THandwerk mit Wow-Effekt: Bei Hölting baut Maschine ganze Hauswände

Die Geschäftsführung vor der Multifunktionsbrücke: Dirk und Mirja Holthusen setzen in ihrem Betrieb, der Firma Hölting, auf innovative Maschinen - vor allem aber auf ihre Mitarbeiter. Foto: Klempow
In der Halle in Burweg steht ein technisches Wunderwerk, das auf den Millimeter genau nagelt, sägt und fräst. Aber Innovation ist für die Geschäftsführer von Hölting mehr als nur Technik.
Burweg/Stade. Die Innovationstour führt an diesem Vormittag eine Delegation nach Burweg. Die Gäste kommen aus dem Landtag, vom Wirtschaftsministerium in Hannover, von der Wirtschaftsförderung und der Handwerkskammer.
Innovation - für Dirk Holthusen, Geschäftsführer und Inhaber des Handwerksbetriebs Hölting in Burweg - steckt viel mehr hinter dem Begriff als neue Technik: „Es geht um einen Prozess, um kleine Schritte, neue Wege, um ein Produkt wachsen zu lassen. Innovation ist für uns auch der Umgang mit Mitarbeitern und die Frage, wie wir mit unterschiedlichen Köpfen umgehen - Innovation im sozialen Bereich gehört dazu.“
Projektmanagerin kümmert sich
Eine enorme Aufgabe, die besondere Aufmerksamkeit braucht: Christiana Meyer ist deshalb Projekt- und Changemanagerin bei Hölting. Sie ist als Tischlerin vom Fach und kümmert sich um alles, was mit neuer Technik, neuen Arbeitsabläufen zu tun hat. Was es Neues auf dem Markt gibt - genauso aber, was die Kolleginnen und Kollegen als Anregungen von den Baustellen mitbringen.

Christiana Meyer ist in der Firma Hölting für Projekt- und Changemanagement zuständig. Foto: Klempow
Dieses Mitarbeiter-Team aus 70 Köpfen ist der wichtigste Auslöser für Innovationen. Dirk und Mirja Holthusen wissen, dass ihr Unternehmen nur mit einem guten Team so gut funktioniert. Sie bilden viel aus, rücken ihre Azubis in den Mittelpunkt. Tutoren stehen ihnen zur Seite, für die fachliche Ausbildung und die menschlichen Sorgen. Und das Unternehmen bietet eine langfristige Perspektive. Das scheint gut zu klappen: 42 Prozent der Kolleginnen und Kollegen sind seit mindestens zehn Jahren an Bord.
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Maschine baut Dachstuhl-Elemente
Der Traditionsbetrieb mit Bautischlerei, Zimmerei und Dachdeckerei ist gewachsen, in den vergangenen 40 Jahren rasant. Die jüngste Maschine steht in der großen Fertigungshalle. Eine Multifunktionsbrücke. Das technische Wunderwerk baut ganze Häuserwände, samt Schalung und Dämmung. Sie sägt Fensteröffnungen aus und nagelt Platten an. Sie hat sogar Dachlatten an Bord und baut Dachstuhl-Elemente. Ihre Effizienz ist gewollt - aus einem überraschenden Grund.

Im CNC-Bearbeitungszentrum der Firma Hölting: Hier werden Türen, Fenster und Treppen gefertigt. Die computergestütze Maschine fräst präzise die vorgegebenen Formen. Foto: Klempow
„Alles, was wir hier, im Trockenen vorfertigen können, erleichtert die Arbeit auf der Baustelle“, sagt Holthusen. Das Wetter ist nicht planbar. Das ist in der Halle anders. Und: „Ich will nicht, dass meine Leute noch schleppen müssen. Sie sollen rückenschonend arbeiten können“, sagt Holthusen. Die schweren Lasten trägt deshalb beim Hausbau nur noch der Kran. In zwei Tagen ist eines dieser Häuser aus vorgefertigten Wänden und Dachelementen aufgestellt.
Arbeitsablauf an neue Technik angepasst
Gefördert wurde das Projekt von der N-Bank. „Die Innovation bestand darin, den jahrhundertelang bestehenden Arbeitsablauf anzupassen“, schildert Christiana Meyer. Nicht nur an die technischen Möglichkeiten, sondern auch an die Anforderungen der Mitarbeiter und des Arbeitsschutzes.

Die Multifunktionsbrücke fährt über das Material auf dem Fertigungstisch, nagelt die Platten auf die Balken darunter, sägt Fensteröffnungen aus und glättet Konturen. Foto: Klempow
Nun fährt also die Multifunktionsbrücke durch die Halle, sägt, nagelt und fräst passgenaue Haus-Bauteile, die vom Kran auf den Lkw verladen werden. „Neben der Umstellung von Hand auf Maschine musste zur Entwicklung und Umsetzung eines wirtschaftlichen Fertigungsprozesses der gesamte bisherige Prozess untersucht, angepasst und neu entwickelt werden“, sagt Christiana Meyer. Das galt auch für die Bereiche Gebäude, Mitarbeiter, Software und Daten oder Vertrieb und Marketing - ein großes Paket und ein weiterer Schritt, um den Betrieb flexibel und breit aufzustellen.
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„Ich möchte Know-how im Betrieb halten“, so Holthusen. Im CNC-Bearbeitungszentrum werden Fenster- und Türen und Treppen gefertigt, aber die Tischlerinnen und Tischler arbeiten auch alte, denkmalgeschützte Fenster und Türen wieder auf.
Altes Handwerk noch heute sinnvoll
Er investiere, „damit die draußen es leichter haben“, sagt Holthusen. Mehr Zeit nimmt auch die passgenaue Bearbeitung von Balken durch die computergesteuerte Abbundmaschine in Anspruch, wenn eine aufwändige Schwalbenschwanzverbindung ins Holz gefräst wird. Der Vorteil zeigt sich später auf der Baustelle: Durch die Steckverbindung bleibt die Last nicht lange bei den Zimmerern. Müsste stattdessen ein Winkel geschraubt werden, dauert das und muss auf der Baustelle geschultert werden.
Bahnbrechende Ideen hätten nichts mit der Größe eines Betriebes zu tun, kommentierte Heidi Klutz, Vizepräsidentin der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade.
Holthusen gab der Delegation seinerseits Anregungen mit auf den Weg: Handwerk brauche eine Förderlandschaft und eine enge Begleitung, um sich weiter zu entwickeln. Mit Blick auf die staatliche Unterstützung von Industriebetrieben wünschte er sich auch für das Handwerk entsprechende Strukturen, sollte die konjunkturelle Lage kippen. Er verwies auf die Probleme durch die Sanierung von gleich zwei Ortsdurchfahrten (B73 in Düdenbüttel und Himmelpforten) und auf die ausufernde Bürokratie zum Beispiel bei Bauanträgen.