TBaby schwer verletzt: Mutter bricht via Facebook mit ihrem Sohn

Vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts Stade wurden in einem Fall von Misshandlung am jüngsten Verhandlungstag Plädoyers gehalten. Foto: Archiv
„Für mich gehört er ins Gefängnis“: Ein Säugling wird massiv geschüttelt und bleibt für immer behindert. Diese Strafe fordert die Stader Staatsanwältin.
Stade. Nach Abschluss der Beweisaufnahme ist im vor dem Landgericht Stade verhandelten Misshandlungsfall plädiert worden. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft forderte eine fünfjährige Haftstrafe für den Beschuldigten, nachdem sich für sie die Ausgangsvorwürfe bestätigt haben.
Demnach hat der in Stade auf der Anklagebank sitzende Kindsvater aus dem Landkreis Cuxhaven einen in seiner Obhut befindlichen zweieinhalb Monate alten Säugling „mindestens viermal“ derart massiv geschüttelt, dass der Kopf des Babys hin und her geschleudert wurde und der kleine Junge irreversible gesundheitliche Schäden davontrug. „Es ist heute schon bekannt, dass er ein Pflegefall werden wird und er all das, was man Kindern wünscht, nicht machen können wird“, führte die Anklägerin aus.
Recherchen, die der Angeklagte nach der Tat im Internet anstellte, belegen aus ihrer Sicht, dass jener sich sehr wohl der Folgen seines Handels bewusst gewesen ist. Gleichwohl habe der Beschuldigte - er ist mehrfach vorbestraft - danach gestrebt, das Geschehen herunterzuspielen und am Tattag eine mehrfach variierende, der jeweiligen Situation angepasste „Geschichte“ aufgetischt.
Überforderungssituation laut Staatsanwaltschaft nicht vorhanden
Die Hirnaktivitäten des Säuglings seien bei Eintreffen im Krankenhaus bereits stark herabgesetzt gewesen, hieß es seitens der Staatsanwältin, die bei der Strafzumessung nicht allein auf die Brutalität hinwies, mit welcher der junge Mann das schreiende Kind ruhigzustellen versucht hatte.
Sie unterstrich auch, dass im vorliegenden Fall eben keine Überforderungssituation vorgelegen habe - ein Zustand, mit dem sich anders gelagerte Misshandlungstaten nicht entschuldigen, aber erklären lassen. Hier aber habe man es keineswegs mit einem „anstrengenden“ Baby zu tun gehabt. Und ein im Umgang mit Kindern erfahrener Großvater sei nur wenige Meter entfernt im Nachbarhaus zu finden gewesen.
Landgericht Stade
T Mutter von misshandeltem Baby merkte, „dass etwas nicht stimmte“
Einer Darstellung, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt durch Kokain enthemmt gewesen und somit vermindert schuldfähig sein könnte, maß die Anklagevertreterin in ihrem Plädoyer wenig Glaubwürdigkeit bei. Zugunsten des Beschuldigten hob sie dessen Geständnis hervor - sowie den Umstand, dass der zeitweise in Lamstedt lebende Mittzwanziger selbst keine liebevolle Kindheit erfahren durfte.
Mutter des 24-Jährigen will Sohn hinter Gittern sehen
Auf die zerrütteten Verhältnisse, in denen ihr Mandant aufgewachsen ist, nahm am Freitag auch die Verteidigerin Bezug. Rechtsanwältin Katrin Bartels sprach zunächst davon, wie schwer es falle, in diesem Fall zu plädieren. „Das Tatgeschehen hat die Staatsanwaltschaft richtig dargestellt. Mein Mandant hat schwerste Schuld auf sich geladen. Er hat sein Kind behindert gemacht“, betonte Bartels.
Anstatt sich anderweitig Unterstützung zu holen, so kam die Strafrechtlerin auf den mehr als zwei Jahre zurückliegenden Tattag zu sprechen, sei der Angeklagte in einer von ihm als belastend wahrgenommenen Betreuungssituation „auf die blöde Idee gekommen“, seine eigene Mutter zu kontaktieren. Die Frau, die am jüngsten Verhandlungstag, als Zeugin gehört worden war, hat den Stab über den Angeklagten schon vor der Urteilsverkündung gebrochen. „Für mich gehört er ins Gefängnis, das hab‘ ich auch über Facebook kommuniziert“, erklärte sie am Freitag in öffentlicher Sitzung.
Landgericht Stade
T Baby schwer verletzt: Was der Vater gegoogelt hat
Verteidigerin hält statt Haft eine stationäre Therapie für geboten
Die Verteidigung wiederum sprach an, dass die Frau in jüngeren Jahren Drogen genommen und ihren heute 24-jährigen Sohn im Kleinkindalter beim als gewalttätig beschriebenen Vater zurückgelassen habe. Ergebnis solcher Umstände sei nun ein Beschuldigter, der ein hohes Bedürfnis nach Familie habe, unter Verlustängsten und mangelnder Impulskontrolle leide.
„Er macht diesen totalen Fehler, schüttelt das Kind und kann es nicht zugeben“: Was eigentlich vorgefallen war, sei - so Bartels - erst in der Hauptverhandlung herausgekommen. Die Anwältin sieht in ihrem Mandanten jemanden, der schon lange in stationäre Therapie gehört. Sie forderte, eine Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen.