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TL140-Streit: Bürgermeister wollen Bürger zurück an den Tisch holen

Achtung Straßenschäden: Entlang der Ortsdurchfahrt stehen überall Warnschilder.

Achtung Straßenschäden: Entlang der Ortsdurchfahrt stehen überall Warnschilder. Foto: Vasel

Die Bürgermeister der Gemeinde Grünendeich und Steinkirchen appellieren an die Bürgerinitiative, ihre Fundamentalopposition gegen Pläne des Landes zur Grunderneuerung der Ortsdurchfahrt aufzugeben.

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Von Björn Vasel
Sonntag, 01.06.2025, 17:50 Uhr

Steinkirchen. Die Arbeitsgemeinschaft Bürgerei Steinkirchen (ABS) hatte bei einer Versammlung im Dorfgemeinschaftshaus Zur Schönen Fernsicht die überarbeiteten Pläne der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Stade für die Erneuerung der L140 in der Ortsdurchfahrt Steinkirchen-Grünendeich abgelehnt. ABS-Sprecher Heino Eckerich sprach von einer „Asphaltschneise“.

Gewerbetreibende wie Ingo Schult (Schult Immobilien) und Birgit Reyer von der Hirsch-Apotheke warnten vor Umsatzeinbußen und Geschäftsaufgaben. Außerdem würde die 14,20 Meter breite Trasse mit Fahrbahn plus Gehweg und Fahrradfahrer-Schutzstreifen zu beiden Seiten die Orte teilen - ähnlich der B73 in Düdenbüttel. Die Bürgerinitiative favorisiert deshalb eine Sanierung der vorhandenen Fahrbahn und der Gehwege. Die „Horrorversion einer Straße“, so Heiner von Ahnen der ABS in der Fernsicht, dürfe nicht kommen.

Die ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Steinkirchen, Sonja Zinke, und ihr Kollege Nikolai Müller aus der Gemeinde Grünendeich (beide CDU) appellieren an die Arbeitsgemeinschaft Bürgerei Steinkirchen, die Fundamentalopposition gegen die Grunderneuerung der Ortsdurchfahrt aufzugeben. „Ich wünsche mir eine Lösung im Konsens“, sagt Müller. Das betont auch Zinke.

Mit der kommunalen Arbeitsgruppe um den Vorsitzende des Bauausschusses von Steinkirchen, Hauke Eckhoff (CDU), seien die Altländer unter der Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft Bürgerei Steinkirchen auf einem guten Weg gewesen. Die ersten Entwürfe für die L140 seien nach Vor-Ort-Terminen überarbeitet worden. „Das Land kommt uns entgegen“, sagt Bürgermeister Müller. Er habe nicht den Eindruck, dass die Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr „mit dem Panzer“ eine Asphaltschneise durch den Ort ziehen will.

Bürgermeister wollen Lösung im Konsens

Der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Grünendeich fordert die Arbeitsgemeinschaft Bürgerei Steinkirchen mit Blick auf den Flyer und Äußerungen auf, visuell und verbal abzurüsten. Es sollten „keine Ängste“ geschürt werden, so Zinke. Beim Bürgerforum im Juni 2022 habe sich die Mehrheit der Bürger seinerzeit für die Variante 4 (Fahrbahn-Erneuerung plus Fahrradstreifen auf der Straße sowie Gehweg-Erneuerung) ausgesprochen.

Blick in die Bürgerei in Steinkirchen.

Blick in die Bürgerei in Steinkirchen. Foto: Vasel

Nach der Kritik an der Trassenbreite von 14,55 Metern habe das Land - nach gemeinsamen Ortsbegehungen - die Pläne in einigen Abschnitten überarbeitet. Die Anzahl der betroffenen Privatgrundstücke sei erheblich reduziert worden, mehr Bäume sollen stehen bleiben, ergänzt die Steinkirchener Bürgermeisterin. Auch die versiegelte Fläche auf der 2300 Meter langen Strecke von der Bürgerei bis zur Tankstelle Wahlen sei reduziert worden: Von zwei Prozent mehr auf „gegen Null“. Sonja Zinke verweist auf Aussagen des Planungsbüros. Arbeitskreis und Bürgerforum, „mehr Bürgerbeteiligung geht eigentlich nicht“, sind sich Zinke und Müller einig.

Auch die Bürgerinitiative müsse erkennen, dass Politik die Kunst des Kompromisses sei. Der Christdemokrat bedauert, dass die ABS der Arbeítsgruppe den Rücken gekehrt habe. „Doch die Tür für eine Rückkehr steht weit offen“, betonen Zinke und Müller unisono.

Die Straßenmeisterei des Landes bei Arbeiten am maroden Fußweg an der L140.

Die Straßenmeisterei des Landes bei Arbeiten am maroden Fußweg an der L140. Foto: Vasel

Am Ende des Tages könne das Land die Landesstraße 140 auch ohne Mitwirkung der Kommunen sanieren und einfach die marode Fahrbahndecke neu asphaltieren, so Müller. In diesem Fall müssten die Gemeinden Steinkirchen und Grünendeich die alten Gehwege auf eigene Kosten erneuern. Die kombinierten Geh- und Fußwege gibt es nicht mehr, seitdem Fahrradfahrer - Kinder bis zehn Jahren ausgenommen - auf der Straße fahren müssen.

Bürgermeister setzen auf Visualisierungen

Aktuell biete das Land Niedersachsen an, Fahrbahn und Fußwege zu erneuern, betont Zinke. Im Jahr 2024 war von Gesamtkosten in Höhe von bis zu sechs Millionen Euro die Rede. Die Kommunen könnten sich die Sanierung der Fußwege aufgrund leerer Kassen nicht leisten. Pflaster und Asphaltdecke der Wege seien an vielen Stellen kaputt.

Müller selbst hat sich noch nicht festgelegt. Er wolle die vom Land für den Sommer 2025 angekündigten Visualisierungen abwarten. Die Pläne seien nicht in Stein gegossen. Erst danach würden sich die Räte positionieren. Auch Bürgermeisterin Sonja Zinke hält eine Veranstaltung mit Workshop-Charakter für möglich - um die Bürger einzubinden.

Das Land will Radfahrer in Steinkirchen über Schutzstreifen schützen.

Das Land will Radfahrer in Steinkirchen über Schutzstreifen schützen. Foto: Vasel

Doch Zinke macht auch deutlich: Bei der Planung müssten die Sicherheitsinteressen von Autofahrern, von Fahrradfahrern und von Fußgängern berücksichtigt werden. Sie teile die Aussage von Falk Salomon, Leiter für Planung bei der Landesbehörde, dass die 1,50 Meter breiten Schutzstreifen die Sicherheit der Radfahrer im Verkehr erhöhen werden. In engen Abschnitten könne mittlerweile auch über Rad-Piktogramme diskutiert werden, so Zinke.

Das Angebot des Landes müsse auch als einmalige Chance verstanden werden, mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erreichen. Die Bürgermeister sind überzeugt, dass auch das Land gesprächsbereit sei. Denn auch Salomon habe betont, dass eine Einigung mit den Eigentümern für ihn Vorrang habe. Müller und Zinke hoffen, dass auch die ABS an den Tisch zurückkehrt - für eine Konsenslösung.

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