Zähl Pixel
Verkehr

TB73-Ostebrücke bei Hechthausen: Nichts geht mehr auf der Baustelle

Seit Wochen rührt sich nichts mehr auf der Baustelle: Nachdem es Probleme bei der Stabilisierung des Baugrundes im Bereich der neuen Ostebrücke bei Hechthausen gegeben hat, geht es frühestens im nächsten Jahr weiter. Unklar ist: Wann und wie?

Seit Wochen rührt sich nichts mehr auf der Baustelle: Nachdem es Probleme bei der Stabilisierung des Baugrundes im Bereich der neuen Ostebrücke bei Hechthausen gegeben hat, geht es frühestens im nächsten Jahr weiter. Unklar ist: Wann und wie? Foto: Schröder

Die B73 ist in der Region die wichtigste Verkehrsader zwischen Stade und Cuxhaven. Die Brücke bei Hechthausen ist ein Nadelöhr. Ein Neubau steht an. Doch es gibt massive Probleme.

Von Egbert Schröder Sonntag, 15.12.2024, 07:50 Uhr

Hechthausen. Die Zufahrten sind mit Zäunen und Vorhängeschlössern abgeriegelt, die schweren Geräte seit Wochen nicht mehr bewegt worden und Bauarbeiter nicht mehr zu sehen. Dort, wo irgendwann einmal die neue B73-Ostebrücke zwischen Hechthausen und Burweg stehen soll, herrscht seit Wochen Stillstand.

Das Problem ist nicht sichtbar. Es liegt im Untergrund: Rund 7000 Sandsäulen sollten im Boden versenkt werden. Doch das - so ergaben es Recherchen der NEZ/CN-Redaktion - ging daneben.

Und nebenan? Da steht die alte und dringend sanierungsbedürftige Brücke, die aus Sicherheitsgründen nur noch halbseitig befahrbar ist. Eine Vollsperrung ist nicht geplant, aber möglicherweise während einer Sanierung notwendig. Wie es weiter geht an der Oste? Das ist ungewiss.

Eigentlich hätte es das alte Brückenbauwerk, über das jeden Tag etliche Tausende Fahrzeuge rollen und das verkehrstechnisch die wichtigste Lebensader zwischen Cuxhaven und Stade ist, gar nicht mehr geben dürfen.

Kam die Neubau-Planung zu spät?

Auf das Jahr 2020 hatten Experten das Haltbarkeitsdatum der Brücke taxiert. 1935 ist sie ursprünglich gebaut worden, hatte in den Kriegswirren eine Sprengung überstanden, wurde erneuert und immer wieder so hergerichtet, dass sie statisch der immensen Verkehrsbelastung standhält.

Nichts hält bekanntlich länger als ein Provisorium. Doch irgendwann ist es auch mit der Flickschusterei vorbei und ein Ersatz muss her. Diese Erkenntnis wurde lange ignoriert. Sie kam spät, möglicherweise zu spät. Erst 2010 wurde mit der Planung des Neubaus begonnen. Den Worten sollten Taten folgen.

Doch selbst in der Planungsphase gab es Mängel. So sorgte zum Beispiel nur eine fehlende „brückentechnische Stellungnahme“ dafür, dass das Projekt ein Schubladendasein im Ministerium fristete. Sogar der damalige Wirtschaftsminister musste sich einschalten, um zwischenzeitlich für Bewegung in der Angelegenheit zu sorgen.

„Die alte Brücke erreicht ihr Lebensende“

Während in Hannover und Stade geplant - oder auch nicht geplant - wurde - setzte der Verfall der alten Querung ein. In unregelmäßigen Abständen erfolgten Sanierungsarbeiten; eben je nach Bedarf. Es gab halbseitige Sperrungen, denn schließlich mussten Risse oberflächlich gespachtelt und Stabilisierungsmaßnahmen am Unterbau der Brücke umgesetzt werden.

Dass der Verkehr nur noch über eine Straßenseite per Ampelschaltung und mit langen Wartezeiten für die Autofahrer geführt werden kann, ist mittlerweile nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Und sie wird es vorerst auch bleiben.

