T3200 Kilometer Protestfahrt: Wohnster Landwirt hat noch nicht genug

Werner Koslowski (rechts) aus Wohnste mit Sohn Dirk bei der Kundgebung in Hannover. Foto: Michael Matthey/dpa
13 Landtage in 12 Tagen: Nach dem großen Abschluss in Hannover ist Werner Koslowski zurück in Wohnste. Einen letzten Stopp bei der Mahnwache in Stade ließ er sich nicht nehmen. Welches Fazit er zur Deutschlandtour zieht - und warum er noch nicht genug hat.
Stade/Wohnste. In den vergangenen zwei Wochen ist der blaue Traktor der Lebensmittelpunkt von Werner Koslowski geworden - quasi sein Zuhause. 3200 Kilometer riss der Landwirt aus Wohnste in zwölf Tagen mit ihm ab. Für 100 Kilometer braucht er etwa drei Stunden, sagt er. Sein Schlafgemach war eine Holzkiste, die auf der Anhängerkupplung montiert war. Er hielt in 12 Tagen an 13 Landtagen in ganz Deutschland. Seine Mission: Die Anliegen der Bauern möglichst öffentlichkeitswirksam präsentieren. An jedem Landtag übergab er ein Forderungspapier.
„Die Leute fragen sich, warum die Landwirte immer mit den größten Treckern auf den Fahrten unterwegs sind“, sagt Werner Koslowski. Sein älterer Trecker ist in Wohnste geblieben. Das hat nicht nur Komfortgründe. Die modernen Traktoren sind deutlich sparsamer. „Sie laufen auf Höchstgeschwindigkeit drehzahlreduziert“, erklärt der Landwirt. Diese Funktion verbrauche deutlich weniger Kraftstoff, wenn die Traktoren keine schweren Maschinen ziehen müssen. Etwa 1200 Liter Diesel habe er auf seiner Fahrt insgesamt verbraucht.
Große Kundgebung am letzten Ziel in Hannover
Koslowski hat viel Protesterfahrung. Die Schaufensterpuppen mit den Gesichtern von Habeck, Scholz und Baerbock waren schon Mitte Januar mit ihm auf Mahnwache in Berlin. Mit der Unterschrift „Geißel des Landes“ hätten auch auf seiner Deutschlandtour viele nichts anfangen können. Er habe den Begriff Hunderte Male erklärt. Die meisten hätten fälschlicherweise auf „Geisel“ geschlossen. Werner Koslowski will mit dem Begriff auf die Selbstbestrafung des Landes durch die Politik hinaus. Mit einem Galgen habe das nichts zu tun.

Mit dem Wort „Geißel“ hätten viele Menschen nichts anfangen können, berichtet Koslowski. Foto: Michael Matthey/dpa
Das letzte seiner 13 Ziele steuerte der Landwirt am Mittwoch mit dem niedersächsischen Landtag an. Zum Abschluss der Tour gab es noch einmal einen großen Bahnhof: „150 bis 200 Trecker haben sich mit uns in Spelle getroffen.“ Von dort ging es nach Hannover. Nach Angaben der Polizei nahmen 400 Menschen an der Kundgebung teil, auf der auch Agrarministerin Miriam Staudte sprach. Mit Frerk Arfsten, Fred Erich Zich und Marina Niehues hatte er während der Tour auch drei treue Begleiter. „Ein eingespieltes Team“, sagt Koslowski. Auch wenn Hannover der vorerst letzte Landtag war: Einen Besuch der Stader Kollegen bei der Mahnwache auf dem Platz Am Sande ließ er sich am Donnerstag nicht nehmen. „Danke im Namen aller Landwirte für die Strapazen“, sagte Frank von Bargen dort.
Warum waren die Landesregierungen sein Ziel? „In den meisten Landtagen hat die Landwirtschaft eine andere Stellung als in Berlin“, sagt Werner Koslowski. Die Landwirte spürten von dort mehr Unterstützung. 13-mal übergab er stellvertretend für Land schafft Verbindung (LsV) und Freie Bauern ein Forderungspapier mit zehn Punkten. Ein Beispiel: eine verlässliche Herkunftsbezeichnung. Wenn tschechische Milch in Deutschland weiterverarbeitet werde, stehe deutsche Butter auf der Verpackung. Eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung wäre „auch im Sinne der Verbraucher“, findet Koslowskis Frau Antje.
In Städten, deren Besuch auf ein Wochenende fiel, habe er an den Landtagen kaum jemanden erreicht, sagt Koslowski. „Aber Abgeordnete, die von Bürgern gewählt wurden, sollten doch auch am Wochenende mal eine Stunde Zeit haben, um für ihre Wähler da zu sein.“ In Thüringen begrüßte ihn sogar Ministerpräsident Bodo Ramelow. Auf Plattdeutsch - denn Ramelow kommt ursprünglich aus Osterholz-Scharmbeck. „Die ganze Tour war ein Highlight“, sagt Koslowski. Er sei mit mehr Proviant in seiner Holzkiste zurückgekommen als losgefahren. Die Bevölkerung sei ihm freundlich begegnet.

Abschlusskundgebung in Hannover: Werner Koslowski trägt noch einmal das Forderungspapier der Landwirte vor. Foto: Michael Matthey/dpa
„Es ist Öffentlichkeitsarbeit“, resümiert Werner Koslowski den Erfolg seiner Tour nüchtern. Er habe nicht erwartet, dass sich die Welt von heute auf morgen andersherum dreht. Dass die Anliegen deutschlandweit einheitlich überreicht wurden, ist ein Anfang. Was Koslowski vor allem in Gesprächen in Süddeutschland bemerkte: Viele Landwirte dort sind unzufrieden mit dem Bauernverband, aber haben weniger Alternativen an Verbänden. „Wenn der Bauernverband seine Arbeit gemacht hätte, müsste es LsV und Freie Bauern gar nicht geben.“ Der Bauernverband habe auf der Tour in den meisten Fällen „mit Abwesenheit geglänzt“.
Wenn Werner Koslowski noch weitere Ziele auf der Agenda hätte, wäre er weitergefahren. Er ist für Vorschläge offen. Im Sommer wollen Landwirte aus ganz Europa nach Brüssel, wird gemunkelt. Sein Traktor zumindest ist für lange Strecken erprobt - auch, wenn die Federung des Sitzes repariert werden musste. Nur eine neue Hupe braucht es bis zur nächsten Protestfahrt. Sie gab kurz vor Hannover den Geist auf.