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Zeitgeschichte

THerbert Scharf füllte bei der Sturmflut 1962 Sandsäcke - Beeindruckende Fotos

Fotos von der Sturmflut 1962: Die Bilder entstanden in Jork, Borstel und Cranz, sie stammen aus der Schenkung der Familie von Herbert Scharf an das Altländer Archiv der Gemeinde Jork.

Fotos von der Sturmflut 1962: Die Bilder entstanden in Jork, Borstel und Cranz, sie stammen aus der Schenkung der Familie von Herbert Scharf an das Altländer Archiv der Gemeinde Jork. Foto: Vasel

Für Herbert Scharf sind die Sturmflut-Fotos von 1962 aus dem Familienbesitz mehr als Erinnerung. Sie sind eine Mahnung. Der Deichschutz dürfe nicht vernachlässigt werden. Auch deshalb hat der Borsteler die Aufnahmen dem Altländer Archiv übergeben.

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Von Björn Vasel
Sonntag, 17.03.2024, 17:50 Uhr

Jork. Viele Heimatforscher und Familien haben dem Altländer Archiv bereits unter anderem Fotos, Urkunden oder Briefwechsel überlassen. „Das sind wahre Schätze“, sagt die Leiterin des Altländer Archivs in Jork-Ladekop, Dr. Kai Janofsky.

Sie verweist unter anderem auf die vor drei Jahren digitalisierten 23.688 Fotos aus den Jahren 1955 bis 1976 des Redakteurs der Altländer Zeitung, Bruno Jebramek, und das Fotoalbum des Hahnöfersand-Bauleiters Hans Schnakenbeck aus den 1920er Jahren.

Letzteres übergaben die Erben vor vier Jahren dem Archiv in Jork. Jetzt hat auch Herbert Scharf (74) aus Borstel beeindruckende Fotos von der Sturmflut 1962 in die Hände des Archiv-Teams um Dr. Kai Janofsky gegeben.

Herbert Scharf und Dr. Kai Janofsky vom Altländer Archiv sichten die Fotos (von links).

Herbert Scharf und Dr. Kai Janofsky vom Altländer Archiv sichten die Fotos (von links). Foto: Vasel

Herbert Scharf füllte bei der Flut 1962 Sandsäcke mit dem Vater

Die Archivleiterin hat die Fotos der Sturmflutkatastrophe in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 in der vergangenen Woche mit Herbert Scharf gesichtet - und beschriftet. Die Familie lebte damals an der Borsteler Reihe. Die Fotos seien in Borstel, Jork und Cranz aufgenommen worden.

„Diese Bilder kriegt man nicht mehr aus dem Kopf. Die Wucht des Wassers ist erschreckend“, sagt der 74-Jährige. Straßen und Keller standen komplett unter Wasser, gemeinsam mit seinem Vater füllte er Sandsäcke. Ein Baum stürzte auf das Feuerwehrfahrzeug, die Borsteler tauften es „Nasse Drossel“.

In Borstel und Cranz hatte es mehrere größere Deichbrüche gegeben. Auch Häuser und Straßen waren mancherorts durch die Wassermassen weggerissen worden. In den Tagen nach der Katastrophe seien viele Kinder aus dem Alten Land evakuiert worden.

Er und sein Bruder kamen erst zu Verwandten nach Buxtehude, später sei er nach Barsinghausen verschickt worden, sein Bruder in den Schwarzwald.

Historische Fotos sind für den Stifter eine Mahnung

Für ihn seien die Fotos auch eine Mahnung an kommende Generationen. Auch deshalb habe er die Sturmflut-Fotos der Familie dem Archiv übergeben. „Die Deichsicherheit darf nicht vernachlässigt werden. Die Politik muss die geplante klimawandelbedingte Erhöhung der Elbdeiche beschleunigen“, sagt der Borsteler.

Die Sturmflut von 1976 erlebte er in Kehdingen als Fernmelder beim Technischen Hilfswerk, wo sie eine ältere, schwer verletzte Frau retten konnten. Im Alten Land standen die neuen Deiche bereits. „Die Menschen standen zusammen“, sagt Scharf.

Auch angesichts diese Erfahrungen sei ihm ehrenamtliches Engagement für die Gesellschaft immer wichtig gewesen. So engagiert der frühere Sietas-Schiffbauer sich heute beim Verein Lust auf Kultur in Jork.

Für die Archivleiterin ist der Altländer ein Vorbild

Sie hofft, dass weitere Bürger dem Vorbild von Herbert Scharf folgen. „Uns ist auch die Alltagsgeschichte wichtig“, sagt Janofsky. Ob Fotos zur Sturmflut, zum Obstbau, zur Schifffahrt, zur baulichen Entwicklung des Ortes oder zu Festen - all‘ das und viel mehr wolle das Archiv erhalten.

Sie hofft, dass der Neubau an der neuen Grundschule in Jork in zwei Jahren steht. Ein Grund: Heimatforscher wollen bedeutende Sammlungen zur Orts- und Schifffahrtsgeschichte in ihre Hände geben, um sie für die zukünftigen Generationen zu bewahren und der weiteren Forschung und Wissensvermittlung öffentlich zugänglich zu machen.

Sammeln, Bewahren, Erschließen und Vermitteln sind Kernaufgaben des Archivs. Mit Ausstellungen und Publikationen wie Jahrbüchern will es breite Teile der Bevölkerung erreichen.

Das sind die Aufgaben des Archivs

Das Altländer Archiv gibt es seit 1935. Die Historikerin und Volkskundlerin Dr. Kai Janofsky hütet mit ihren Kolleginnen unzählige Akten in mehr als 300 laufenden Regalmetern. Dazu zählen Akten des ehemaligen Gräfengerichts, des Amtes Jork - von 1885 bis 1932 hieß es Kreis Jork - und vereinzelt Amtsgerichtsakten der Hauptmannschaften des Alten Landes.

Hinzu kommen Deich-, Siel- und Wasserakten. Als Archiv der Einheitsgemeinde Jork und seiner Vorläufergemeinden hat es seit 1952/1972 auch die Aufgabe, das Verwaltungshandeln zu dokumentieren - eine gesetzliche Aufgabe.

Zudem gibt es eine umfangreiche Foto- und Negativsammlung und Kartenmaterial aus allen drei Meilen. Hinzu kommt eine Handbibliothek zur Heimatgeschichte mit 6100 Bänden. „Es ist das kulturhistorische Gedächtnis des Alten Landes“, betont Dr. Janofsky, die in Personalunion auch das Museum Altes Land leitet.

Kontakt: 04162/9147-266 oder per E-Mail.

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