TBaggersee-Mord in Buxtehude: Gerichtsmediziner berichtet von schrecklichen Details der Tatnacht

Das Bild zeigt einen der vier Angeklagten, der sein Gesicht verdeckt, zum Auftakt des Baggersee-Mordprozesses im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Stade. Foto: Thomas Sulzyc
Vor dem Landgericht Stade ist am Montag der Prozess gegen vier Männer, die wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt sind, fortgesetzt worden. Der damalige Gerichtsmediziner berichtete, wie brutal der Täter vor 22 Jahren vorgegangen ist.
Buxtehude. Seine Erkenntnisse, wie das 27 Jahre alte Opfer in der Nacht zum 11. August 2002 nahe dem Baggersee bei Buxtehude-Ovelgönne zu Tode gekommen ist, schilderte der Gerichtsmediziner Prof. Dr. Klaus Püschel (72) vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Stade. Als damaliger Leiter des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf hatte er den Leichnam im Krankenhaus in Stade obduziert.
Püschel ist ein namhafter Gerichtsmediziner. Er obduzierte den Leichnam des 1987 unter mysteriösen Umständen verstorbenen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel und untersuchte Menschen, die während der Pandemie an Corona verstorben sind. Den Mord am Buxtehuder Baggersee beschrieb der erfahrene Rechtsmediziner als einen „ungewöhnlichen Fall mit ungewöhnlichen Schussverletzungen“.
„Der Schädel war hochgradig deformiert“
Etwa ein- bis zweimal im Jahr hätten die Gerichtsmediziner seines Instituts damals Verletzungen mit Schrotmunition zu sehen bekommen, sagte Püschel im Gericht. Mit nüchternen Worten beschrieb der Mediziner die verheerenden Schussverletzungen mit Schrot, an denen der Mann nahe dem Buxtehuder Baggersee gestorben war. „Der Schädel war hochgradig deformiert. Viel Hirnbrei war ausgetreten.“ Hirngewebe entdeckten Polizeibeamte bis zu 4,20 Meter vom Fundort des Leichnams entfernt.
Klaus Püschel geht davon aus, dass der Schütze das Opfer aus nächster Nähe erschossen hat. Wahrscheinlich aus einem Abstand von einem bis drei Metern. „Die Personen haben sich im Meterbereich gegenübergestanden.“ Hinweise zur Waffe könne er nicht nennen, sagte der Gerichtsmediziner.
Landgericht Stade
T Nach fast 22 Jahren: Auftakt im Buxtehuder Baggersee-Mordprozess
Der Täter ging äußerst brutal vor
Allein die Verletzungen eines Bauchschusses seien tödlich gewesen. Die Verletzungen der inneren Organe, der hohe Blutverlust - das Opfer habe keine Überlebenschance gehabt. Wie brutal der Täter vorging, macht diese Aussage anschaulich: Der Schütze habe noch zwei zusätzliche Schüsse auf den Kopf abgegeben, um dem Mann den Rest zu geben, sagte Püschel.
Die Obduktion lieferte einige Erkenntnisse über den Mann, der erschossen wurde. Der 27-Jährige habe eine Reihe ungewöhnlicher Narben gehabt - sehr alte Narben, die nichts mit dem Geschehen am Baggersee zu tun hatten, so Püschel. Verletzungen an den Händen dagegen seien weniger als 24 Stunden alt gewesen. „Es gab eine Auseinandersetzung. Der Mann wurde angefasst oder hat selbst zugeschlagen“, interpretierte der Gerichtsmediziner die Verletzungen. Auffällig: Unter dem blauen Jogging-Anzug habe das Opfer zum Zeitpunkt der Tat keine weitere Kleidung getragen.
Das Opfer hatte Kampfspuren an den Händen
Der Mann, der erschossen wurde, sei ein „trinkgewohnter Mann“ gewesen. Die bei ihm festgestellte Verfettung der Leber deute darauf hin, dass er chronisch viel Alkohol konsumiert habe.
Der Gerichtsmediziner entdeckte im Körper des Opfers Spuren von Methadon, eine Substanz, die Süchtige zur Entwöhnung von Heroin nehmen. Zusätzlich fand er Abbauprodukte von Kokain. Die Drogen, so der Experte, habe der Mann nicht an dem Tag konsumiert, als er erschossen wurde.
Der Todeszeitpunkt lasse sich nicht eindeutig feststellen. „Ein Uhr nachts, plus oder minus zwei Stunden“, sagte Püschel.
„Das Blut am Rücken glitzerte im Scheinwerferlicht“
Der Zeuge, der den Leichnam entdeckte, meldete sich um 0.23 Uhr bei der Polizei. Der heute 65 Jahre alte Buxtehuder sei damals regelmäßig bis zu dreimal in der Woche nahe dem Baggersee spät abends joggen gewesen. Mit dem Auto sei er deshalb in dieser Nacht den Weg in Richtung Baggersee gefahren, als er eine Person regungslos am Boden liegen sah.
„Das Blut am Rücken glitzerte im Scheinwerferlicht, es muss kurz vorher geschehen sein“, schilderte der Zeuge seine Erinnerung. Er sei nicht aus dem Auto ausgestiegen. Er habe „Knackgeräusche“ im Dickicht gehört. „Da habe ich Schiss gekriegt.“ Er entschied sich, zur Bundesstraße 73 zurückzufahren und rief die Polizei.
Weitere Zeugen, die sich in dieser Nacht vor 22 Jahren am Baggersee bei Buxtehude-Ovelgönne zum Campen oder Feiern aufhielten, haben kaum noch Erinnerungen daran.
Ein heute 38 Jahre alter Mann aus Lüneburg, der damals am See mit Freunden angelte, habe am Seeufer gegenüber drei Schüsse gehört. Das soll am frühen Abend gewesen sein, schilderte er vor Gericht. „Wir dachten, es wären Jäger.“