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Norddeutschland

TAngst vor Sprengstoff-Attacken: Raiffeisenbank baut SB-Stellen ab

Der Geldautomat mit Kontoauszug-Drucker in Waddens ist eine von drei SB-Stellen, die die Raiffeisenbank Butjadingen-Abbehausen hat aufgeben müssen

Der Geldautomat mit Kontoauszug-Drucker in Waddens ist eine von drei SB-Stellen, die die Raiffeisenbank Butjadingen-Abbehausen hat aufgeben müssen Foto: Glückselig

Täter, die es auf Geldautomaten abgesehen haben, gehen brutal vor, wie im Dezember in Harsefeld zu sehen war. Die Raiffeisenbank in Butjadingen-Abbehausen reagiert nun und möchte das Risiko nicht mehr eingehen.

Von Detlef Glückselig Freitag, 05.04.2024, 12:30 Uhr

Butjadingen. Schlechte Nachricht für die Kunden der Raiffeisenbank Butjadingen-Abbehausen in Waddens, Stollhamm und Eckwarden: Die Bank gibt ihre dortigen SB-Stellen auf.

Ab sofort kann man in den drei Dörfern kein Geld mehr aus den Automaten abheben und auch keine Kontoausdrucke mehr beziehen. Die Raiba-Vorstände Peter Beck und Markus Graf betonen, dass sie den Schritt sehr bedauern. Sie haben jedoch keine andere Möglichkeit mehr gesehen - aus Sicherheitsgründen.

Die Täter gehen immer brutaler vor

Banken - so auch die Raiba - rüsten ihre Geldautomaten ständig nach, um sie sicherer zu machen. Doch das führt laut Peter Beck und Markus Graf nur dazu, dass Täter, die es auf das Geld abgesehen haben, umso brutaler vorgehen.

Sie setzen immer stärkeren Sprengstoff ein. Das birgt die Gefahr, dass sie nicht nur den Automaten knacken, sondern gleich das gesamte Gebäude, in dem er sich befindet, mit in die Luft sprengen - ähnlich geschehen im Dezember 2023 in Harsefeld. Die betroffene Filiale der Deutschen Bank schließt in der Folge sogar.

Das Risiko, dass dabei Menschen zu Schaden kommen, wollen und können die beiden Vorstände der Raiffeisenbank nicht länger tragen. Weniger aus wirtschaftlichen Erwägungen, sondern vor allem aus Servicegründen hat die Raiffeisenbank Butjadingen-Abbehausen bislang an den SB-Stellen festgehalten.

Doch nun ziehen Peter Beck und Markus Graf die Konsequenzen aus der potenziellen Gefahrenlage. Sie folgen damit auch, wie die Vorstände sagen, dem Drängen von Ermittlungsbehörden und der Politik. Das Geld ist inzwischen aus den Automaten entnommen - es ist also keine Beute mehr zu machen. Schritt für Schritt sollen die drei SB-Stellen nun zurückgebaut werden.

Warum trifft es gerade Waddens, Stollhamm und Eckwarden?

Die Automaten in Burhave und Abbehausen - dort gibt es jeweils zwei - sowie in Tossens bleiben erhalten. Warum trifft es ausgerechnet Stollhamm, Waddens und Eckwarden? Peter Beck und Markus Graf nennen den Grund: Die Raiba habe ihre sämtlichen SB-Stellen einer Risikoanalyse unterzogen, die unter anderem auf Empfehlungen des Landeskriminalamtes basierte.

Das Ergebnis sei, dass in Waddens, Stollhamm und Eckwarden das Gefahrenpotenzial am größten war - nicht zuletzt wegen der Gebäude, in denen die dortigen SB-Stellen untergebracht sind.

Die bisherige SB-Stelle in Waddens. Wenn Täter hier Sprengstoff eingesetzt hätten, hätte die Gefahr bestanden, dass das gesamte Gebäude zerstört wird.

