Zähl Pixel
Archäologen

Ausgrabungsjahr der Superlative: Verzögert sich der Ausbau der Suedlink-Trasse?

Das Luftbild zeigt die Ausgrabungsstätte auf dem Gelände der geplanten Batteriefabrik im Kreis Dithmarschen.

Das Luftbild zeigt die Ausgrabungsstätte auf dem Gelände der geplanten Batteriefabrik im Kreis Dithmarschen. Foto: Daniel Reinhardt/dpa/Archivbild

Zahlreiche Funde zuletzt ließen Aufhorchen. Auch 2024 verspricht viel Arbeit für Archäologen in Schleswig-Holstein - und viel Verzögerung bei Bauvorhaben?

Von dpa Freitag, 29.12.2023, 10:05 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Schleswig. Landesarchäologe Ulf Ickerodt blickt positiv auf die Geländearbeiten im nächsten Jahr. „Nach dem erfolgreichen Grabungsjahr 2023 verspricht auch das Jahr 2024 wieder viele interessante Grabungen und Funde in nahezu gleichem Umfang.“ So folgen nach dem Abschluss der Arbeiten in Lohe-Rickelshof (Kreis Dithmarschen) auf dem Gelände der geplanten Batteriefabrik von Northvolt im Frühjahr weitere Untersuchungen in fast allen Landesteilen. „Wir sind schon sehr gespannt auf die Ergebnisse, mit denen unsere archäologische Landesgeschichte in vielen Bereichen neu erzählt werden kann.“

Untersuchungen entlang von Strom- und Erdgastrassen

Unter anderem wird es eine große Hauptuntersuchung in Kappeln an der Schlei geben. Hier sind Gruben der Vorrömischen Eisenzeit und eine Siedlung bisher unbekannter Zeitstellung entdeckt worden. Im nordfriesischen Ladelund wurden bei einer Voruntersuchung Siedlungsspuren aus der Römischen Kaiserzeit dokumentiert, eventuell stammen sie auch aus der Völkerwanderungszeit. Dort beginnt im kommenden Jahr die Hauptuntersuchung. Schon bei der Voruntersuchung wurden 160 Pfostenspuren und 21 kleine Gräben von Häusern freigelegt.

Voruntersuchungen entlang der Suedlink-Trasse

Hauptuntersuchungen stehen auch in Hattstedt (Kreis Nordfriesland), Hohenwestedt und Osdorf (beides Kreis Rendsburg-Eckernförde) sowie Kiel-Meimersdorf an. Andere Hauptuntersuchungen wie auf dem Northvoltgelände oder in Burg im Kreis Dithmarschen gehen 2024 weiter.

Entlang der Suedlink-Stromtrasse wird es in den Kreisen Pinneberg und Steinburg Voruntersuchungen geben, ebenso beispielsweise entlang einer geplanten Erdgastrasse durch die Kreise Dithmarschen und Steinburg.

2023 Jahr der Superlative

2023 war für die Archäologen erfolgreich. Es sei ein Grabungsjahr der Superlative gewesen, sagte der stellvertretende Landesarchäologe Ingo Lütjens. „Noch nie hatten wir in einem Jahr ohne lineare Großprojekte so viele Hauptuntersuchungen wie in diesem Jahr. Hinzu kommt, dass auch die Erhaltungsqualität der ausgegrabenen Befunde zum Teil außergewöhnlich gut war.“

Dies sei vor allem auf die umfangreichen Ausgrabungen in Lohe-Rickelshof auf dem Gelände der geplanten Northvolt-Fabrik, aber auch unter anderem auf die Funde in Kropp und Bollingstedt (beide Kreis Schleswig-Flensburg) zurückzuführen, sagte Lütjens. Diese Ergebnisse würden künftig neue Meilensteine für die archäologische Forschung in Schleswig-Holstein darstellen.

Allein in Lohe-Rickelshof legten die Archäologen Tausende Funde frei. Die extrem hohe Funddichte und –qualität sowie die außergewöhnlich guten Erhaltungsbedingungen auf einer Fläche dieser Größenordnung seien in Schleswig-Holstein bislang einzigartig, teilte eine Sprecherin des Archäologischen Landesamtes mit. „Die Befunde reichen lückenlos vom Neolithikum bis in die Völkerwanderungszeit.“ Es wurden also rund 4600 Jahre Zeitspanne mit menschlichen Spuren mit bis jetzt bereits mehr als 9700 Funden freigelegt und dokumentiert.

Insgesamt werden etwa 9,5 Hektar bearbeitet. Dokumentiert wurden bislang mehr 240 Gebäudestrukturen, Gräben, Öfen, Gruben, Bestattungen, Wegestrukturen und Steinschlagplätze – „es ist eine Grabung der Superlative“, sagte die Sprecherin.

Fahrspuren des Ochsenwegs freigelegt

Im Bollingstedt wurden auf einer etwa ein Hektar großen Fläche eines Neubaugebiets unter anderem Wohnstallhäuser und Nebengebäude sowie 414 Rennöfen zur Raseneisenerzverhüttung dokumentiert. In Kropp gruben die Archäologen beispielsweise eine Siedlung der jüngeren Römischen Kaiserzeit/Völkerwanderungszeit aus (etwa 300 – 600 n. Chr.). Dort, wo ein Gewerbegebiet entstehen soll, kamen Höfe, Nebengebäude, Grubenhäuser und Brunnen zu Tage. Auch Fahrspuren eines alten nord-süd verlaufenden Trassenabschnitts des Ochsenweges wurden freigelegt.

Insgesamt gab es in diesem Jahr nach Angaben des Archäologischen Landesamts 25 Hauptuntersuchungen, 66 Voruntersuchungen, 25 Baubegleitungen sowie Notbergungen. Sie fanden im Prinzip im gesamten Land statt - auf Flächen, auf denen Stromtrassen, Gewerbe- und Neubaugebiete sowie Bahnschienen gebaut werden sollen oder als archäologische Baubegleitung einer Wiedervernässungsmaßnahme. Auch eine Unterwasseruntersuchung in der Fehmarnsundquerung läuft in Kooperation mit der Universität Rostock an der südlichen Küste Fehmarns in etwa zwei bis fünf Metern Wassertiefe.

Weitere Artikel