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Altes Land

TStreit um gesperrten Fußweg am Fährhaus Kirschenland: Das sagen die Eigentümer

Mit Maschendrahtzaun und aufgeschüttetem Geäst ist der Fußweg zwischen Fährhaus Kirschenland und Elbdeich seit Monaten gesperrt.

Mit Maschendrahtzaun und aufgeschüttetem Geäst ist der Fußweg zwischen Fährhaus Kirschenland und Elbdeich seit Monaten gesperrt. Foto: Buchmann

Die Irritation bei Einheimischen und Touristen ist groß: Wer die Traditionsgastronomie „Fährhaus Kirschenland“ besucht, darf aktuell weder den Parkplatz noch den Fußweg zum Deich gegenüber nutzen. Die Gerüchteküche brodelt. Jetzt äußern sich die Eigentümer.

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Von Steffen Buchmann
Samstag, 11.05.2024, 19:25 Uhr

Jork. „Privatgrundstück. Betreten verboten!“ Für Spaziergänger im Alten Land sind solche Warnschilder keine Seltenheit. Wer jedoch aktuell in Jork-Wisch auf Höhe der Traditionsgastwirtschaft „Fährhaus Kirschenland“ die K39 quert, um auf dem schmalen Fußweg unter aufgereihten Zierkirschen zum Elbdeich zu flanieren, den stoppt unweigerlich eine kuriose Konstruktion.

Ein Warnschild hängt an einem Maschendrahtzaun, aufgespannt zwischen zwei Kirschbäumen, direkt dahinter ein Wall aus aufgeschüttetem Geäst. Die Botschaft ist eindeutig: Der Weg ist tabu - für alle.

Zäune und Schildern sorgen für Irritation

Die Irritation unter den Altländern ist groß. In lokalen Facebook-Gruppen rätseln Nutzer seit Sommer 2022 über die Hintergründe. Neben den natürlichen Hindernissen kamen auch meterlange Bauzäune zum Einsatz, um Unerwünschte fernzuhalten. Auch der angrenzende Parkplatz am Fährhaus Kirschenland, wo viele Altländer traditionell große Feste und Jubiläen feiern, ist nun mit Holzhaufen verbarrikadiert.

Die Schilder an den Bäumen sind inzwischen größtenteils wieder entfernt, der Zaun verhindert jedoch weiterhin das Betreten.

Die Schilder an den Bäumen sind inzwischen größtenteils wieder entfernt, der Zaun verhindert jedoch weiterhin das Betreten. Foto: Buchmann

Für Aufregung sorgten zuletzt mehrere Warnschilder, die die Eigentümer direkt an den Kirschbäumen angebracht hatten. Aus der Bevölkerung waren deswegen Hinweise bei der Naturschutzabteilung des Landkreises eingegangen, bestätigt Pressesprecher Daniel Beneke. Da es sich um Zierkirschen handelt, fiel dies nicht in die Zuständigkeit des Landkreises.

Die Schilder sind zwar inzwischen wieder zum Großteil entfernt worden, ein neues Schild informierte Passanten jedoch zwischenzeitlich über eine neue Schutzmaßnahme: Videoüberwachung. Was ist vorgefallen, dass die Eigentümer zu so drastischen Maßnahmen greifen mussten?

Eigentümer sehen Vertragspflichten verletzt

Die Angelegenheit macht Familie Segeler aus Grünendeich schwer zu schaffen. Seit 2015 sind die Parkfläche sowie das angrenzende Grundstück, durch das sich der Fußweg zum Elbdeich zieht, in Familienhand. Zuvor hatte der langjährige Fährhaus-Gastwirt Wilhelm Stubbe das Grundstück verwaltet und sich mit seiner Familie um die Instandhaltung gekümmert.

Im August 2017 trat der Hamburger Restaurantfachmann Ilir Spaqaj die Nachfolge von Stubbe in der Altländer Traditionsgastronomie an und mietete die Parkfläche der Segelers zusätzlich zu sehr günstigen Konditionen mit an.

2019 sei es dann zu ersten Ungereimtheiten zwischen Eigentümern und Mieter gekommen.

Die Mietzahlungen seien plötzlich eingestellt worden, teilt Familie Segeler dem TAGEBLATT mit. Zudem sei der neue Gastwirt weiteren vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen. Dazu zählen etwa die Pflege des Grundstückes sowie die Gewährleistung der sogenannten Verkehrssicherungspflicht, also etwa dem Ausbessern von Schlaglöchern und Beseitigen anderer Gefahrenquellen für Fußgänger und Fahrzeuge.

Sperrmüll, Autoreifen und tote Bäume

Der Parkplatz verwahrloste in den Folgejahren laut den Eigentümern immer weiter, Sperrmüll und Autoreifen sammelten sich. Auch die zugehörigen Hecken und Bäume seien wild ineinander gewuchert. Familie Segeler kündigte nach erfolglosen Aufforderungen und Gesprächen das Mietverhältnis mit Herr Spaqaj im Sommer 2022.

Da das Gelände in so schlechtem Zustand war, blieb der Familie nur die Sperrung des Parkplatzes sowie des Fußweges für die Öffentlichkeit übrig, sagt sie. Hintergrund seien versicherungsrechtliche Gründe gewesen, begründet Familie Segeler.

Als Eigentümer haften sie bei Schäden etwa an Personen oder Fahrzeugen, wenn sie auf ihrem Gelände entstehen. Die Versicherung habe der Familie jedoch deutlich gemacht, dass sie in diesem Fall nicht zahlen würde. So blieb letztlich nur die Sperrung.