Die bisherige SB-Stelle in Waddens. Wenn Täter hier Sprengstoff eingesetzt hätten, hätte die Gefahr bestanden, dass das gesamte Gebäude zerstört wird. Foto: Glückselig

In Waddens beispielsweise befindet sich die SB-Stelle in einem direkt an ein Wohnhaus angedockten Glasanbau. Wenn Täter hier starken Sprengstoff einsetzten würden, um den Automaten zu knacken, würde ziemlicher sicher auch das Haus zerstört werden - mit entsprechend dramatischen Folgen für die Bewohner.

Die verbleibenden SB-Stellen sind in Gebäuden untergebracht, die in eine wesentliche höhere „Absicherungsklasse“ eingestuft sind, wie Peter Beck sagt. Die Gefahr, dass dort etwas passiert, ist also längst nicht so groß.

Täter verschanzen sich in Ferienwohnungen

Das Argument, dass Butjadingen an drei Seiten von Wasser umgeben ist, und es für die Polizei ein Leichtes wäre, die Straßen abzuriegeln, um Täter zu schnappen, gilt längst nicht mehr. Denn wer einen Geldautomaten gesprengt oder eine andere Straftat begangen hat, findet inzwischen ganz andere Möglichkeiten, sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen.

Wie die Raiba-Vorstände aus Branchenkreisen wissen, ist es schon vorgekommen, dass Straftäter im Vorfeld eine Ferienwohnung gebucht haben, dort nach ihrer Tat in aller Ruhe abwarteten, bis die Luft rein ist, und schließlich unerkannt davonfuhren.

Die Raiba-Vorstände Markus Graf und Peter Beck, hier vor dem Geldautomaten der Bankstelle in Burhave, bedauern, dass sie die SB-Stellen in Waddens, Stollhamm und Eckwarden aufgeben mussten. Die Gefahrenlage ließ ihnen keine andere Wahl.

Die Raiba-Vorstände Markus Graf und Peter Beck, hier vor dem Geldautomaten der Bankstelle in Burhave, bedauern, dass sie die SB-Stellen in Waddens, Stollhamm und Eckwarden aufgeben mussten. Die Gefahrenlage ließ ihnen keine andere Wahl. Foto: Glückselig

Zuletzt hatte es in Butjadingen im März 2017 einen Versuch gegeben, einen Geldautomaten zu knacken - in Stollhamm. Ein maskierter Mann war in der Nacht in den Vorraum der Filiale, die es damals noch in dem Ort gab, eingedrungen und hatte versucht, den Automaten mit einem Brecheisen aufzuhebeln. Der Täter scheiterte, richtete aber einen hohen Schaden an.

Zwei Banküberfälle in Butjadingen in den 90er-Jahren

In den frühen 90er-Jahren gab es einen Überfall auf die damals noch an der Ortsdurchfahrt ansässigen Raiba-Filiale in Tossens. Der Bankmitarbeiter erkannte schnell, dass der maskierte Mann, der ihn zur Herausgabe des Geldes zwingen wollte, ihn lediglich mit einer Schreckschusspistole bedrohte.

Er konnte den Täter in die Flucht schlagen. Mitte der 90er-Jahre hatten Täter in der damals noch existierenden Filiale in Waddens den Tresor aufzuschweißen versucht. Auch sie scheiterten, hinterließen aber ebenfalls einen großen Schaden.

Von dem Aus für die SB-Stellen in Waddens, Stollhamm und Eckwarden unterrichtet die Raiba ihre Kunden bewusst erst, nachdem die Schließung vollzogen ist und die Automaten geleert sind. Die Bank wollte potenziellen Tätern keine Angriffsziele auf dem Silbertablett servieren.

30 Millionen Euro erbeutet

Das „Handelsblatt“ berichtet, dass die deutschen Landeskriminalämter für die ersten sechs Monate des vergangenen Jahres 240 Attacken auf Geldautomaten registriert hätten. Dabei seien sowohl Sprengversuche als auch erfolgte Sprengungen gezählt worden. 2022 waren bei solchen Taten laut Bundeskriminalamt fast 30 Millionen Euro erbeutet worden. Die Zahlen belegen, welche Dimension diese Delikte inzwischen haben.

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