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TAls Privatpatient schlechter gestellt? Rentnerin klagt über teure Rechnungen

Eine Privatpatientin im Basistarif beklagt sich über die Ärzte. Sie möchte nicht erkannt werden.

Eine Privatpatientin im Basistarif beklagt sich über die Ärzte. Sie möchte nicht erkannt werden. Foto: Polgesek

Privatversicherte gelten in Deutschland als privilegiert. Sie bekommen schneller einen Termin, werden vorrangig behandelt. Doch das scheint nur die eine Seite der Medaille - wie der Fall einer 78-Jährigen zeigt.

Von Ismail Kul Montag, 04.11.2024, 16:03 Uhr

Bremerhaven. Charlotte Weber (Name geändert) aus Bremerhaven möchte unerkannt bleiben. Sie schämt sich für die Lage, in die sie geraten ist. Doch zugleich sah sie keinen anderen Weg, als mit ihrem Problem die Öffentlichkeit zu suchen. „Ich bin kein Einzelfall. Ich kenne andere Menschen, die mit dem gleichen Problem zu kämpfen haben und nicht weiterwissen“, erzählt die 78-Jährige.

Ihr Problem: Früher war sie als Selbstständige privat versichert. „50 Jahre ging das so. Dann wurde ich krank und konnte die Beiträge nicht mehr zahlen“, erzählt sie. So rutschte sie in den Basistarif der privaten Versicherung. Der gesetzlichen Lage zufolge müsste sie in diesem Tarif mit den gesetzlich Versicherten gleichgestellt sein. Doch mit ihren konkreten Erfahrungen kann sie das überhaupt nicht bestätigen.

„Angekuckt, als wäre ich ein Verbrecher“

„Ich habe es erlebt, dass Ärzte mich nicht nach dem Basistarif behandeln, auch wenn ich vorher Bescheid gesagt habe. Ich bekomme Rechnungen als normal privat Versicherte und muss einen Teil aus der eigenen Tasche zahlen. Doch als Rentnerin ist mir das finanziell nicht mehr möglich.“ Weber fühlt sich von den Ärzten schlecht behandelt. „Ich habe einen Schein von der Krankenkasse. Wenn ich den vorzeige, dann werde ich schief angekuckt, als wäre ich ein Verbrecher.“

Neulich habe sogar ein Arzt sie pampig behandelt, was ihr lange Zeit zu schaffen gemacht habe. Während sie das erzählt, kommen ihr Tränen in die Augen. Sie war vor einiger Zeit wegen eines eingeklemmten Nervs und eines Bandscheibenvorfalls in der Röhre gewesen, weiß aber nicht, wie es mit der Behandlung weitergehen soll. Sie fühlt sich sogar schlechter gestellt als gesetzlich Versicherte, da diese nichts hinzuzahlen müssten.

Ein häufiger Grund für Missverständnisse

Wie kann es sein, dass in einem so wohlhabenden Land wie Deutschland, dessen Gesundheitssystem zudem im weltweiten Vergleich als leistungsstark gilt, Menschen ohne die benötigte Behandlung bleiben? Die Versicherung ARAG, bei der die Seniorin versichert ist, weist darauf hin, dass der Gesetzgeber die Versorgung der im Basistarif versicherten Menschen an die Kassenärztlichen Vereinigungen übertragen hat. Insofern wären diese die richtigen Ansprechpartner bei solchen Fragen.

Christoph Fox von der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KVHB) stellt auch fest, dass grundsätzlich Versicherte im Basistarif den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt sind. „Ein häufiger Grund für Missverständnisse zwischen Praxen und Patienten ist der, dass sich Versicherte nicht oder zu spät als Versicherte des Basistarifs zu erkennen geben.“

Verweigerung der Behandlung auf Basis des Rechts?

Doch Charlotte Weber erzählt ausdrücklich, vor der Behandlung bei betreffenden Arztpraxen auf ihren Status im Basistarif hinzuweisen und dies trotzdem nicht berücksichtigt wird. Konfrontiert mit den Schilderungen der Seniorin vermutet Stephan Caspary vom Verband der Privaten Versicherung in Berlin: „Im Falle ihrer Leserin scheint es sich indes nicht um ein Missverständnis zu handeln, sondern um eine Verweigerung der Behandlung auf Basis geltenden Rechts. Dies ist aus unserer Sicht vorsichtig ausgedrückt sehr bedenklich.“

Die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten den Auftrag, die ärztliche Versorgung der im Basistarif Versicherten wie bei gesetzlichen Krankenversicherten sicherzustellen.

Kassenärztliche Vereinigung Ansprechpartner

Auch die Verbraucherzentrale Bremen sieht die Kassenärztliche Vereinigung bei solchen Problemen in der Pflicht. Roland Stecher von der Abteilung Finanzdienstleistungen stellt fest: „Versicherte im Basistarif der privaten Krankenversicherung hatten oft Schwierigkeiten, Arzt- und vor allem Zahnarztpraxen zu finden, die sie behandeln wollten. Daher hat man gesetzlich geregelt, dass ihre Versorgung sicherzustellen ist.“

Und weiter: „Den Sicherstellungsauftrag dazu hat die Kassenärztliche Vereinigung, die Ärzte zu benennen hat.“ Die Kassenärzte selbst aber seien nicht grundsätzlich dazu verpflichtet, im Basistarif Versicherte zu behandeln. Allenfalls im Notfall oder bei akuten Schmerzen können sie die Behandlung nicht verweigern.

Was Betroffene tun können

Was also können Patienten wie Charlotte Weber aus Bremerhaven in dieser Situation tun? Roland Stecher empfiehlt, Termine mit Arztpraxen zu vereinbaren, die eine Kassenzulassung haben und daher gesetzlich Versicherte behandeln. Kennt man keinen Arzt, könne man bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung fragen.

Wichtig sei auch, vorab bereits bei der Terminvereinbarung und noch einmal beim Besuch der Praxis darauf hinzuweisen, dass man im Basistarif versichert ist. Berechnen die Ärzte trotzdem höhere Gebühren, müssten die Patienten beweisen können, dass sie vor der Behandlung auf ihren Basistarif hingewiesen haben.

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