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Sonderausstellung

TWie Indiana Jones: Sie sind Jägerinnen der verlorenen Schätze im Alten Land

Während Dr. Kai Janofsky das Schild für die Giebelzierde aus dem 19. Jahrhundert montiert, hat Kuratorin Barbara Wetegrove einen Dauerwellenapparat von 1940 für die Ausstellung aus dem Magazin geholt.

Während Dr. Kai Janofsky das Schild für die Giebelzierde aus dem 19. Jahrhundert montiert, hat Kuratorin Barbara Wetegrove einen Dauerwellenapparat von 1940 für die Ausstellung aus dem Magazin geholt. Foto: Vasel

Den Heiligen Gral hat Barbara Wetegrove im Museum Altes Land nicht entdeckt. Doch die Ausstellungsmacherin stieß im Magazin auf ausgefallene Schätze.

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Von Björn Vasel
Freitag, 04.07.2025, 14:50 Uhr

Jork. Als Barbara Wetegrove vor eineinhalb Jahren ihre Arbeit als Hüterin der Sammlung des Museums Altes Land aufnahm, fühlte sie sich „fast so wie Indiana Jones“. Als Jägerin der verlorenen Schätze streifte sie durch das Magazin und entdeckte wie der Archäologe Dr. Henry „Indiana“ Jones alias Harrison Ford in den bekannten Kinofilmen nicht nur „einige große Insekten, sondern auch kuriose und kostbare Exponate“, die in der Sammlung schlummerten. Damit war die Idee für eine neue Sonderausstellung geboren.

Der Grafikdesigner Volker Groneberg aus Bliedersdorf hat das Plakat der Ausstellung entworfen. Ein Banner hängt auch an der Durchfahrtsscheune des Museums in Westerjork.

Der Grafikdesigner Volker Groneberg aus Bliedersdorf hat das Plakat der Ausstellung entworfen. Ein Banner hängt auch an der Durchfahrtsscheune des Museums in Westerjork. Foto: Vasel

Wie kommen Exponate ins Museum? Welche Geschichten erzählen sie? Wie werden sie vor dem Verfall bewahrt? Unterhaltsam erzählen Museumsleiterin Dr. Kai Janofsky und ihre Kollegin, wie die Arbeit hinter den Kulissen aussieht.

Mit „Wonne oder Tonne? Von kurios bis kostbar - die Sammlung im Museum Altes Land“ hat Kuratorin Wetegrove auch einige Objekte in das Rampenlicht geholt, die nicht in die Dauerausstellung passen - von Päckchen mit indischem Mottenpulver bis zum Dauerwellengerät von 1940. 1800 Exponate umfasst die Sammlung.

Sammeln, bewahren, forschen, ausstellen und vermitteln, das seien die Aufgaben eines Museums. „Den Anfang verstehen, das Erbe erleben, die Zukunft verstehen“, heißt es im Leitbild des Hauses, das eine Reise durch die Geschichte des Alten Landes ermöglicht. Es gelte, wichtige Zeugnisse der Vergangenheit und der Gegenwart dauerhaft zu erhalten und für die Zukunft zu sichern. Wetegrove: „Unsere Geschichte darf nicht verstauben.“

Stachelsterne als Schutz gegen böse Mächte

Die Exponate erzählen von der technischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Entwicklung, aber auch vom Vereinsleben und von der Bau- und Wohnkultur der Altländer.

Gleich zu Beginn fällt eine prächtige Altländer Giebelzierde aus dem 19. Jahrhundert ins Auge. Sie waren und sind krönender Abschluss des Giebels vieler Bauernhäuser und sollten das Böse und unheilvolle Mächte fernhalten. In der Ausstellung ist ein Exemplar mit vergoldeten Stachelsternen aus Zinkblech zu sehen.

Kurios: Indische Mottenkräuter von 1940.

Kurios: Indische Mottenkräuter von 1940. Foto: Vasel

In einer weiteren Vitrine beleuchtet Wetegrove die Geschichte des Bügelns. Und auch der legendäre Piratenverein Borstel von 1937 kommt vor. Die Junggesellen machten nicht nur Reeperbahn und Nachbarorte wie Ladekop unsicher, fast hätten sie mit einem Laster den Fleet verstopft. Tragisch: 6 der 19 Borsteler starben im Zweiten Weltkrieg.

