TSo rettete ein Freiburger Bootsbauer den historischen Jorker Fleetkahn

Beim Jorker Kirschmarkt 2024 kam der Fleetkahn nach zweijähriger Abwesenheit wieder zum Einsatz. Foto: Gemeinde Jork
Das Anlanden der Kirschen beim Jorker Kirschmarkt war Tradition, bis die Planken des Fleetkahns brüchig wurden. Ein Spezialist aus dem Kreis Stade musste ran - und half mit Bettlaken.
Jork. Beim diesjährigen Kirschmarkt in Jork feierte ein alter Bekannter sein Comeback: der Jorker Fleetkahn. Das traditionelle Anlanden der Kirschen ist fest als Auftakt des beliebten Volksfestes verankert. Nach der zweijährigen Corona-Pause fiel das Anlanden jedoch erst mal ins Wasser.
Der Kahn war in der Zwischenzeit leckgeschlagen und musste im Bauhof gelagert werden, sagt Jorks Bürgermeister Matthias Riel. Das Holz war brüchig und die Abstände zwischen den Bohlen verzogen.
Die Veranstalter setzten daher zuletzt auf die Improvisationskunst der Kleinen Jorker Bühne, die knackige Kirschenfracht brachten die Aktiven in Kiepen und Karren ans Jorker Rathaus. Eine Rückkehr des Fleetkahns war lange fraglich.
Mond entscheidend für Holzqualität
„Wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben“, sagt Riel. Die Gemeinde konsultierte im Frühjahr 2024 den erfahrenen Freiburger Bootsbauer Rainer Hatecke, ob der Holzkahn noch zu retten sei.
Nach einer ersten Inspektion gab der Spezialist Entwarnung: „Die Grundsubstanz ist noch in Ordnung.“ Der Fleetkahn, dessen Alter Hatecke auf etwa 40 bis 50 Jahre schätzt, bestehe aus nordischen Hölzern, die auf traditionelle Weise gewässert, in Planken geschnitten und über Monate getrocknet wurden.
So gutes Holz kriegt man heute nicht mehr.
Rainer Hatecke, Bootsbauer aus Freiburg
„Durch die lange Lagerung an Land gingen die Nähte auf und das Holz bekam Risse“, sagt Hatecke. Eine Reparatur habe sich jedoch in jedem Fall gelohnt: „So gutes Holz kriegt man heute nicht mehr“, sagt der Bootsbauer.
Für den perfekten Zeitpunkt des Baumfällens hätten sich Holzarbeiter früher nach dem Mondzyklus gerichtet. Bei abnehmendem und bei Neumond gefälltes Holz gilt als besonders haltbar und widerstandsfähig.
Fleetkähne bis ins 19. Jahrhundert wichtigstes Transportmittel
Zunächst mussten Rainer Hatecke und sein Team die Planken wässern. Dafür kamen feuchte Jutesäcke und Bettlaken zum Einsatz, die einen Tag lang das Holz feucht hielten. „Ein Holzboot sollte nach Möglichkeit einmal im Jahr ins Wasser“, erklärt Hatecke.
Etwa eine Woche dauerten die Arbeiten am Fleetkahn, inklusive Bitumenlack-Anstrich. „Das Holz muss darunter atmen können, sonst modert es“, sagt Hatecke. Bei guter Pflege könne solch ein Fleetkahn bis zu 80 Jahre halten.

Fleetkahn vor dem Hof Lefers in Westerladekop 1933. Foto: Altländer Archiv
Im Alten Land waren Fleetkähne bis zur Fertigstellung großer Straßen wie dem Obstmarschenweg im 19. Jahrhundert die wichtigsten Transportmittel.
Bis in die 1950er Jahre waren die Kähne bei der Ernte im Einsatz, etwa zu Umschlagstellen wie Borstel, Neuenschleuse oder Steinkirchen.
Twielenfleth
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Im 19. Jahrhundert fuhren Altländer per Kahn sonntags sogar noch zur Kirche. Das Transportmittel fand seinen Weg in viele Beschreibungen von Gelehrten.
Johann Nicolaus Tetens bewunderte 1788 die „inländische Wasserfahrt. Kein Ohlländer braucht Obst weiter in Körben zu tragen als bis an die Grenze des Gartens“.
Bauhof nutzt Fleetkahn als Arbeitsmittel
Als die Kleine Jorker Bühne die Kirschen dieses Jahr wieder mit dem Fleetkahn zum Rathaus stakte, sorgte das für Freude bei den Besuchern, wie Bürgermeister Riel berichtet. „Der Kahn gehört einfach dazu“, sagt er.
Damit der Holzkahn auch zukünftig erhalten bleibt, soll er außerhalb des Kirschmarkts im Wasser am Rathaus liegen. Beschäftigungslos bleibt der Fleetkahn dort jedoch nicht. „Unser Bauhof pflegt den Fleetkahn und nutzt ihn, um Bewuchs am Mauerwerk entlang des Jorker Hauptwettern zu entfernen“, sagt Riel.