TFoodsharing: Lena Holst rettet Lebensmittel im Landkreis Stade

Foodsaverin Lena Holst. Foto: Privat
Essen retten, teilen und damit weniger Lebensmittel verschwenden - das ist das Ziel von Foodsharing. Lena Holst aus Moorende engagiert sich leidenschaftlich für die Initiative. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die ganz schön bürokratisch sein kann.
Landkreis. 145 Millionen Kilogramm. So viele Lebensmittel haben sogenannte Foodsaver nach Angaben der Plattform foodsharing.de in Deutschland bislang gerettet. Die Aktivsten unter ihnen haben bereits Hunderttausende Kilogramm vor der Tonne bewahrt. Anfang der 2010er schwappte die Bewegung nachhaltig nach Deutschland, 2012 gründete sich ein formeller Verein. Mehr als 170.000 Menschen engagieren sich aktiv als Foodsaver. Eine davon ist Lena Holst.
Der Nachhaltigkeitsgedanke sei ihr schon in die Wiege gelegt worden, sagt sie. Lena Holst wuchs auf einem Bauernhof in Klein Reith auf. „Oma hat wirklich alles eingekocht“, erzählt sie. Nach dem Abitur 2012 an der Halepaghen-Schule in Buxtehude zog sie für ihre Ausbildung nach Hamburg.
„Es ist wichtig, Ressourcen zu schonen“
In der Hansestadt bekam sie den finalen Anstoß für ihr Engagement, auf einem Wochenmarkt in Altona, wo Foodsaver über ihre Arbeit informierten. „Ich habe eigentlich schon immer nachhaltig gelebt“, sagt sie. „Es ist wichtig, Ressourcen zu schonen, nichts zu verschwenden.“
Mit ihrem Partner zog sie zwischenzeitlich nach Magdeburg. Im Osten startete sie als Foodsaverin so richtig durch. Sie konnte „mit einer jungen Gruppe viel aufbauen“, erzählt Holst: „Das war schön.“ Seit Juni 2022 lebt sie in Moorende - und setzt sich weiterhin für die Initiative Foodsharing ein.
An der Brückenbäckerei in Estebrügge organisierte Lena Holst eine öffentliche Verteilungsaktion. „Das kam richtig gut an“, erzählt sie. Ansonsten verteilt sie gerettete Lebensmittel vor allem über Whatsapp-Gruppen. Das sei allerdings nicht optimal. „Das ist nur ein Personenkreis. Man braucht ein Handy und es ist eine relativ geschlossene Gruppe. Das ist nicht barrierefrei“, sagt die Foodsaverin.
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Foodsaver haften für Lebensmittel
Bei den Rettern von Lebensmitteln gibt es verschiedene Abstufungen. Es gibt Foodsharer, also Essensverteiler, die privat noch verwertbare Lebensmittel anbieten. Mehr als die Hälfte der weggeschmissenen Lebensmittel (59 Prozent) fällt in Privathaushalten an. Über die Foodsharing-Webseite oder eigene Kanäle kann man angeben, was man wo abholen kann.
Quasi einen Schritt weiter gehen Foodsaver, also Lebensmittelretter. Die holen vor allem bei Betrieben Obst, Gemüse und Co. ab. Dafür gibt es eine Art Mini-Ausbildung mit Verhaltens- und Hygieneregeln, berichtet Lena Holst. Denn die Weitergabe von Lebensmitteln ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. „Ich muss sicher sein, dass das, was ich hinstelle nicht schädlich ist.“ Dafür übernehmen die Foodsaver selbst die Haftung: Sie unterschreiben diesbezüglich eine Rechtsvereinbarung, die die Betriebe von der Haftung für die Weiterverwendung der Lebensmittel entbindet und die Lebensmittelretter zu einer unentgeltlichen Weitergabe verpflichtet.
Initiative breitet sich im Alten Land aus
Also viel Bürokratie, um die man sich kümmern muss. Lena Holst leitet nach eigenen Angaben als eine von bis zu fünf Koordinatoren das „Foodsharing-Universum“ hier in der Region. Eine ihrer Aufgaben ist die Kaltakquise von Unternehmen. Dabei gibt es Betriebsketten und „gute, richtige Strukturen“ mit Verträgen, so Holst. „Da kann man nicht einfach Betriebe anfragen oder irgendwo dazwischengrätschen.“
Inzwischen geben rund 20 Betriebe in Buxtehude, Jork, Apensen, Horneburg und Harsefeld Lebensmittel an Foodsaver ab. Zur Größenordnung: Seit 2018 wurden hier fast 70.000 Kilogramm Lebensmittel gerettet.
Die Initiative breitet sich inzwischen immer weiter Richtung Altes Land aus: Ein weiterer Betrieb sei kürzlich in Steinkirchen dazugekommen. Und der nachhaltige Sonntag in Jork zeigt auch Wirkung: Für die Gemeinde sucht Lena Holst einen Standort für einen sogenannten „Fairteiler“. Das ist ein frei zugänglicher Ort, an dem jeder bedingungslos Lebensmittel dalassen und mitnehmen kann. Ideal wäre ein Ort, an dem auch ein Strom- und Wasseranschluss, für einen Kühlschrank sowie Reinigung, gewährleistet wären. Wer einen solchen Raum hat, kann sich per Mail unter buxtehude@foodsharing.network melden.
Keine Konkurrenz zur Tafel
Lena Holst betont, dass Foodsharing keine Konkurrenz zur Tafel sei. „Wir sind die, die nach der Tafel kommen. Und wir kooperieren auch“, sagt sie. Und: Wer die Lebensmittel von Foodsharing annehme, sei nicht unbedingt bedürftig. Vielmehr seien viele dabei, die auch einfach nur Lebensmittel retten wollen. „Es ist natürlich toll, wenn Bedürftige profitieren“, so Holst. Wichtig ist aber: „Man darf Leute nicht von sich abhängig machen.“
Sie wisse schließlich nicht, wann sie das nächste Mal Lebensmittel retten könne. Denn auch die Betriebe kalkulieren inzwischen genauer, geben weniger ab. Und das ist Lena Holst ganz recht. Ihr wäre es ohnehin am liebsten, wenn ihre Arbeit überflüssig werden würde.
Foodsharing-Ortsgruppen gibt es im Landkreis Stade in Buxtehude, Harsefeld und Horneburg. „Fairteiler“ sind zwar auf der Online-Karte eingezeichnet - doch im Kreis gibt es keinen aktiven Standort. In Jork ist die Ortsgruppe wie beschrieben auf der Suche nach einem „Fairteiler“-Standort.