erhaltungsgrad zu erreichen. Elbfischer Buckow: „Das Bedrucken von Papier hilft dem Stint wenig. Der Umgang mit der Elbe und der Natur muss sich ändern.“

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