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Stade

TB73-Anwohner leiden unter Verkehrslärm - Wunsch nach Schutzwand

Kaum auszuhalten: Anwohner des Wohngebiets entlang der Bronzeschmiede südlich der B 73 leiden seit Jahren unter zunehmendem Verkehrslärm.

Kaum auszuhalten: Anwohner des Wohngebiets entlang der Bronzeschmiede südlich der B 73 leiden seit Jahren unter zunehmendem Verkehrslärm. Foto: Stehr

Seit Jahrzehnten wünschen sich die Menschen im Wohngebiet an der Bronzeschmiede in Stade Lärmschutzwände. Jetzt gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht.

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Von Lena Stehr
Montag, 30.09.2024, 05:50 Uhr

Stade. Voll aufgedrehte Motorrad- und Automotoren, donnernde Sattelschlepper, knallende Auspuffe und ohrenbetäubende Martinshörner - die Anwohner der Bundesstraße 73 leiden unter Verkehrslärm. So wie Hans-Jürgen Kaupisch.

Er wohnt seit 50 Jahren südlich der Bundesstraße zwischen Thuner Straße und Autobahnauffahrt. Besonders schlimm empfinden er und seine Nachbarn aus dem Wohngebiet an der Bronzeschmiede den Geräuschpegel zwischen 17 und 20 Uhr. Zu Geräuschspitzen durch laute Motorräder oder Autoposer komme es aber rund um die Uhr, so Kaupisch. Tendenz steigend.

Das lange Warten auf die Lärmschutzwand

„Im Garten zu sitzen, macht keinen Spaß, wenn wir immer wieder aufgeschreckt werden“, sagt Michael Bowe. Er lebt in seinem Elternhaus. Das Grundstück grenzt direkt an die Bundesstraße. Mit offenem Fenster zu schlafen sei nicht möglich, die Lebensqualität gehe verloren.

Der Lärm mache sie alle krank, sagen die Anwohner. Sie warten deshalb schon seit Jahrzehnten sehnsüchtig auf die Aufstellung von Lärmschutzwänden. Bereits 1999 berichtete das TAGEBLATT über den Kampf der Anwohner gegen den Lärm. Zur damals aktiven Bürgerinitiative gehörten auch Bowes Eltern. 25 Jahre später kommt Bewegung in die Sache.

Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (Geschäftsbereich Stade) plant, Lärmschutzwände im Zuge der B 73 zwischen der Thuner Straße und dem Anschluss A 26 auf einer Länge von 2240 Metern aufzustellen. So steht es im Lärmaktionsplan, den die Hansestadt Stade überarbeitet hat und der am Montagabend vom Rat beschlossen werden soll.

Mit einem Baubeginn ist laut Behörde aber frühestens ab 2028/2029 zu rechnen. Grund ist das langwierige Ausschreibungs- und Planungsverfahren. „Hoffentlich erleben wir das noch“, merken einige Anwohner sarkastisch an.

Schon 1999 berichtete das TAGEBLATT über den Kampf der Anwohner gegen Verkehrslärm.

Schon 1999 berichtete das TAGEBLATT über den Kampf der Anwohner gegen Verkehrslärm. Foto: Stehr

Der Polizei liegen laut Sprecher Rainer Bohmbach keine Anzeigen oder Beschwerden von Anwohnern der B 73 zwischen Thuner Straße und Autobahnanschluss vor. Deshalb seien in diesem Bereich noch keine gezielten Kontrollen durchgeführt worden. Auch beim Landkreis habe sich bisher noch niemand beschwert, teilt Sprecher Daniel Beneke mit.

Regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen

Es würden aber regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt. Zuletzt zwischen dem 12. und 18. September in Höhe der Abfahrt Harsefelder Straße, wo Tempo 70 gilt. Insgesamt seien 394 Messungen ausgewertet worden, 73 in Fahrtrichtung Cuxhaven und 321 in Richtung Hamburg.

Am häufigsten seien Verstöße im Verwarngeldbereich festgestellt worden. Aber es gab auch 17 Geschwindigkeitsverstöße über 100 km/h. Der Spitzenreiter raste mit 145 km/h am Blitzer vorbei. Strafe in diesem Fall: mindestens 1400 Euro Geldbuße plus Fahrverbot. Wie viele Motorräder zu schnell waren, konnte durch den Blitzer nicht ermittelt werden.

Gefühlte Lautstärke ist nicht gleich Schallstärke

Fest steht, dass der B-73-Abschnitt zwischen Thuner Straße und Harsefelder Straße zu den Lärm-Hotspots gehört: Hier wurden Lärmpegel von mehr als 55 dB(A) sowie an einzelnen Wohngebäuden von mehr als 60 dB(A) nachts berechnet.

Unter dB (A) versteht man den bewerteten Schalldruckpegel. Er bezieht sich auf die menschliche Wahrnehmung und zeigt, wie laut etwas empfunden wird, während sich dB auf die Stärke eines Schalls bezieht. Ein schreiendes Baby und ein Motorrad erreichen beide 80 bis 100 dB, aber der relative Schalldruck des Motorrads ist viel höher.

Lautstärken um 50 dB gelten als Zimmerlautstärke. Beim Rasenmähen wird ein Schallpegel zwischen 70 und 80 dB erreicht. Bei etwa 100 dB wird es unangenehm und bei rund 120 dB ist die Schmerzgrenze erreicht.

Dass die Lärmbelastung entlang der Bundesstraße 73 hoch ist, bestätigt die aktuelle Lärmkartierung. Das Gleiche gilt für B 74, L 111 und L 124. Teilweise seien durch den Einbau neuer Fahrbahnbeläge oder durch Tempo 50 im Zuge der L 124 gegenüber früheren Rechenwerten bereits Verbesserungen erzielt worden.

Bund übernimmt Kosten bei Privatpersonen

Jeder von Lärm betroffene Anwohner einer Bundesstraße kann einen formlosen Antrag auf lärmtechnische Berechnungen an den Straßenbaulastträger stellen. Bei Überschreitungen der Grenzwerte übernimmt der Bund im Einzelfall bis zu 75 Prozent der Kosten für Schalldämmmaßnahmen. „Im Garten bringen aber auch gedämmte Fenster nichts“, so Michael Bowe.

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