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„Moore bei Sauensiek“

TProtest im Stader Kreishaus: Landwirte stoppen Naturschutzgebiet

Blick auf die Torfabbaugebiet im Moor bei Sauensiek.

Blick auf die Torfabbaugebiet im Moor bei Sauensiek. Foto: Vasel

Das Naturschutzgebiet „Moore bei Sauensiek“ liegt auf Eis. Betroffene Landwirte haben die Einleitung des Verfahrens im Kreis-Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Regionalplanung in Stade vorerst stoppen können. Die Bauern fürchten um ihre Existenz.

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Von Björn Vasel
Freitag, 02.02.2024, 13:50 Uhr

Landkreis.. Mehr als 30 Apenser, Sauensieker und Beckdorfer zeigten Flagge im Kreishaus. Die Landwirte fühlten sich von Politik und Verwaltung übergangen. Krankheitsbedingt hatten im Vorfeld keine Abstimmungsgespräche zwischen Naturschutzamt und Landvolk stattgefunden.

Auch deshalb war sich der Vorsitzende des Kreis-Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Regionalplanung, Frank Michael Havemann (CDU), mit der Politik einig, dass der Tagesordnungspunkt abgesetzt wird. Vom Tisch war das Thema nicht. Die Sitzung wurde unterbrochen, Bürger kamen zu Wort.

Bauern: Ackerflächen nicht ins Schutzgebiet

Stellvertretend für die anderen Landwirte machten Hans Heinrich Wohlers (Sauensiek) und Jürgen Meier (Beckdorf) ihre Sorgen deutlich. Wohlers sprach von einem „Frontalangriff auf die Landwirtschaft“. Er und Meier kritisierten die Größe des geplanten Gebietes.

In der ersten Vorlage war von 916 Hektar die Rede. Beide mahnten eine Herausnahme von Ackerflächen (115 Hektar) und Intensivgrünland (183 Hektar) an. Sie befürchten, dass kommende Regierungen die Nutzung weiter einschränken könnten. Zuletzt waren EU-Pläne gescheitert, Pflanzenschutz in Schutzgebieten generell zu verbieten.

Das Torfabbaugebiet soll nach dem Abbau zum Naturschutzgebiet werden.

Das Torfabbaugebiet soll nach dem Abbau zum Naturschutzgebiet werden. Foto: Vasel

Austausch auf Augenhöhe

„Deshalb sind viele Berufskollegen nervös“, sagte Kreislandwirt Johann Knabbe. Wenn Verbote und Einschränkungen, wie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Grünland oder Zeitvorgaben für die Mahd kämen, könnten die Milchviehbetriebe „nicht mehr ausreichend Futter“ für ihre Kühe herstellen. Ihre Existenz wäre damit bedroht, hieß es.

Der Leiter des Kreis-Naturschutzamtes, Dr. Uwe Andreas, unterstrich, dass die land- und forstwirtschaftliche Nutzung weiter möglich sein werde. Er setze auf „Austausch auf Augenhöhe“. Er halte es für sinnvoll, wenn sich die lokalen Akteure auf den Weg machen - bevor Bund und Europäische Union die Regeln bestimmen.

Reduzierung denkbar

Moorschutz funktioniere für ihn nur im „gleichberechtigten“ Miteinander von Naturschutz und Landwirtschaft, es bestehe kein Zeitdruck bei der Ausweisung. Er setze auf Kooperation. Bei der Wiedervernässung, vor allem auf Torfabbauarealen, werde über die Planfeststellung sichergestellt, dass Acker- und Intensivgrünland „nicht beeinträchtigt“ werden.

Nicht überall sei Wiedervernässung für den Artenschutz sinnvoll. Eine Reduzierung des Gebietes hält er für denkbar. Die Ausweisung sichere Fördergelder für Moorschutz und Landwirtschaft.

Moorschutz schützt Klima und Artenvielfalt

Die Hochmoore machen sieben Prozent der Landkreisfläche aus. Von den 9000 Hektar stehen aktuell 2744 Hektar unter Schutz - als Naturschutzgebiet. Bei dem Schutz dieser Lebensräume gebe es laut Naturschutzamt „einen großen Nachholbedarf“. Verena Wein-Wilke (Grüne) unterstützte die Planung.

Die Entwicklung eines Naturschutzgebietes „Moore bei Sauensiek“ wäre „nicht nur ein Beitrag zum Natur-, sondern auch zum Klimaschutz“, sagt Dr. Andreas mit Verweis auf die Reduzierung der CO2-Emissionen durch Wiedervernässung oder extensivere Nutzung der Flächen, etwa durch die Beweidung durch Wasserbüffel. Schließlich seien Moorflächen im klimaneutralen naturnahen Zustand klassische Kohlenstoffspeicher.

Kohlenstoffspeicher: Das Hohe Moor bei Stade ist ein 5000 Jahre altes Hochmoor und wichtig für den Klimaschutz.

Kohlenstoffspeicher: Das Hohe Moor bei Stade ist ein 5000 Jahre altes Hochmoor und wichtig für den Klimaschutz. Foto: Christian Schmidt/Kreis Stade

Rückkehr von hochmoortypischer Tier- und Pflanzenwelt?

Dem Naturschutzgebiet komme eine wichtige „Trittsteinfunktion“ zwischen den Fauna-Flora-Habitat-Gebieten an Este und Oste zu, das Bundesnaturschutzgesetz fordert Biotop-Verbunde. Im Niedersächsischen Moorschutzprogramm, aber auch im Landschaftsplan der Samtgemeinde Apensen von 2018 wird der Moorgürtel als potenzielles Naturschutzgebiet eingestuft.

Mit der Moorregeneration könnte sich laut Andreas wieder eine hochmoortypische Tier- und Pflanzenwelt einstellen - von Hochmoor-Bläulingen bis zu Torfmoosen. In den Teilbereichen Goldbecker, Beckdorfer und Weißes Moor wird/wurde Torf abgebaut, im Goldbecker Moor noch bis 2030.

Den Kernbereich des Naturschutzgebietes sollen Torfabbau- und Renaturierungsflächen der Torfwerke Archut mit 115 Hektar bilden. Moorwälder und Ödland machen 211 Hektar aus, hinzu kommen 171 Hektar Extensivgrünland. Auf 380 Hektar wird intensive Land- und Forstwirtschaft betrieben.

In dem grünen Bereich wird das Naturschutzgebiet „Moore bei Sauensiek“ liegen.

In dem grünen Bereich wird das Naturschutzgebiet „Moore bei Sauensiek“ liegen. Foto: Kreis Stade

Weitere Gespräche sollen folgen

Uwe Arndt (FWG) und Peter Rolker (FDP), aber auch Christiane von der Decken (CDU) kritisierten die Verwaltung für ihre Vorlage, insbesondere wegen der NSG-Größe im ersten Entwurf und der nicht erfolgten Vorabstimmung mit den Bauern.

Letztere dürften nicht gefährdet werden, so Rolker. Gespräche mit dem Landvolk-Geschäftsführer Christoph Wilkens sollen folgen. Die Politik plant einen Vor-Ort-Termin. Die Bauern machten deutlich, dass sie - bei einer deutlichen Verkleinerung - nicht grundsätzlich gegen ein Naturschutzgebiet seien.

Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Regionalplanung hat die geplante Ausweisung des Naturschutzgebiets „Moore bei Sauensiek“ auf Eis gelegt.

Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Regionalplanung hat die geplante Ausweisung des Naturschutzgebiets „Moore bei Sauensiek“ auf Eis gelegt. Foto: Vasel

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