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Schauspiel

TKleine Jorker Bühne führt „Krieg im dritten Stock“ von Pavel Kohout auf

Die Kleine Jorker Bühne probt im Forum der Grundschule am Westerminnerweg das Stück „Krieg im dritten Stock“ von Pavel Kohout. Regisseur Eckehard Kootz (links) gibt Anweisungen.

Die Kleine Jorker Bühne probt im Forum der Grundschule am Westerminnerweg das Stück „Krieg im dritten Stock“ von Pavel Kohout. Regisseur Eckehard Kootz (links) gibt Anweisungen. Foto: Vasel

Die Proben laufen auf Hochtouren: Im März bringt die Kleine Jorker Bühne den bitterbösen Einakter „Krieg im dritten Stock“ von Pavel Kohout auf die Bühne. Dieser trifft den Nerv der Zeit und stellt in seiner Absurdität wichtige Fragen zur Gegenwart.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 07.02.2024, 13:15 Uhr

Jork. Regie führen beim neuen Stück mit Ralph Werner-Dralle, er spielt auch den Arzt, und Eckehard Kootz zwei theaterbegeisterte ehemalige Lehrer der Buxtehuder Halepaghen-Schule. Die Kleine Jorker Bühne bringt mit dem bitterbösen Einakter „Krieg im dritten Stock“ ein wichtiges Theaterstück von Pavel Kohout auf die Bühne der Grundschule in Jork.

Entstanden in der Zeit des Kalten Krieges, wollte der Dramatiker Kohout im Jahr 1970 aufzeigen, „wie sich Menschen zu den Machtspielen der Mächtigen allzu leicht verführen lassen und an ihrer Selbstvernichtung freiwillig teilnehmen“. Kohout ließ sich nicht manipulieren, er spielte nicht mit und trotzte den Repressalien durch die Staatssicherheit.

Wortführer des Prager Frühlings von 1968

Der Tscheche war als Reformkommunist einer der Wortführer des Prager Frühlings von 1968. Dieser wurde von Panzern des Warschauer Pakts blutig niedergeschlagen. Doch immer wieder lehnten sich Bürger wie Kohout gegen die Unterdrückung durch die moskautreue Regierung auf. Die Kommunistische Partei schloss ihn 1969 aus.

Der Schriftsteller und Bürgerrechtler gehörte zu den Mitverfassern der „Charta 77“ und kritisierte die Verletzungen von Bürger- und Menschenrechten im Ostblock. 1979 wurde Kohout mit seiner Frau Jelena ausgebürgert. Heute lebt der Doppelstaatsbürger in Wien und in Prag. Die CSSR ging unter.

„Das Problem jeder Macht, totalitären Macht, und jeder Staatssicherheit ist, wenn sie nicht töten oder foltern können, dann sind sie verloren“, sagte Kohout mit Verweis auf das Helsinki-Abkommen, in dem sich West und Ost zur Einhaltung der Grundrechte verpflichteten - wie Menschenwürde, Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit.

Pavel Kohouts Schauspiel ist hochaktuell

Und so ist das grotesk-absurde Schauspiel des Regimekritikers mit seinen kafkaesken Szenen hochaktuell. Worum geht es? Im Zeitalter der Massenvernichtungsmittel ist Kriegsführung im traditionellen Sinn zu gefährlich für die Menschheit geworden. Deshalb soll der Jurist Dr. Emil Bláha (Lennart Swoboda) stellvertretend als Einzelkämpfer gegen den Weinhändler Karl Maria Müller (Erik Ahrens) antreten.

Als Kriegsschauplatz ist Dr. Bláhas Wohnung vorgesehen. Es ist zwei Uhr nachts, ein Ehepaar schläft friedlich in seinem Bett, als eine Postbotin (Rebecca Rieper) erscheint und ihm einen Einberufungsbescheid übergeben will. Lange glaubt Bláha an einen dummen Scherz, doch die Staatsmacht drängt ihn zum Handeln. Erst als seine Wohnung tatsächlich beschossen wird, stellt er sich auch auf Drängen seiner Frau (Sarah-Luis Jansen) der Herausforderung.

Das Stück, zu Beginn fast eine absurde Komödie, „ist letztlich geprägt von der pessimistischen Haltung Pavel Kohouts“, sagt Co-Regisseur Dralle. Zwei Jahre nach der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ habe sich Kohout im österreichischen Exil die Frustration von der Seele schreiben wollen: Kriege hat es gegeben, gibt es, wird es geben. Der Staat hält im Kriegsfall ungeahnte Härten für seine Bürger bereit. Frauen werden zu Objekten der Kriegsführung und dienen der Demütigung des Gegners. „Nach dem Ende des Kalten Krieges glaubten viele an ein Ende der Geschichte - mit Frieden, Demokratie und Abrüstung“, sagt Dralle mit Blick auf den Klassiker von Francis Fukuyama. Doch es kam nicht so.

Kartenvorverkauf hat begonnen

Kohouts Frustration ist heute die Frustration vieler Bürger, die nach der friedlichen Revolution von 1989 auf eine Ära des Friedens hofften und sich, spätestens mit Putins Krieg gegen die Ukraine, fremdbestimmt und zurückgesetzt in den Kalten Krieg fühlen. Die eigene Blauäugigkeit werde den Besuchern peinlich vor Augen geführt. Der Satz „Wir sind nur ganz kleine Würstchen“ aus dem Einakter könne als Resignation gedeutet oder als Aufforderung verstanden werden, sich so nicht einordnen zu lassen.

Außerdem auf der Bühne: Ralph Werner-Dralle als Arzt, Barbara Post als Polizistin, Per Röscher als Zivilist/Geheimdienstler sowie Frank Lange-Lietz und Harald Heffe als Generale.

Karten für die Aufführungen am Freitag, 1. März, und am Sonnabend, 2. März, jeweils um 20 Uhr (Einlass: ab 19.30 Uhr) in der Grundschule Jork am Westerminnerweg, gibt es im Ticketshop auf www.kleinejorkerbuehne.de; Eintritt: 10 Euro, ermäßigt 8 Euro.

Das Theaterspielen bringt auch Spaß: Ralph Werner-Dralle, er spielt den Arzt und führt gemeinsam mit Eckehard Kootz die Regie, diskutiert mit seinem Ensemble bei den Proben in der Grundschule in Jork.

Das Theaterspielen bringt auch Spaß: Ralph Werner-Dralle, er spielt den Arzt und führt gemeinsam mit Eckehard Kootz die Regie, diskutiert mit seinem Ensemble bei den Proben in der Grundschule in Jork. Foto: Vasel

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