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Landwirtschaft

TMist statt Mais: Biogasanlage in Apensen wird doppelt so groß

Luftaufnahme der im Umbau befindlichen Biogasanlage in Apensen.

Luftaufnahme der im Umbau befindlichen Biogasanlage in Apensen. Foto: Bioenergie Geest

Die Biogasanlage in Apensen wird komplett umgebaut und danach doppelt so groß sein. Statt Mais ist dann Mist der neue Rohstoff für umweltfreundliches Flüssiggas - unter anderem als Kraftstoff für Lkw. Was der Grund für den Umbau ist.

Von Susanne Laudien Mittwoch, 01.11.2023, 05:50 Uhr

Apensen. Momentan herrscht Hochbetrieb an der Biogasanlage in Apensen: Etliche Landwirte laden hier ihre Maisernte ab, aus der anschließend Biogas und Strom erzeugt werden. Doch damit ist bald Schluss. „Es ist die letzte Maisernte, die wir hier annehmen“, sagt Sven Plorin, Geschäftsführer der Bioenergie Geest, die ein Zusammenschluss aus 27 Landwirten ist.

In Apensen wird aus Gülle Gas

Künftig werden sich die Landwirte in der Region umstellen und rund 300 Hektar weniger Maisanbau betreiben. Denn die Zukunft der Biogasanlage in Apensen liegt bei Mist und Gülle, die schon jetzt in einer neuen und 5500 Quadratmeter großen Überdachung lagern, um in der Biogasanlage durch den Gärprozess in Dünger und Gas verwandelt zu werden. Aktuell wird dazu die komplette Biogasanlage umgebaut und erweitert.

Hier entsteht einer der neuen Biogasbehälter aus Beton-Elementen.

Hier entsteht einer der neuen Biogasbehälter aus Beton-Elementen. Foto: Susanne Laudien

Der zweite Bauabschnitt ist so gut wie abgeschlossen und für den dritten Bauabschnitt wird alles vorbereitet. „Damit hat die Diskussion um Tank oder Teller für uns endlich ein Ende“, nennt der Geschäftsführer den Auslöser für die enorme Umbaumaßnahme - und meint damit den Streit über den Einsatz von Nahrungsmitteln für Biokraftstoffe.

Statt im Fermenter zu vergären, könnte Mais besser auf dem Teller serviert werden, finden Politiker. „Die Gesellschaft will Energie aus Nahrungsmitteln nicht mehr akzeptieren und die Gesetze werden strenger. Daher haben wir einen richtig großen Schritt gemacht und stellen unsere Maisanlage komplett auf Mist und Gülle um“, erklärt Plorin.

Neue Technologie für die Gasproduktion

Für den neuen Gärprozess von Mist und Gülle sind jedoch höhere Temperaturen und ein höheres Volumen für eine effektive Produktion nötig, sodass eine Erweiterung der Biogasanlage zwingend notwendig wurde. Die großen runden Biogasbehälter mit den grünen Dächern werden daher komplett saniert und mit neuester Rührwerkstechnologie ausgestattet. Bislang wurden aus einer Tonne Mais 240 bis 270 Kubikmeter Rohgas erwirtschaftet.

Aus einer Tonne flüssiger Gülle können lediglich 22 Kubikmeter und aus einer Tonne Mist 80 Kubikmeter produziert werden, erläutert Sven Plorin. Das zeigt, dass größere Mengen eingebracht werden müssen, um mindestens die gleiche Menge Biogas wie bisher aus Mais zu erhalten. Positiver Nebeneffekt: Mist und Gülle aus der Landwirtschaft werden energetisch genutzt und Methan-Emmissionen für die Umwelt gemindert.

Lkws können Bio-LNG made in Apensen tanken

Der besondere Clou der Erweiterung in Apensen liegt vor allem in den zwei neuen und größeren Verflüssigungsanlagen in Kooperation mit dem japanischen Partner Hitachi Zosen Inova mit Europa-Sitz in Zürich und für Deutschland in Zeven.

In den runden Biogasbehältern, die zehn Meter hoch und im Durchmesser 40 Meter betragen, werden Mist und Gülle zu Biogas und Dünger vergoren. Das Biogas wiederum wird in seine Bestandteile Methan und CO2 getrennt. In der ersten neuen Anlage wird das CO2 soweit aufbereitet und gereinigt, dass es Lebensmittelqualität erreicht und etwa für Kohlensäure in Getränken, zum Aufschäumen von Sahne, für Trockeneis oder zum Einsatz in der Chemie genutzt werden kann. „Rund 5000 Tonnen CO2 werden hier aus dem Kreislauf physisch herausgezogen und ersetzen fossiles CO2“, erklärt Plorin.

Sven Plorin, Geschäftsführer der Bioenergie Geest.

Sven Plorin, Geschäftsführer der Bioenergie Geest. Foto: Susanne Laudien

In der zweiten Anlage wird das Methan zu flüssigem LNG verwandelt. Auch hier wird während der Produktion CO2 eingespart. Da dieses Bio-LNG auf Basis von Gülle und Mist produziert wird, wird auch hier während der Produktion CO2 eingespart und ersetzen fossiles LNG. Das Bio-LNG ist dann als flüssiger Kraftstoff für Lkw und für den Schiffsverkehr als umweltfreundliche Alternative einsetzbar. Einen Großkunden für das Bio-LNG made in Apensen gibt es bereits: Ein mittelständisches Mineralölunternehmen bietet diesen Kraftstoff an seinen Tankstellen für Lkw an - auch hier in der Region.

Fertigstellung im März 2024

Hinter der Umrüstung und Erweiterung der Biogasanlage in Apensen liegt bereits eine vierjährige Planungsphase. Seit eineinhalb Jahren läuft die Umsetzung. Im Mai kam die Genehmigung mit etlichen Auflagen, für März 2024 ist die Fertigstellung geplant.

Einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag haben die Bioenergie Geest aus Apensen und die japanische Hitachi Zosen Inova (HZI) zur Umsetzung dieses Projektes investiert. Die Bioenergie Geest aus Apensen liefert die Rohgase und den grünen Strom, unter anderem auch über die Photovoltaik-Anlage auf dem neuen Hallendach zur Eigennutzung, die HZI sorgt für Dienstleistungen der Verflüssigung und Anlagen.

Für den Vertrieb der Produkte haben beide Firmen das Joint-Venture-Unternehmen Apensen Verflüssigungs GmbH & Co. KG mit Firmensitz in Apensen gegründet.

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