TVon Sturmflut bis Elbvertiefung: Reise durch die Altländer Geschichte

Mächtige Eisschollen treiben in den 1940er Jahren im Winter auf der Elbe. Foto: Archiv/Rieper
Er war ein kritischer Geist, als Wasserbauingenieur die Elbe eines seiner großen Themen. Die Erinnerungen von Heinz Julius Rieper sind in Buchform erschienen - und sie sind besonders.
Grünendeich. Grünendeichs Bürgermeister Nikolai Müller brachte es auf den Punkt: Bei der Vorstellung des Buches „Grüner Deich“ von Heinz Julius Rieper (1923-1991) in der Maritimen Landschaft sagte er, dass Archivarin Silke Ebers mit der Veröffentlichung des Manuskripts ein „Fenster in die Vergangenheit“ geöffnet habe.
Lange Zeit schlummerten die Erinnerungen des Wasserbauingenieurs im Archiv. Im Oktober 2022 hob Ebers den Schatz aus dem Nachlass des Heimatforschers Ernst Faby aus Hollern-Twielenfleth.
Heinz Julius Rieper hatte seinem Schulfreund Ernst Faby den ersten Teil seiner Erinnerungen im Frühjahr 1990 geschickt. Der zweite Teil sollte folgen, doch die Kommunalpolitik in Bad Oldesloe hatte für den Sozialdemokraten damals Vorrang. Ein Jahr später starb er. Der Wandel des Jahrhunderts sollte „nicht der Vergessenheit anheimfallen“. Das war Riepers Antrieb.

Silke Ebers, Angelika Wirbals, Gerd Rieper und Bürgermeister Nikolai Müller halten das Buch „Grüner Deich" von Heinz Julius Rieper (1923-1991) auf der Kapitänsbrücke der Maritimen Landschaft in ihren Händen. Foto: Vasel
Er kam 1923 in Grünendeich auf die Welt. Nach dem Notabitur in Stade zog er in den Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1945 war er kurzzeitig in US-Kriegsgefangenschaft. Er studierte Tiefbau an der Technischen Hochschule in Buxtehude.
Danach arbeitete er als Wasserbauingenieur in der Hamburger Wirtschaftsbehörde, zuletzt als Leitender Baudirektor im Amt für Strom und Hafenbau. 1987 wurde Rieper pensioniert. Die Familie lebte in Hamburg, zeitweise auf Finkenwerder, und in Bad Oldesloe. Als Pensionär widmete er sich der Politik und der Malerei.

Heinz Julius und sein kleiner Bruder Gerd Rieper beim Sägen. Foto: Archiv
Ebers stellte umfangreiche Recherchen an, um die mit der Schreibmaschine getippten Erinnerungen publizieren zu können. Die Tochter von Heinz Julius Rieper, Angelika Wirbals, gab die Rechte frei. Ein Gespräch bei einem Nachbarschaftsfest brachte einen weiteren Durchbruch: Ebers erfuhr, dass ihr Nachbar Gerd Rieper der kleine, 18 Jahre jüngere Bruder des Autors ist.
Wirbals und Rieper lasen bei der Präsentation aus zwei Kapiteln vor, der Andrang war groß. Leiter Dr. Sebastian Ipach musste weitere Stühle aufstellen. Für Ebers war das Projekt „eine Herzensangelegenheit“, unterstrich Bürgermeister Müller.
Die ehrenamtliche Archivmitarbeiterin Karin Hansen erfasste das Manuskript, der Bliedersdorfer Grafiker Volker Groneburg gestaltete das Buch. In diesem finden sich auch zahlreiche Fotos aus dem Familienalbum - unter anderem vom Eismeer auf der Elbe.
Altländer öffnet Fenster in die Vergangenheit
Die Familie sei der Gemeinde und dem Archiv „unheimlich dankbar“, sagt Gerd Rieper. Für Ipach ist es eine Publikation, von der nicht nur Geschichtsinteressierte profitieren werden. Sie fördere, war sich der Leiter der Maritimen Landschaft Unterelbe mit Müller einig, die Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Heimat. Rieper war „ein kritischer Geist“, unterstrich sein Bruder.
Wohnen, Wirtschaft, Schifffahrt, verheerende Sturmfluten, Umweltverschmutzung und Elbvertiefung: Wer das Büchlein in die Hand nimmt, kann mit Heinz Julius Rieper durch die Altländer Geschichte reisen - von den 1930er Jahren bist 1990. Sein Großvater war Schiffer.
Die Altländer verkauften Äpfel direkt vom Schiff, holten Kohl aus Dithmarschen und Salzheringe aus Glückstadt. Grünendeich, das war das Dorf der Schiffer und Lotsen. Einige Lotsen bauten sich am Elbdeich schmucke Häuser - mit Ausblick auf den Fluss. Rieper erzählt die Geschichte der Schifffahrt kurzweilig, vom Dampfer bis zum Feederschiff.
Mahnende Worte eines kritischen Geistes
Insbesondere die Kapitel zu Wasser- und Deichbau machen das Buch lesenswert. Der Wasserbauingenieur kritisierte die Vernichtung des Süßwasserwatts und die Elbvertiefung. Er schrieb: „Die Grenzen dessen, was ökologisch und physikalisch verantwortet werden kann, sind überschritten.
Weitere Elbvertiefungen bringen keinen ökonomischen Vorteil mehr.“ Ab Seite 89 gibt Rieper den heutigen Grünendeichern kluge Worte mit auf den Weg: „Das Verlorene ist kaum wiederzugewinnen.“ Doch gemeinsam könnten sie „mehr von dem Unerwünschten aufhalten“.

Heinz Julius Rieper und sein Elternhaus in Grünendeich. Foto: Archiv
Das 111 Seiten starke, lesenswerte Buch kostet 9,90 Euro und ist im Archiv der Samtgemeinde Lühe im Rathaus in Steinkirchen erhältlich. Die Gemeinde und zahlreiche Sponsoren ermöglichten den Druck.
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