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Im Einsatz

TAutoposer & Co.: Auf Streife mit der Polizei durch die Nacht

Die Polizei hat für ihre Streifzüge verschiedene Geräte im Einsatz: Mit dem Lasergerät lässt sich auf bis zu 750 Meter feststellen, ob ein Wagen zu schnell fährt.

Die Polizei hat für ihre Streifzüge verschiedene Geräte im Einsatz: Mit dem Lasergerät lässt sich auf bis zu 750 Meter feststellen, ob ein Wagen zu schnell fährt. Foto: Krabbenhoeft

TV-Serien, in denen es um Kriminalfälle aller Art geht, erfreuen sich beim Publikum dauerhaft großer Beliebtheit. Doch wie sieht der Alltag bei der Polizei eigentlich aus? Ein Abend beim Streifendienst.

Von Sabrina Krabbenhoeft Montag, 07.10.2024, 09:35 Uhr

Nordenham. Es ist später Nachmittag und die Kollegen treffen sich zur Besprechung ihres Streifendienstes. Drei Polizisten nehmen mich auf der Rückbank mit. Auch, wenn die Beamten nicht in Nordenham wohnen, möchten sie anonym bleiben. Heute ist Poser- und Tunerkontrolle. Poser, das sind die Autofahrer, die mit eigenen oder geleasten Fahrzeugen viel dafür tun, um aufzufallen. Vor allem negativ. Dazu gehört das Provozieren von Fehlzündungen, Motorheulen und starkes Beschleunigen.

Tuner verändern ihr Auto mit Spoiler, Folierung, Spezialfelgen oder ähnlichem. Es geht um die Optik. „Die Leute, die auf die Qualität der verbauten Teile achten und viel Geld in ihr Auto stecken, machen auch gerne eine Kontrolle mit, um zu zeigen, was sie haben. Das sind manchmal interessante Gespräche“, sagt einer der Beamten. Das Problem beim Tuning ist das Anbringen von Teilen, die zu einer Gefahr im Verkehr werden können.

Tuner-Treff an der Blexer Fähre

Ein Wagen überholt - hatte der auffällige Felgen? Das Auto wird angehalten. Es ist nur eine kurze Kontrolle. Beim TÜV wurde eine Änderungsabnahme für die Felgen durchgeführt, alles in Ordnung.

Es geht nun Richtung Blexen. Der Parkplatz an der Fähre ist ein beliebter Treffpunkt der Tunerszene. „Im Sommer ist das ein Hotspot. Bei gutem Wetter stehen dort jede Menge Autos. Die Leute packen ihre Campingstühle aus und unterhalten sich, teilweise die ganze Nacht“, sagt unser Fahrer. An diesem Abend ist nicht viel los. Auf der Strecke von der Fähre in Richtung B212 werden aber immer wieder Raser gefasst. Die Zufahrtsstraße lädt zum Beschleunigen auf der Geraden ein.

Autorennen gelten seit 2020 als Straftat

Illegale Autorennen galten lange Zeit als Ordnungswidrigkeit. Inzwischen erkennt der Bundesgerichtshof darin eine Straftat und je nach Fall auch Mordmerkmale. Denn wer mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt fährt, zeigt, dass es ihm egal ist, ob er einen anderen Menschen verletzt. Diese Gesetzesänderung geht zurück auf einen tödlichen Unfall 2016 in Berlin. Zwei Männer hatten sich ein Rennen geliefert und einen unbeteiligten Wagen erfasst. Der Fahrer kam dabei ums Leben. Auch die Flucht vor einer Polizeikontrolle reicht übrigens für den Straftatbestand.

Lasermessung auf 750 Meter Entfernung

Die Beamten stellen sich in eine Bucht auf der Martin-Pauls-Straße. Sie führen Geschwindigkeitsmessungen mit dem Laser durch. Simpel erklärt wird das Kennzeichen des ankommenden Pkw anvisiert, das reflektiert, der Laser zeigt die aktuelle Geschwindigkeit an. Bis auf 750 Meter Entfernung misst das Gerät einwandfrei. Die Tests werden im Protokoll festgehalten.

Es dauert nicht lange, da wird der erste Wagen gestoppt. Fünf Minuten später steht die Position der Polizei in einer der zahlreichen WhatsApp-Gruppen zum Thema Blitzer/Kontrolle. Die meisten Übertretungen liegen bei 10 bis 15 Kilometer über der 50er-Marke. Ein junger Mann kommt mit 80 km/h um die Kurve. Es stellt sich heraus, dass er noch in der Probezeit für den Führerschein ist.

Übrigens kann auch wiederholtes Rundendrehen zur Ordnungswidrigkeit werden. Das nennt sich „belästigen Anderer durch unnötiges Hin und Herfahren innerhalb einer geschlossenen Ortschaft“. Kosten: 100 Euro. „Wir wollen den Leuten nicht den Spaß verderben, sondern dafür sorgen, dass niemand gefährdet oder durch Geräusche belästigt wird“, sagt der Beamte.

Mit Blaulicht und Sirene durch die Nacht

Der Polizeifunk läuft. In Hamburg wurde eine 22-Jährige von mehreren Männern in ein Auto gezerrt. Die Polizei sucht den Wagen, der sich in Richtung Cloppenburg bewegen soll. Es handelt sich wohl um eine Freiheitsberaubung innerhalb der Familie. Zuständig sind andere Kollegen. Etwas mehr Aktion wäre allerdings heute Abend für meinen Bericht nicht schlecht, denke ich.

Da kommt ein Anruf der Dienststelle. Und alles ändert sich. Auf der B212 bei Rodenkirchen wurde ein Wagen gemeldet, der Schlangenlinien fährt. Der Halter konnte über die Kennzeichenangabe ermittelt werden. Mit Blaulicht und Sirene düsen wir in einem Affenzahn über die Straßen zur angegebenen Adresse.

In der Wohngegend ist es ruhig. Die Jalousien des Hauses sind geschlossen, ein Auto ist nicht zu sehen. Da kommt langsam ein Wagen die Straße herauf. Ich beschließe im Dienstwagen sitzen zu bleiben.

Einer der Beamten holt die Polizeikelle heraus und bittet den Mann auszusteigen. An einem Band um seinen Hals baumelt ein Schnapsglas. Er habe beim Fahren niesen müssen und dadurch den Wagen kurzzeitig nach rechts rübergezogen. Dadurch sei wohl der Eindruck entstanden, dass er Schlangenlinien fahre, sagt er. Das glaubt ihm natürlich keiner. Er muss pusten. Das Gerät zeigt null komma null Promille. Mein Einsatz ist beendet. Ich habe heute Abend live einen Krimi erlebt.

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