Der Zustand der Parkfläche 2017 bei der Übergabe an den neuen Mieter.

Der Zustand der Parkfläche 2017 bei der Übergabe an den neuen Mieter. Foto: privat

Die Familie entsorgte seitdem säckeweise Müll sowie alte Möbel vom Gelände, auch die verwahrlosten Hecken und Bäume mussten sie durch einen sogenannten Rettungsschnitt stutzen, sagt sie im TAGEBLATT-Gespräch. Die Pflanzen hätten bereits Krankheitszeichen aufgewiesen, insgesamt sieben Bäume seien zwischenzeitlich bereits abgestorben.

Ehemaliger Mieter sah Mietzahlungen als „unlogisch“

Auf TAGEBLATT-Nachfrage bei Kirschenland-Pächter Ilir Spaqaj begründet er seine Entscheidung, die Mietzahlung aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt zu haben. „Fast alle meiner Mitarbeiter waren während Corona in Kurzarbeit“, sagt Spaqaj.

Da sei es für ihn unlogisch gewesen, Miete für einen Parkplatz zu zahlen, den er nicht nutzen könne. Über die Pflichten zur Pflege und Instandhaltung des Geländes sei Spaqaj informiert gewesen. Er habe die Situation jedoch nicht als lebensgefährlich für andere wahrgenommen.

Der Zustand des gemieteten Parkplatzes im Sommer 2022 bei der Übergabe an die Eigentümer.

Der Zustand des gemieteten Parkplatzes im Sommer 2022 bei der Übergabe an die Eigentümer. Foto: privat

Der gesperrte Parkplatz sei ein Nachteil für Kirschenland-Gäste, aber auch Touristen. Für Gäste des Fährhauses stelle die Gemeinde Jork aktuell die Parkplätze direkt an der Gastwirtschaft zur Verfügung, weswegen der zusätzliche Parkplatz laut dem Gastwirt eigentlich nicht benötigt werde. Ein neues Mietangebot nach der Kündigung im Sommer 2022 habe er abgelehnt. Spaqaj bedauert den Verlauf der Dinge. „Das ist schade, es lag wahrscheinlich an Kommunikationsfehlern“, sagt der Gastwirt. Aktuell läuft ein Gerichtsverfahren gegen ihn.

Diebstahl und Vandalismus auf Gelände

Mit der Kündigung des Mietverhältnisses war die Angelegenheit für Familie Segeler lange nicht erledigt. Wie die Eigentümer mitteilen, sollen sie trotz aufgestellter Schilder immer noch regelmäßig Menschen auf dem Fußweg und dem Parkplatz angetroffen haben. Deren Unmut über die Sperrung belaste die Familien Segeler und Stubbe sehr. Zudem sei es bei den Schildern zu Diebstahl und Vandalismus gekommen, etwa durch herausgerissene Betonfundamente oder Übersprühen mit schwarzer Farbe. Auch ein aufgestellter Bauzaun mit 20 Metern Länge sei von Unbekannten abgebaut und gestohlen worden.

Trotz verbarrikadierter Zufahrt parkten regelmäßig noch Fahrzeuge wie hier Anfang 2024 auf dem gesperrten Grundstück.

Trotz verbarrikadierter Zufahrt parkten regelmäßig noch Fahrzeuge wie hier Anfang 2024 auf dem gesperrten Grundstück. Foto: privat

Familie Segeler suchte in ihrer Not Rat bei der Gemeinde Jork und dem Landkreis Stade. Jorks Bürgermeister Matthias Riel wollte sich auf TAGEBLATT-Nachfrage zum Sachverhalt nicht äußern. Er merkte jedoch an, dass er den Unmut der Beteiligten verstehen könne.

Laut einem Schriftwechsel von Oktober 2022, der dem TAGEBLATT vorliegt, erteilte der Landkreis den Eigentümern eine Duldung, um einen Bauzaun auf dem Kreisstraßengrundstück an der Parkplatzzufahrt aufzustellen. „Aufgrund von Beschwerden anderer Nutzer“ widerrief der zuständige Mitarbeiter die Duldung nach acht Tagen jedoch wieder. So musste Familie Segeler sich wieder auf eigene Faust um Absperrungen und Beschilderung kümmern. Zwischenzeitlich stellte sie notgedrungen auch Überwachungskameras auf, aktuell seien diese jedoch wieder abgebaut.

Eigentümer wollen Verständnis für Lage schaffen

Um die Wogen in der Gemeinde zu glätten, plädieren die Eigentümer an den Gemeinsinn der Mitbürger. „Es geht nicht darum, immer einer Meinung zu sein, sondern darum, wie wir miteinander umgehen wollen“, so Familie Segeler. Von kriminellen Handlungen, Demütigungen und gezielter Hetze etwa im Internet ließen sie sich nicht beeindrucken. „Schon unser Urgroßvater sagte: „Tue recht und scheue niemand. Viele Menschen im Alten Land teilen diese Meinung und das ist ein gutes Gefühl.“

Der ehemalige Kirschenland-Betreiber Wilhelm Stubbe zeigt sich betrübt angesichts dieser Entwicklung in den letzten Jahren. „Ich bin sehr traurig, dass es zu diesem Zustand gekommen ist“, sagt der 87-Jährige. Die Familie wolle zeitnah wieder den Kontakt zu den Mitbürgern suchen, um sich auszusprechen und Verständnis für die eigene Lage zu schaffen.

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