Zähl Pixel
E-Mobilität

TBilanz: Dorfstromer boomt – Zwei Horneburger Gemeinden schwächeln

Mit wenigen Klicks können Kunden den Dorfstromer für eine Ausfahrt buchen.

Mit wenigen Klicks können Kunden den Dorfstromer für eine Ausfahrt buchen. Foto: Bisping

Immer mehr Menschen teilen sich ein Auto. Seit vergangenem Jahr stehen auch Dorfstromer in Nottensdorf und Dollern - doch kaum jemand nutzt sie. Woran liegt das?

author
Von Steffen Buchmann
Donnerstag, 10.10.2024, 17:32 Uhr

Dollern. Carsharing liegt im Trend. Anfang 2024 waren in Deutschland mehr als 5,5 Millionen Menschen bei einem Carsharing-Anbieter registriert, die Anzahl der Fahrzeuge stieg bundesweit auf über 43.000. Auch im Landkreis Stade und Umland finden immer mehr Menschen Geschmack daran, den Zweitwagen gegen ein geteiltes Leihfahrzeug zu tauschen - das zeigt der Erfolg des Dorfstromer-Projekts aus dem Alten Land.

„Wir wollten anfangs nur drei bis vier Autos etablieren“, sagt Dorfstromer-Vorsitzender Edgar Schmidt. War die Resonanz zum ehrenamtlichen Projektstart 2019 noch mäßig, hat sich das Carsharing-Modell inzwischen fest im Alltag vieler Autofahrer verankert. Mittlerweile seien 30 Fahrzeuge in Niedersachsen und Hamburg in Betrieb, mit über 1000 registrierten Mitgliedern. „Wir stehen kurz davor, die eine Million gefahrene Kilometer zu knacken - und das CO₂-frei“, sagt Schmidt stolz.

Horneburg gut gebucht, Nottensdorf und Dollern mit Anlaufproblemen

Doch wer nutzt die Fahrzeuge überwiegend? „Bei uns sind viele Senioren registriert“, sagt Edgar Schmidt. Den Löwenanteil machen jedoch Menschen zwischen 40 und 50 Jahren aus. „Viele haben inzwischen sogar ihren Zweitwagen abgegeben“, sagt der Vorsitzende. Das sei ein wichtiger Schritt, da viele Menschen auf dem Land noch auf eigene Autos angewiesen seien.

Der Dorfstromer hat nahe der Feuerwache in Nottensdorf seinen Platz gefunden.

Der Dorfstromer hat nahe der Feuerwache in Nottensdorf seinen Platz gefunden. Foto: Bisping

In der Samtgemeinde Horneburg sind mittlerweile drei Dorfstromer im Einsatz. Der Flecken Horneburg ist seit 2019 Vertragspartner, vergangenes Jahr folgten Nottensdorf und zuletzt Dollern. Doch während Horneburg es bei knapp 50 Nutzern monatlich auf etwa 55 Buchungen schafft, hinken die beiden anderen Gemeinden noch hinterher.

„In Dollern und Nottensdorf haben wir jeweils 22 registrierte Nutzer“, sagt Edgar Schmidt. Die Zahl sei seit Monaten nahezu konstant. Gerade mal auf etwa 15 Buchungen bringen es die beiden Gemeinden jeweils im Monat. „Hier ist noch Luft nach oben“, sagt Schmidt.

Gemeinden müssen Differenz für Leasingfahrzeuge selbst zahlen

Auch Nottensdorfs Bürgermeister Hartmut Huber (CDU) sieht bei der Carsharing-Nutzung in seiner Gemeinde noch Potenzial. „Wir wollen werbetechnisch noch mal nachlegen“, sagt Huber dem TAGEBLATT. Ein wichtiger Schritt sei es gewesen, den Dorfstromer zentraler in der Gemeinde zu präsentieren. War die Abholstation zuvor am Dorfgemeinschaftshaus angesiedelt, steht das E-Auto inzwischen nahe der Feuerwache.

Edgar Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Dorfstromer, bereitet die Helfersituation Sorgen (Archivbild).

Edgar Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Dorfstromer, bereitet die Helfersituation Sorgen (Archivbild). Foto: Battmer

„Viele Nottensdorfer haben noch Zweit- oder sogar Drittwagen, die sie nutzen“, sagt Huber. Für diese Menschen habe die Flexibilität im Individualverkehr nach wie vor einen hohen Stellenwert. Für die Bereitstellung tritt die Gemeinde zunächst in Vorkasse. Idealerweise entwickeln sich die Nutzerzahlen so, dass die Nutzerentgelte die Bereitstellungsgebühr decken. Danach sieht es derzeit nicht aus. „Wir müssen monatlich etwa 300 bis 400 Euro zuschießen“, sagt Huber. Der Vertrag mit dem Verein ist auf drei Jahre befristet. Man werde schauen, wie es sich entwickelt, sagt Huber. Falls es sich nicht bessere, müsse man über ein Ende des Dorfstromer-Experiments beraten.

Fehlende Helfer drosseln weitere Expansion

Der Dorfstromer-Verein hat sich über die Jahre prächtig entwickelt. „Vieles läuft inzwischen automatisiert, etwa die Buchungen einfach per App“, sagt Edgar Schmidt. Den Verein erreichen mittlerweile Anfragen aus ganz Deutschland. Auch Bauträger treten an den Verein heran, um Neubaugebiete mit Carsharing-Plätzen auszustatten. Doch der Verein stoße aktuell an seine Grenzen. Der Grund: zu wenige Helfer.

„Mir bereitet es Sorgen, ob wir auf lange Sicht die Arbeit weiterhin stemmen können“, sagt der Vereinsvorsitzende. Sie seien daher immer auf der Suche nach ehrenamtlichen Helfern. Der Verein beschäftige inzwischen eine Buchhalterin auf Minijob-Basis, um dem Arbeitsaufwand gerecht zu werden - zumal der Verein keine Gewinne erzielen darf.

Weitere Artikel