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Wohnungsbau

TPosse in Mittelnkirchen: Warum ein Mehrfamilienhaus plötzlich gedreht werden musste

Das Haus mit vier kleinen Wohnungen in Mittelnkirchen wurde im Laufe der Planung gedreht.

Das Haus mit vier kleinen Wohnungen in Mittelnkirchen wurde im Laufe der Planung gedreht. Foto: Battmer

Angesichts des Wohnraummangels ist der Neubau eines Mehrfamilienhauses in Mittelnkirchen eigentlich eine gute Sache. Die Verwaltung ärgert sich nun allerdings, dass der Neubau nicht dem Entwurf entspricht, den sie vorgelegt bekommen hatte. Was dahinter steckt.

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Von Mario Battmer
Freitag, 29.12.2023, 13:50 Uhr

Mittelnkirchen. Die Überraschung ereilte die Verwaltung, als die Arbeiten mit dem Rohbau begannen. In einem ersten Entwurf, zu dem die Gemeinde für eine Stellungnahme aufgefordert wurde, stand das Mehrfamilienhaus an der Straße Hohenfelde in Mittelnkirchen noch giebelseitig zum Deich. So wie es die Gestaltungssatzung auch vorsieht.

Doch wie sich herausstellt, wurde der Bau im Zuge der Planung gedreht, so dass das Haus jetzt traufseitig zur Straße steht. Maßgeblich dafür war ein Einwand der Deichbehörde, wie Landkreis, Planer und Samtgemeinde-Verwaltung bestätigen. „Aus Deichschutzgründen zur Einhaltung der 50-Meter-Grenze musste eine Drehung des Objektes erfolgen. Auf die Einhaltung der 50-Meter-Grenze wurde auch von der hiesigen Deichbehörde bestanden“, sagt Kreissprecher Daniel Beneke.

Bauamtsleiter: Wir wurden nicht wieder beteiligt

Hintergrund ist die „Lex Altes Land“: Im Jahr 2005 wurden die Lühe- und Estedeiche zu Schutzdeichen hinter den Sperrwerken umgewidmet, für die seitdem das Niedersächsische Deichgesetz gilt. Dieses untersagt jegliche wesentliche Änderung in einer Schutzzone von 50 Metern hinter den Deichen. Um ausreichend Raum zwischen Neubau und Deich zu schaffen, wurde das Haus daher gedreht.

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„Wir sind vom Landkreis nicht noch mal beteiligt worden“, klagt Bauamtsleiter Lars Trucewitz auf TAGEBLATT-Nachfrage. „Wir haben die Drehung des Hauses erst im Rohbau gesehen.“

Beim Landkreis als zuständige Baugenehmigungsbehörde stößt die Aufregung auf Unverständnis. Zum einen lag eine „Rechtsgrundlage zur Beteiligung der Gemeinde schlicht nicht vor“, sagt Beneke mit Blick auf die Niedersächsische Bauordnung. Zum anderen war und ist der Bau nach Ansicht des Kreises ohnehin in seiner aktuellen Form genehmigungsfähig - und wurde daher auch genehmigt, so der Kreissprecher weiter.

Vier kleine Wohnungen im Mehrfamilienhaus

Zuständig für den Bau waren die Schulenburg Architekten und das Unternehmen Lemke Bau aus Drochtersen. „Hochwasserschutz vor Gestaltungssatzung“, fasst es Architekt Tim Schulenburg zusammen. Annette Krispin vom Bauordnungsamt poche immer auf die Einhaltung der Gestaltungssatzung, erklärt Schulenburg, doch das sei in diesem Falle aufgrund des Deichschutzes nicht möglich gewesen.

Die Arbeiten an dem Mehrfamilienhaus sind übrigens abgeschlossen, die Wohnungen bereits vermietet und übergeben, so Schulenburg. Er und sein Team hätten bewusst auf kleine Wohnungen mit etwa 50 Quadratmetern Wohnfläche gesetzt. „Da sieht man, dass der Bedarf da ist.“

Im Zuge des demografischen Wandels und um Wohnraum zu schaffen, gibt es im Alten Land immer wieder Vorstöße, große (Bauern-) Häuser in mehrere Wohnungen umzubauen - oder wie in diesem Fall, durch den Neubau eines Mehrfamilienhauses zu ersetzen.

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