TSo trotzt die Bäckerei Schrader dem Branchensterben

Der Austausch mit den Mitarbeitern ist Alexander Schrader wichtig. Foto: Vanessa Teichmann
Gestiegene Energiekosten, fehlender Nachwuchs, Konkurrenz durch Aufbackstationen in Supermärkten: Probleme, die es den Bäckereien immer schwerer machen. Bäckerei Schrader in Apensen hat eine Erfolgsstrategie entwickelt.
Apensen. Die glanzvolle Zeit der Bäckereien ist vorbei. Immer mehr Betriebe schließen. Insbesondere kleine Backstuben auf dem Land haben es schwer. Carsten Richter, Obermeister der Bäckerei-Innung Harburg-Lüneburg-Stade und Inhaber der Bäckerei Richter in Himmelpforten mit zehn Filialen, bestätigt den Trend.
Das Bäckerhandwerk werde nach und nach verschwinden - wie auch die Schuster verschwunden sind. Hauptgrund seiner Meinung nach: Die zunehmende Bürokratie mit Vorgaben vom Staat wie Statistiken und Auflagen. Das schrecke den Nachwuchs ab, sich als Bäcker selbstständig zu machen. Dazu kommen hohe Investitionen in moderne Geräte. Die Arbeitszeiten im Bäckerhandwerk seien nicht maßgeblich. Man fange zwar früh in der Backstube an, habe aber auch ab nachmittags frei, so Richter.
Schwierige Zeit für Alexander Schrader
In Apensen übernahm Alexander Schrader 2015 die Bäckerei von seinen Eltern, als Firmengründer Werner Schrader gesundheitsbedingt ausfiel. „Es war eine schwierige Zeit“, sagt der junge Bäckermeister. Inzwischen arbeiten die Eltern wieder in dem Unternehmen mit. „Damals setzte sich Schrader mit Ehefrau Daniela, seinen Geschwistern und engen Freunden zusammen. Nach zwei intensiven Arbeitstagen sei das Konzept für ein Stück Glück dabei herausgekommen.

Regionale Zutaten und die Teigruhe für mehr Bekömmlichkeit sind Teil der Glücksstrategie. Foto: Vanessa Teichmann
Es ist mehr als ein Werbeslogan, sondern zieht sich durch alle Bereiche von der Backstube über Verkauf und Cafés bis hin zur Eventlocation. „Die erste Filiale nach unserem Glücks-Konzept war in der Fußgängerzone in Buxtehude“, erinnert sich Schrader. Anfangs seien die Kunden sehr skeptisch gewesen: „Oh mein Gott, alles in schwarzem Design und keinen Kaffee satt mehr“. Auch Kommentare wie etwa, dass der Laden sowieso bald wieder schließen werde, waren die ersten Reaktionen. Das ist jetzt fast zehn Jahre her.
4 von 18 Filialen wurden wieder geschlossen
Gefühlt gibt es seitdem immer neue Schrader-Filialen zwischen Apensen, Hamburg-Fischbek und Scheeßel. Doch mittlerweile wurden 4 der einst 18 Filialen wieder geschlossen. Sie befanden sich im Eingangsbereich von Supermärkten.
Kein Einzelfall, sondern ein schleichender Prozess. Der größte Konkurrent der Bäcker sei heute aufgrund extremer Preispolitik der Lebensmitteleinzelhandel mit eigenen Aufbackstationen, betont der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks. Jedes dritte Brot kaufe der Bürger im Supermarkt. Dabei seien diese Backwaren nicht unbedingt günstiger, sagt Carsten Richter, da Brot frisch aus der Backstube seiner Meinung nach länger schmackhaft bleibe.
Regionale Zutaten und Teigruhe
„Es ist eine herausfordernde Zeit für Handwerk und Einzelhandel“, bestätigt auch Daniela Schrader. Sie gehört zu dem jungen Team der Bäckerei Schrader in Apensen, das erfolgreich auf seine Glücksstrategie setzt. Grundlage: reine Handwerkskunst, gute Zutaten und Liebe bei den Produkten.
Viele Rohstoffe kommen bei Schrader aus der Region wie Dinkel aus Hollenbeck, Obst aus dem Alten Land, Erdbeeren von der Geest und Blaubeeren aus Scheeßel. Auch die Teigruhe liege ihnen am Herzen, sagt der Firmenchef: „Ein entscheidender Faktor zur besseren Bekömmlichkeit von Backwaren.“
Neuer Firmensitz in Apensens Gewerbegebiet
2022 investierte Alexander Schrader im Apenser Gewerbegebiet in einen neuen Firmensitz mit großer Produktionshalle, Bäckerei-Filiale, Tagungszentrum und Schulungsräumen. Seitdem werden auch Events und Backkurse für Erwachsene, Schulklassen, Kita-Gruppen sowie Kindergeburtstage veranstaltet. Erst kürzlich waren die BSV-Handballerinen zu Gast.
Stefanie Hübner betreut den Event-Bereich und die Kurse. Sie kam vor sechs Jahren als Quereinsteigerin in das Unternehmen. „Ich hätte nicht gedacht, jemals wieder kreativ zu arbeiten. Doch hier hat man mir die Chance dazu gegeben“, sagt die ehemalige Kunststudentin.
Moderne Geräte in der Backstube
„Der Kontakt mit Menschen ist genau Steffis Ding. Sie hat den Spirit mitgebracht“, sagt Daniela Schrader. „Wichtig ist es, den Bewerbern zuzuhören und ihre Leidenschaft zu erkennen“, erklärt Firmenchef Alexander Schrader. Das sei ein Teil ihrer Glücksstrategie.

Bäckermeister und Dozent Jörg Enkhardt arbeitet in der Bäckerei Schrader mit modernster Technologie. Foto: Susanne Laudien
Moderne Geräte erleichtern die Arbeit in der Backstube von Bäckermeister und Berufsschul-Dozent Jörg Enkhardt und Kolleginnen und Kollegen. Wünsche der Mitarbeiter werden berücksichtigt - auch das sei Teil der Glücksstrategie.
Einsatz von Künstlicher Intelligenz
Regelmäßig tagt die Pilotgruppe zur Optimierung von Prozessen. Dazu gehört auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Verwertung übrig gebliebener Backwaren.
Vor zehn Jahren arbeiteten 86 Mitarbeiter bei der Bäckerei Schrader - heute sind es 373, darunter etliche langjährige Beschäftigte. Ihre Ideen sind gefragt. Dabei entstand unter anderem auch der Vorschlag, dass sich alle in dem Betrieb duzen.