„Die alte Brücke erreicht ihr Lebensende“, sagt Friederike Wöbse. Sie muss es wissen, denn sie leitet die „Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr“ in Stade. Und sie kennt auch die Probleme vor Ort - beim geplanten Neubau und bei der alten Brücke. Intensiv werde untersucht, welche Maßnahmen zur Sanierung erforderlich sind. Das braucht Zeit. Zeit, die aber immer knapper wird.

Komplette Sperrung der B73 ist möglich

Wie standsicher ist die Querung aber überhaupt noch? Spätestens seit dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden im September stellt sich diese Frage nicht nur für die Allgemeinheit, sondern auch für die Behördenchefin: „Die Ostebrücke stürzt nicht ein“, beruhigt sie. Doch: „Vorsicht hat für uns oberste Priorität.“

Die Probleme würden sich nicht an der direkten Querung oberhalb der Oste, aber am Uferbereich und an den Lagern zeigen. Man müsse die laufenden Untersuchungen und eine Konzeptentwicklung abwarten. Was dann als Maßnahmenpaket geschnürt werden könnte? Wird die Verkehrsader bei Sanierungsarbeiten komplett verstopft sein?

Sandsäulen machen Probleme

Das ist ungewiss: „Eine komplette Sperrung kann man natürlich niemals ausschließen. Das ist aber selbstverständlich nicht unser Plan.“ Im Umkehrschluss kann man das so deuten: Möglich ist sie aber doch.

Ein ebenso, wenn nicht sogar größeres Problem, stellt sich auf der Baustelle für die neue Querung. Sie liegt nur wenige Dutzend Meter von der alten Brücke entfernt. Der Plan sah und sieht vor, dort an beiden Seiten des Osteufers rund 7000 Sandsäulen zur Stabilisierung in den weichen Untergrund zu drücken.

Eigentlich - so hatten es Experten noch bei einem Ortstermin im Februar anlässlich des offiziellen Baustarts erklärt - kein Problem. Davon ist aber nach Informationen unserer Redaktion längst schon keine Rede mehr. „Wir mussten feststellen, dass die Pfähle nicht so in den Boden gegangen sind, wie das geplant war.“

Kein Platz: Boden muss entsorgt werden

Es seien nämlich Vorbohrungen notwendig, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen und alle Säulen passgenau zu versenken, damit anschließend Setzungen in dem weichen Untergrund festgestellt werden könnten, um bei Bedarf gegenzusteuern und für Stabilität zu sorgen. Wöbse: „Damit war nicht zu rechnen.“

Bei den zusätzlichen Arbeiten fällt jede Menge Bodenaushub an. Eigentlich ist das nicht weiter problematisch, wenn er direkt auf der Baustelle zwischenlagert und später wieder eingebaut werden könnte. Kann er aber nicht, denn es gibt zu wenig Platz: „Wir haben es dort mit einem sehr kleinen Baufeld zu tun.“ Könnte man das Gemisch aus Erde, Sand und Torf aber nicht einfach außerhalb deponieren und später wieder einbauen? Auf den ersten Blick müsste das doch eigentlich möglich sein. Doch da greift die sogenannte „Ersatzbaustoffverordnung“, die vorsieht, dass dieser Boden beim Verlassen des Areals entsorgt werden müsste. Eine Rückkehr? Ausgeschlossen. „Der Boden wird dann anders bewertet“, sagt die Behördenleiterin.

Baustelle ruht bis auf Weiteres

Bevor die weitere Vorgehensweise nicht geklärt ist, ruht die Baustelle. Keine neuen Sandsäulen, die im Boden verschwinden. Keine Sandschicht, die zur Verdichtung vorgesehen ist. Keine Messungen, wie es um die Stabilität des Untergrundes bestellt ist.

Friederike Wöbse bemüht sich trotz aller Probleme um Optimismus. Sie ist zuversichtlich, dass der gesamte Zeitplan doch noch eingehalten werden kann. Der sieht den Neubau des eigentlich auf geschätzte 28,5 Millionen teuren Brückenbauwerks bislang „zwischen Herbst 2025 und Winter 2027“ vor. Die Verkehrsfreigabe ist für „Sommer/Herbst 2028“ geplant.

Und wenn nicht? Dann muss die alte Brücke aus dem Jahre 1935 eben noch länger halten und das Prinzip Hoffnung herrscht. Denn: Nichts hält länger als ein Provisorium ...

Weitere Artikel