Der Piratenverein Borstel machte nicht nur die Reeperbahn unsicher.

Der Piratenverein Borstel machte nicht nur die Reeperbahn unsicher. Foto: Vasel

Die Tour endet an der Station „Was bleibt, was fliegt?“. Jeder Besucher kann in die Rolle eines Museumsdirektors schlüpfen - und bestimmen, ob eine Bettpfanne oder ein Kirschkernentsteiner in die Sammlung aufgenommen werden sollen. Deshalb der Titel: Wonne oder Tonne.

Hinnerk und Gesche sind neu im Museum, sie erklären nicht nur Kindern komplizierte Dinge verständlich. Vorne haben Barbara Wetegrove und Dr. Kai Janofsky die Bastelecke für Kinder aufgebaut.

Hinnerk und Gesche sind neu im Museum, sie erklären nicht nur Kindern komplizierte Dinge verständlich. Vorne haben Barbara Wetegrove und Dr. Kai Janofsky die Bastelecke für Kinder aufgebaut. Foto: Vasel

Für Kinder gibt es eine Mitmachstation. Neu im Museum sind die beiden Comic-Figuren Hinnerk und Gesche. Der Grafikdesigner der Ausstellung, Volker Groneberg aus Bliedersdorf, hat sie entworfen. Sie erklären in ihren Sprechblasen nicht nur Kindern komplizierte Dinge verständlich - in einer leicht plattdeutsch angehauchten Sprache.

Prachtvolles Diadem einer erloschenen Dynastie aufgetaucht

Damit nicht genug: Janofsky und Wetegrove haben auch ihre Schatzkammer geöffnet. Das Diadem der Altländer Obstkönigin von 1954 ist ab Freitag - gesichert in einer gläsernen Vitrine - erstmals seit Jahrzehnten zu sehen.

Gastwirt Rudolf Godenrath aus Westerjork hatte in den 1950er Jahren ein Erntefest mit Umzug und Wahl einer Königin auf die Beine gestellt. Erste Regentin war Greta Bey (1954). Ihr folgten Hannelore Garrn und Waltraud Feindt. Doch nach drei Jahren war Schluss und der Kronschatz verschwand.

Kurios: 1917 war Radfahren im Alten Land ohne Erlaubnis verboten.

Kurios: 1917 war Radfahren im Alten Land ohne Erlaubnis verboten. Foto: Vasel

Willi Schuback vom Organisationsausschuss verwahrte die Krone. Sein Sohn Johann übergab das silberne, mit Kirschen geschmückte Diadem im Jahr 1998 dem Museum - als Leihgabe. Doch auch andere Kuriositäten hat das Museumsteam gehoben. 1917 war das Radfahren im Alten Land ohne königliche Erlaubnis verboten und auf die Gemeinde begrenzt. Wetegrove: „Wir zeigen außerordentlich kuriose, aber auch kostbare Exponate.“

Führungen mit der Kuratorin und Bastelnachmittag für Kinder

Es gibt ein Rahmenprogramm: Kuratorin Wetegrove führt am Sonntag, 13. Juli, und am Sonnabend, 20. September, jeweils um 15 Uhr durch ihre sehenswerte Sonderausstellung im Obergeschoss. Dieses ist auch über einen Fahrstuhl zu erreichen. Außerdem gibt es am Mittwoch, 16. Juli, 14 bis 16 Uhr, unter dem Motto „Museumsstücke - selbst gebaut“ einen Bastelnachmittag für Kinder ab acht Jahren. Kostenbeitrag: 3 Euro. Anmeldung im Museum Altes Land in Westerjork 49 unter 04162/5715 oder museum@jork.de. Die Schau „Wonne oder Tonne?“ läuft bis zum 23. Oktober. Die Eröffnung ist am Freitag, 4. Juli, um 18 Uhr. Geöffnet ist täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr. Frauke Thiem, Enkelin des Begründers der Altländer Geschichtsforschung, Hans Peter Siemens (1879-1961), und der Rotary Club Altes Land unterstützen die Ausstellung als Sponsoren.

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