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Buxtehude

TBespuckt und beschimpft: Nanouk Altmann berichtet von schockierendem Rassismus

Demonstration gegen Rassismus: Affenlaute gehören für Schwarze zum Alltag

Demonstration gegen Rassismus: Affenlaute gehören für Schwarze zum Alltag Foto: Antonio Calanni/AP/dpa

Was Nanouk Altmann aufgrund ihrer schwarzen Hautfarbe erlebt, klingt unglaublich - und ist doch wahr. Sie sprach auf Einladung der Buxtehuder Omas gegen Rechts über ihre Erfahrungen mit Rassismus. Ein Vortrag, der schockierte.

Von Franziska Felsch Samstag, 16.03.2024, 13:50 Uhr

Buxtehude. „Das ist einfach abscheulich“, entfährt es 40 Besuchern immer wieder bei Nanouk Altmanns Vortrag „Der antirassistische Kampf ist ein Marathon, kein Sprint“. Die junge Referentin spannt am Donnerstagabend in der Buxtehuder Malerschule einen Bogen von den historischen Wurzeln bis hin zu persönlichen Beispielen aus dem Alltag. Rassismus habe eine lange Tradition, sagt die Jurastudentin.

Anerkannte, hochrangige Wissenschaftler stellten in früheren Zeiten fragwürdige Theorien auf, die niemand ernsthaft hinterfragte und die sich teilweise bis heute hartnäckig hielten. Bei den vier Stufen, in die Wissenschaftler die Menschen früher einteilten, gehörten die Schwarzen zur untersten Kategorie. Vorurteile wie dumm und faul habe sie selbst des Öfteren gehört, berichtet Nanouk Altmann.

Diskriminierende Behandlung im Krankenhaus

Dass Schwarze eine besonders dicke Haut hätten und weniger schmerzempfindlich seien, sei eine weitere dieser abstrusen Behauptungen. „Ich kann Ihnen ganz klar versichern, dass das nicht so ist, schön wär’s“, sagte die 21-Jährige und spielte damit auf einen Vorfall in der Uniklinik in Hamburg an.

Ein Pfleger habe ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass man Schwarzen nicht gerne Blut abnehme. Wie zum Beweis stocherte er in ihrem Arm herum und entschuldigte sich damit, dass bei ihresgleichen die Venen schwer zu finden seien. „Ich hatte wegen meiner Blinddarmbeschwerden keine Kapazitäten, mich zu wehren und ließ alles geschehen“, schildert Nanouk Altmann die Geschichte. In Arztpraxen, in der Schule und in der Fakultät war und ist sie Diskriminierungen ausgesetzt, erzählt sie.

Das N-Wort oder die Frage, woher sie denn stamme, gehöre zu ihrem Alltag. Wenn sie dann Hamburg sagt, geben sich viele nicht mit der Antwort zufrieden. Je nachdem, wie sie selbst drauf sei, treibe sie das Ping-Pong-Spiel weiter. Wenn der Fragende dann immer noch nicht verstanden habe, hole sie zum letzten Schlag aus: „Aus der Vagina meiner Mutter.“

„Du Negerschlampe kommst hier nicht rein“

Derartige Konfrontationen gehörten noch zu den harmloseren Varianten. Anspucken, meistens von Männern, aber auch von Frauen, Affenlaute in ihrer Gegenwart, das Wechseln der Straßenseite oder Sprüche wie jüngst in einer Hamburger U-Bahn („Du Negerschlampe kommst hier nicht rein“) machen ihr dagegen schwer zu schaffen. Auch weil alle immer wegschauen. Vorfälle wie diese, die nicht nur ihr passieren, führen zu Ausreise-Gedanken. „Aber wohin, denn nicht nur in Deutschland nehmen wir einen enormen Rechtsruck wahr“, sagt sie.

Unverständlich ist ihr auch, dass Verbrechen an der schwarzen Bevölkerung während der Kolonialzeit in Afrika kleingeredet werden. So wie Robert Kochs Medikamentenversuche, infolge derer viele erkrankten oder starben. Sie erwähnt die medizinischen Versuche, die Versklavung von Erwachsenen und Kindern, die ihren Eltern entrissen wurden, um als „Kammermöhren“ in Europa zu arbeiten, oder Carl Hagenbecks Völkerschauen, in denen Afrikaner bestaunt und begrapscht werden durften. Weniger bekannt seien die Gräueltaten der Nazis an den Schwarzen, von Zwangssterilisation bis hin zur Verschleppung in die Konzentrationslager; geschätzte Opferzahl: 2000.

Omas gegen Rechts engagieren sich gegen Rassismus.

Omas gegen Rechts engagieren sich gegen Rassismus. Foto: Franziska Felsch

„Was können wir tun, damit sich endlich was ändert?“, fragt Dorte Stürmer-Brauer von der Buxtehuder Gruppe Omas gegen Rechts am Ende der rund zweistündigen Veranstaltung. „Zuhören, lesen, sich informieren und - falls es die Situation zulässt - andere darauf hinweisen, dass ihr Verhalten rassistisch ist“, antwortet Nanouk Altmann. „Ich weiß, das braucht Zeit“, fügt sie hinzu. Ganz nach dem Motto ihres Vortrags: „Der antirassistische Kampf ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Demonstration gegen Rassismus: Affenlaute gehören für Schwarze zum Alltag

Demonstration gegen Rassismus: Affenlaute gehören für Schwarze zum Alltag Foto: Antonio Calanni/AP/dpa

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