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Buxtehuder SV

TAndré Flömer beim Ultra-Triathlon: Vor seinem Triumph gab er fast auf

Andre Flömer fährt beim Ultra Triathlon Lensahn mit dem Rad und zeigt den Daumen nach oben.

Andre Flömer motiviert sich bei seinen Wettkämpfen durch die Interaktion mit Zuschauern. Foto: Ultra Triathlon Lensahn/Felix Schlikis

„Sport oder Hüft-OP“, sagte ihm seine Ärztin. André Flömer wurde Triathlet beim Buxtehuder SV. Er läuft Ultra-Distanzen. Ein Gegner bewahrt ihn vor einem Fehler.

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Von Lars Wertgen
Mittwoch, 25.09.2024, 05:50 Uhr

Buxtehude. Als André Flömer beim Triathlon in Lensahn kurz vor dem Ziel ist, dreht er ab. Die letzte Runde führt in entgegengesetzter Richtung. Der 57-Jährige saugt den Jubel der Zuschauer auf. „Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie man gefeiert wird.“ Flömer klatscht mit den Athleten ab, die ihm entgegenkommen. „Alle freuen sich für einen.“

Der BSV-Sportler kommt nach 26 Stunden 34 Minuten und 8 Sekunden ins Ziel. Das Event in Lensahn ist kein normaler Triathlon. Die Sportler absolvieren die doppelte oder dreifache Ironman-Distanz. Flömer ist einen Double gelaufen: 7,6 km Schwimmen, 360 km Radfahren, 84,4 km Laufen.

Bis zu 18 Stunden Training pro Woche

Ohne ein zeitintensives Training ist ein solcher Wettbewerb nicht möglich und mit einem Vollzeitjob kaum vereinbar. Der Facility-Manager verbindet daher den Weg von der Haustür zur Arbeit bei Airbus in Finkenwerder mit seinem Trainingspensum.

Eine Strecke mit dem Rad sind 22 Kilometer. Manchmal läuft er einen Teil und fährt den Rest mit dem Bus. In Buxtehude und Neu Wulmstorf geht er schwimmen. Yoga und Pilates sorgen für ein gutes Körpergefühl. „Je nach Saisonphase komme ich auf 6 bis 18 Trainingsstunden die Woche“, sagt Flömer.

André Flömer beim Radtraining.

Der 57-Jährige trainiert bis zu 18 Stunden pro Woche. Foto: Wertgen

Einen Coach hat er nicht. „Ich habe mir über die Jahre Wissen angelesen und höre auf meinen Körper“, so Flömer. Er sei kein zahlenbasierter Mensch, sondern agiere aus dem Bauch heraus.

Sport treiben oder Hüft-OP

Kampfsport, Squash, Tennis oder Badminton - Sport hat es Flömer schon immer angetan. Den meisten Disziplinen schob seine Orthopädin 2008 aber einen Riegel vor. Diagnose: Arthrose in der Hüfte. Sie sagte aber auch: „Entweder du machst weiter Sport oder bekommst eine neue Hüfte“, erinnert sich Flömer. Sportarten mit natürlichen Bewegungsabläufen sollten es sein.

Flömer begann wieder, regelmäßig zu laufen. Ein Arbeitskollege sagte irgendwann: „Du kommst mal mit zu so einem Triathlon. Du bist ein klasse Läufer. Das bisschen Schwimmen und Radfahren kannst du auch.“ Beim Triathlon in Köln feierte Flömer 2014 seine Premiere auf der Mitteldistanz, die sich über 2 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21 km Laufen erstreckt. „Ab da war ich angefixt“, sagt er.

André Flömer steht hinter seinem Rennrad

Der Triathlet kombiniert seinen Weg zur Arbeit häufig mit seinem Training. Foto: Wertgen

Schon früher beim Laufen waren ihm fünf oder zehn Kilometer nicht genug. Flömer wollte immer mehr. Als Triathlet geht es ihm nicht anders. 2015 ist er beim Ironman in Frankfurt dabei. Nach 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen kommt er ins Ziel. Die Uhr stoppt bei 12:13:58 h. Flömer will aber noch mehr, landet beim Ultra-Triathlon in Lensahn - und stößt an seine Grenzen.

Rennen zieht sich wie Kaugummi

Der größte Gegner ist nicht die Hüfte, es sind auch nicht die Beine. Der Kopf sorgt für die größte Herausforderung. „Ich will nicht mehr!“, ruft es irgendwann immer lauter, erklärt André Flömer. Um den Wettkampf mental durchzuhalten, zieht er sich die Kraft von den Zuschauern am Streckenrand. Flömer sucht die Blicke und den Jubel.

In Lensahn sind die Reserven aber spätestens in der Nacht aufgebraucht. Flömer ist auf dem Rad unterwegs. Eine Pause mit kaltem Risotto, heißer Brühe und Käsekuchen hat er bereits hinter sich. „Aber jede Runde hat sich gezogen wie ein Kaugummi.“

Andre Flömer läuft beim Ultra Triathlon Lensahn

Im Ziel schüttet der Körper massenweise Endorphine aus, so Flömer. Foto: Ultra Triathlon Lensahn/Felix Schlikis

Gegner rettet Flömer vor Aufgabe

Sein Wohnmobil konnte Flömer schon fast sehen, als er um 5.30 Uhr und nach 360 Kilometern auf dem Rad eine Entscheidung trifft: „Jetzt ist Schluss. Du gehst duschen, essen und schlafen.“ Er sei mental komplett platt gewesen. Auf seinen letzten Metern kommt Flömer mit einem anderen Athleten ins Gespräch, der nichts von der Aufgabe hält. „Dafür bist du nicht hier. Du willst einen Double machen“, redet er Flömer ins Gewissen und hat einen Vorschlag:

Beim Wechsel zum Laufen geht André Flömer ins Wohnmobil. Er trinkt und isst, zieht sich frische Kleidung an, legt sich zehn Minuten schlafen und geht wieder auf die Strecke. „Es war draußen schon hell und eine geile morgendliche Sommerluft“, so Flömer. Er ist auf einmal beflügelt, läuft die drittschnellste Zeit und kommt insgesamt als Fünfter ins Ziel. „Man spürt nur noch Glücksgefühle.“

Ob er erneut so an seine Grenzen gehen will, weiß Flömer noch nicht. Die nächsten normalen Triathlons hat er im Urlaub aber schon absolviert. „Klassischen Urlaub mache ich erst, wenn die Saison vorbei ist - oder ich Rentner werde.“ Er lacht.

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