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Landgericht

TBaggersee-Mordprozess: Anwälte fordern einen besonderen Experten

Das Foto zeigt den Angeklagten K. zum Prozessauftakt im März am Landgericht Stade. Das Gericht muss herausfinden, ob seine belastenden Aussagen auf der Wahrheit basieren oder eingebildet sind.

Das Foto zeigt den Angeklagten K. zum Prozessauftakt im März am Landgericht Stade. Das Gericht muss herausfinden, ob seine belastenden Aussagen auf der Wahrheit basieren oder eingebildet sind. Foto: Thomas Sulzyc

Basieren die Aussagen des psychisch kranken Angeklagten auf der Wahrheit oder auf wahnhafter Wahrnehmung? Das soll ein Gutachter klären - aber ein ganz besonderer.

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Von Thomas Sulzyc
Freitag, 29.11.2024, 08:00 Uhr

Buxtehude. Vor der 2. Großen Strafkammer am Landgericht Stade ist das Verfahren gegen vier Männer, die wegen gemeinschaftlichen Mordes vor 22 Jahren an einem Baggersee bei Buxtehude angeklagt sind, fortgesetzt worden. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die belastenden Aussagen des psychisch kranken Angeklagten K. auf einem tatsächlichen Erlebnis basieren - oder auf wahnhaften Vorstellungen.

Wie berichtet, hatte der Angeklagte im Laufe des Verfahrens gestanden, den damals 27 Jahre alten Valerij V. erschossen zu haben. Die anderen Angeklagten hätten nichts damit zu tun gehabt, sagte K. noch.

Nur: In einem Bekennerschreiben hatte K. zuvor die drei anderen Angeklagten beschuldigt, an der Tat beteiligt gewesen zu sein - und damit das Gerichtsverfahren nach 22 Jahren erst ausgelöst. Auch um die Glaubhaftigkeit dieser Aussagen geht es.

Mit Dr. Harald Schmidt hat das Gericht zwar einen psychiatrischen Gutachter bestellt. Die insgesamt fünf Rechtsanwälte der vier Angeklagten aber halten den Gutachter in der notwendigen Frage nicht für kompetent. „Wir brauchen einen Glaubhaftigkeitsgutachter“, sagte der Strafverteidiger Dr. Florian Melloh. Im Fachjargon heißt es aussagepsychologisches Gutachten.

„Die Bewertung von Aussagen psychisch Kranker ist meine Sache nicht“, antwortete Dr. Harald Schmidt auf die Frage nach seinen Qualifikationen. Er sagte aber auch, dass Glaubhaftigkeitsgutachten zu Angeklagten im Strafrecht eher Ausnahmen seien.

Glaubhaftigkeitsgutachten: So ist die Rechtslage

Wenn das Gericht die erforderliche Sachkunde hat, kann es selbst die Glaubhaftigkeit von Zeugen beurteilen und einen Antrag auf Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens ablehnen.

Die Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens gilt aber immer dann als notwendig, wenn ein Zeuge Besonderheiten aufweist. Das sei laut Bundesgerichtshof bei einer psychischen Krankheit der Fall.

Die Frage, ob die 2. Große Strafkammer einen Glaubhaftigkeitsgutachter hinzuzieht, ließ der Vorsitzende Richter Dr. Julien Zazoff offen. Der Verhandlungstag endete früher als vorgesehen nach knapp zwei Stunden, weil einer der Rechtsanwälte sich wegen Grippe und Fiebers nicht mehr in der Lage sah, dem Verfahren zu folgen.

Prozess dauert bis ins nächste Jahr

Ein Ende des Baggersee-Mordprozesses deutet sich nicht an. Vier zusätzliche Termine im Januar 2025 hat die 2. Große Strafkammer angesetzt. Die Staatsanwaltschaft regt noch weitere Termine an. Begonnen hatte das Verfahren im März.

Der Baggersee-Mordprozess wird am Montag, 4. Dezember, 9.15 Uhr, fortgesetzt.

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