TDiese Azubis gehören zu den besten Obstbau-Gärtnern
Harry Schliecker (links) und Bente Hauschildt sehen ihre Zukunft in ihren jeweiligen Familienunternehmen und streben schon bald die Meister-Ausbildung an. Foto: Stahmann
Sie zählten zu den besten Absolventen und Absolventinnen ihres Jahrgangs: Bente Hauschildt und Harry Schliecker dürfen sich seit Sommer Gärtner der Fachrichtung Obstbau nennen. Für beide ist es mehr als nur ein Beruf.
Harry Schliecker weiß, worauf er sich eingelassen hat: „Das ist nichts für jedermann, man muss bereit sein viel zu arbeiten.“
Das hat auch Bente Hauschildt erkannt: „Man muss eine gewisse Leidenschaft für diese Arbeit haben.“ Wenn das Wetter gut sei, mache ihre Arbeit als Obstbauern umso mehr Spaß. Gut für die beiden, dass es davon im Spätsommer mehr als genug gegeben hat.
Beide Obstbauer haben die Ausbildung mit Top-Noten abgeschlossen
Harry Schliecker arbeitet im Betrieb der Familie, dem Obsthof Schliecker in Jork. Gemeinsam mit seinen zwei älteren Brüdern kümmert er sich um die Produktion des Obsthofs Schliecker. Er ist gerade einmal 19 Jahre alt. Auch Bente Hauschildt arbeitet in der Produktion, auf dem Obsthof Hauschildt ist sie gemeinsam mit ihrer älteren Schwester tätig. Hauschildt ist 20 Jahre alt.
Was zieht zwei so junge Menschen zum Obstbau? Und was hat die beiden zu Gesamtnoten von 1,1 (Schliecker) und 1,3 (Hauschildt) in der Ausbildung angespornt?
„Man ist viel draußen und arbeitet in der Natur“, sagt Schliecker. Nichtsdestotrotz sei es eine Arbeit, an der man Spaß haben müsse. Bei ihm sei das aber der Fall. „Ich habe viele Praktika gemacht, beispielsweise beim Tischler oder beim Fleischer.“ Unter dem Strich zeigten ihm die Praktika umso mehr, dass er auf dem Hof seiner Familie arbeiten will. „Eigentlich wusste ich es schon immer.“
„Ich bin auf dem Hof und mit der Arbeit groß geworden“
Für Bente Hauschildt kam nie etwas anderes infrage, als im Obstbau zu arbeiten: „Ich bin auf dem Hof und mit der Arbeit groß geworden.“ So begannen beide ihre dreijährige Ausbildung. Am Anfang waren sie nur zu fünft, wie sie berichten.
Mit dem Abitur kann man die Ausbildung auf zwei Jahre verkürzen. Das stößt bei Schliecker auf wenig Verständnis: „Das Abitur bringt dir keinen Vorteil. Dort lernst du nichts über unseren Beruf.“ An der Berufsschule sei ihm das Lernen leichter gefallen: „Wenn man sich für etwas interessiert, dann fällt es einem umso leichter, das zu verstehen“, sagt Schliecker.
Nur wenig Auszubildende im Obstbau
Der Mangel an Auszubildenden, die nicht aus einer Obstbau-Familie stammen, sei besorgniserregend. Das bestätigt Dr. Matthias Görgens, der stellvertretenden Leiter der Obstbauversuchsanstalt der Landwirtschaftskammer Niedersachsens mit Sitz in Jork-Moorende. Die Zahl der Auszubildenden sei grausig.
„Das ist ein Problem, das nicht nur den Obstbau betrifft, sondern die Gärtner generell“, sagt Görgens. Viele Lehrstellen blieben frei, wer junge Leute für den Obstbau begeistern wolle, der müsse werben. „Die Arbeit ist vielfältig und facettenreich, es geht um viel mehr, als nur einen Baum zu pflanzen und zu ernten. Damit werben wir“, sagt Görgens. Gezielt ginge die Landwirtschaftskammer dafür vermehrt bei Ausbildungsmessen auf Schüler zu, um diese vom Beruf zu begeistern.
Obstbauer ist ein vielseitiger Beruf
Vom Arbeiten mit und an der Pflanze bis hin zum Anbau von Obst, über die maschinelle Arbeit oder auch die Vermarktung - all das haben Schliecker und Hauschildt während ihrer Ausbildung gelernt. „Die Vielseitigkeit ist an der Arbeit das Schöne“, sagt Hauschildt.
In den Ausbildungsbetrieben wurden ausnahmslos alle Arbeiten ausprobiert, um ein gutes Gefühl für alles zu bekommen. Ein gutes Beispiel, warum das wichtig ist, ist das Pflücken: „Wenn du es selber nie probiert hast, weißt du nicht, was du von den Arbeitern erwarten und verlangen kannst, an die du die Aufgabe delegierst“, sagt Schliecker.
Gefahr durch ausländische Konkurrenzprodukte?
Nach ihrer Ausbildung sind die beiden nun in einem Geschäftszweig angekommen, der sich nur noch bedingt rentiert. Nicht alle Betriebe überleben die Niedrigpreis-Schlacht der Supermärkte. Ausländische Produkte sind oft günstiger und würden daher öfter gekauft. Aber: „Bei uns gibt es deutlich höhere Umwelt- und Produktionsstandards, die eingehalten werden müssen“, sagt Hauschildt.
„Unsere Produkte werden mit den anderen verglichen“, sagt Schliecker. Besonders bei den verwendeten Pflanzenschutzmitteln, aber auch beim Lohn für die Arbeiter hinken ausländische Produkte hinterher. Für das Bestehen der einheimischen Produkte müsse es eine Nachbesserung bei den Preisen geben, so Hauschildt. Bei den aktuellen Preisen sei zwar das Überleben gesichert, eine Weiterentwicklung des eigenen Betriebes aber kaum möglich. „Wenn sich nichts ändert, wird es in ein bis zwei Jahren schwierig“, ergänzt Schliecker.
Altländer Äpfel statt „Pink Lady“
Für eine Verbesserung der Situation will Görgens sorgen, indem die Wahrnehmung der Konsumenten verändert wird. „Wir müssen uns klar von den ausländischen Produkten abgrenzen und auf unsere Produkte aufmerksam machen“, sagt Görgens. Anstatt der „Pink Lady“-Äpfel müssten die Altländer Äpfel stärker wahrgenommen werden, besonders bei jüngeren Menschen.
Die berufliche Reise von Harry Schliecker und Bente Hau-schildt ist noch nicht vorbei. Sie wollen ihren Meister machen, in drei bis vier Jahren. Die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse fehlten ihnen noch. „In der Ausbildung lernst du darüber nichts“, so Schliecker. Beide streben an, den Hof ihrer Eltern zu übernehmen. Matthias Görgens freut sich über die neue Generation im Obstbau: „Sie bringen unsere Arbeit zu den anderen jungen Menschen.“