T900 Kilometer extra für Rennradfahrer

Rennradfahrer auf der Westschleife durch den Landkreis Rotenburg. Foto: TouROW/Wengler
Das wird nicht nur Radsportler, sondern auch viele Fahrrad-Ausflügler freuen: Der Touristikverband im Landkreis Rotenburg weist neun neue Strecken aus. Dort darf es auch schneller zugehen.
Bremervörde/Rotenburg. Es gibt auch nicht nur ein Schleifchen, sondern für jede Himmelsrichtung eines. Dahinter verbergen sich vier Rennradrundkurse, die der Touristikverband ins Leben gerufen hat. Und es kommen noch fünf ausgewachsene Schleifen hinzu - Rennradtouren mit jeweils dreistelliger Kilometeranzahl.
Denn Rennradfahrer seien „komplett anders“ drauf als Alltagsradler, weiß Phillip Holtermann aus eigener Erfahrung. Da sind 69 Kilometer eher eine Feierabendrunde. Als echte Trainingsetappe gelten erst die Schleifen ab 106 Kilometer. Holtermann hat seit April diese Strecken im Auftrag des Touristikverbands entworfen, zunächst am Computer, dann indem er sie mit Fahrrad, Schwalbe und Auto abfuhr.
Das Ergebnis ist jetzt auf den Online-Portalen Komoot und Strava zu sehen sowie auf Nordwaerts.de, der Website der Touristiker. Fischer ist stolz darauf, mit diesem Streckenensemble ein niedersachsenweit einmaliges Digitalangebot geschaffen zu haben, „das gibt es selbst für den Harz nicht.“

Phillip Holtermann (3. von links) hat den Auftrag, dass die Rennrad-Schleifen an Bahnhöfen liegen sollen. Foto: TouRow/Björn Wengler
Königsschleife: 204 Kilometer langer Rundkurs durch den Kreis
Wie ein Bonustrack auf einem Musikalbum ist auf www.nordwaerts.de ganz hinten noch die Königsschleife zu finden, ein 204 Kilometer langer Rundkurs durch den gesamten Landkreis. Holtermanns Anspruch war, eine Etappe über mindestens 180 Kilometer - der Raddistanz beim Ironman-Triathlon - zu entwickeln, es wurden dann noch 24 mehr.
Fischer hatte ihm ebenfalls zahlreiche Aufgaben mit auf den Weg gegeben: Die Schleifen sollten an Bahnhöfen liegen, an Einkehrmöglichkeiten, sie sollten über Asphalt führen, der für die dünnen Rennradreifen geeignet ist, und über autoarme Straßen ohne begleitenden Radweg. Denn Radwege sind im Kreis Rotenburg laut Fischer zwar besser als ihr Ruf, aber doch nicht so gut, dass Rennradfahrer auf ihnen viel Freude hätten. Und wo ein Radweg ist, müssen auch Radsportler ihn nutzen, die Straßenverkehrsordnung macht da keine Ausnahmen.

Hier verläuft das Nordschleifchen über 69 Kilometer. Foto: TouROW
Wege, auf denen sonst fast nur Trecker fahren
Holtermann hat es geschafft, abseits der Hauptverkehrsadern Wege zu finden, auf denen sonst fast nur Trecker unterwegs sind, was den Nebeneffekt hat, dass auch Ortskundige noch Strecken kennenlernen, die landschaftlich reizvoll sind. „Wenn ich eine Karte sehe, mache ich daraus eine Strecke“, sagt der auch international tätige Bikeguide.
Der Touristikverband hat wenig Papier für Broschüren aufgewendet und kein einziges Schild aufgestellt. Rennradfahrer würden ohnehin ihren Bordcomputer als Wegweiser nutzen, so Fischer und Holtermann.
Physische Schilder an den fast 900 Rennradkilometern hätten zudem das Budget gesprengt. 20.000 Euro kostet das Projekt, knapp 8.000 davon kommen aus einer Förderung der N-Bank. Ausgaben hatte der Touristikverband fürs Marketing, also fürs Bewerben der Strecken, die nicht nur Einheimische, sondern auch auswärtige Radtouristen anlocken sollen. Holtermann, der eine Ausschreibung für die Aufgabe gewonnen hatte, hat freilich ein Honorar erhalten. Allerdings hat er lieber gar nicht erst angefangen, seine Arbeitszeit aufzuschreiben, sonst wäre wohl ein niedriger Stundenlohn herausgekommen. „Ich habe es gern gemacht.“
ADFC, Dehoga und Behörden mit ins Boot geholt
Auch Fischer beteuert, das Projekt sei für ihn eine „Herzensangelegenheit“. Wobei die Arbeit nicht nur darin bestand, die besten Routen zu ermitteln. Fischer musste markenrechtlich abklären, wie er das Baby nennen durfte - Schleifen und Schleifchen erwiesen sich letztlich als unproblematische Begriffe, auch wenn es auf dem Nürburgring ebenfalls die berühmte Nordschleife gibt.
Holtermann verließ sich nicht nur auf eigene Erfahrungen, sondern holte Vertreter von ADFC, Dehoga und Behörden ins Boot, außerdem an die 100 Testfahrer und die Radsparte des TSV Bremervörde. Die half ihm zum Beispiel bei der Frage, wo wohl am besten die Oste überquert werden kann. Und die Bauämter teilen ihm mit, wo jetzt und in der Zukunft Baustellen be- und entstehen, die Umleitungen oder gar Streckenänderungen erforderlich machen.
Auf nordwaerts.de/rennrad kann man sich dahingehend vorm Losfahren auf den aktuellen Stand bringen. Gerade ist zwar keine klassische Rennrad-Jahreszeit, aber Fischer wäre nicht Fischer, wenn der Touristikverband-Chef nicht auch darauf die passende Reaktion parat hätte: „Die Rennradtouren sind unser Weihnachtsgeschenk.“ (rk)