TBis zum Knie im Schlick: Krautsands langes Warten auf den Sand

Die Abbruchkante am Krautsander Strand ist manchmal bis zu einen Meter hoch. Foto: Petra von Allwörden
Die vertiefte Elbe frisst an der Krautsander Uferkante. Aus der Strandaufspülung wurde in diesem Jahr nichts - angeblich wegen Missverständnissen. Jetzt gibt es eine gute Nachricht.
Krautsand. Auf dem Strandabschnitt östlich des Krautsander Anlegers klafft eine scharfe Abbruchkante. Einige Hundert Meter weiter elbabwärts, in Höhe Hof Dralle, nagen die Wellen bei Hochwasser bereits an der Baumgrenze des ökologisch wertvollen Mini-Tide-Auwäldchens. Der Strand selbst ist, beschleunigt durch die Elbvertiefung, zunehmend verschlickt. Badegäste stecken bei Niedrigwasser bis zu den Knien im Schlamm.
Seit Jahren warten die Krautsander auf eine Ufervorspülung, bei der der Strand ein bis eineinhalb Meter mit Sand aufgespült wird. Zuletzt gab es hier eine Vorspülung im Jahr 2004, in der Regel hält eine Aufspülung zwischen 10 bis 20 Jahre vor. Im Sommer 2022 hat das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Elbe-Nordsee bereits die Elbufer bei Grauerort und Bassenfleth auf einer Länge von rund 2,8 Kilometern mit rund 540.000 Kubikmetern Sand aufgespült. Dieses Jahr sollte eigentlich Krautsand dran sein.
Kommunikationsproblem zwischen WSA und Verband
Davon gingen zumindest der Deichverband Kehdingen und die Gemeinde Drochtersen aus, bis sich im März dieses Jahres herausstellte, dass das WSA Krautsand nicht auf der To-do-Liste hatte. Von Missverständnissen und Kommunikationsproblemen war die Rede. Laut WSA hatte der Deichverband keinen Bedarf für eine Ufervorspülung angemeldet. Der Deichverband behauptete, das habe er sehr wohl.
Allerdings könne der Deichverband erst wirklich aktiv werden, wenn die Deichsicherheit in Gefahr sei - und das sei auf Krautsand nicht der Fall, so Oberdeichgraf Albert Boehlke. Unabhängig davon bestehe der Vertrag mit dem WSA, das sich verpflichtet habe, die Einhaltung der Uferlinie von 2009 zu sichern. Und diese Linie hat sich in den vergangenen Jahren unbestritten verschoben.
Nach Ortsbegehungen im Sommer folgte nun die gute Nachricht in Sachen Strandaufspülung Krautsand: „Wir haben das Geld angemeldet“, sagt Jörg Fräßdorf vom WSA. Zunächst mal mit einem Schätzwert - sicher sei nur, dass eine Ufervorspülung Millionen koste. Die bei Bassenfleth und Grauerort kostete 2022 insgesamt 6,8 Millionen Euro.
Das Vorhaben auf Krautsand werde ähnlich wie in Bassenfleth vonstattengehen. Das Ziel war dort, einen auf das Mittelwasser bezogenen hochwasserfreien Strandstreifen von mindestens 20 bis 30 Metern zu schaffen. Zunächst müsse der Bereich erst einmal vermessen werden. Dann könne es im kommenden Jahr losgehen - „außerhalb der Sturmflutsaison, idealerweise im Sommer“, sagt Fräßdorf.
Aufspülung im Sommer als touristischer Hingucker
In der Regel werde ein Abschnitt gesperrt, während im anderen gearbeitet werde. Die Spülarbeiten seien erfahrungsgemäß für Touristen und Einheimische ein Hingucker, erzählt Fräßdorf: Viele ständen hinter der Absperrung, um die Arbeiten zu beobachten.
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Mit der Ausführung werde ein externes Unternehmen beauftragt. „Wir brauchen ein bis zwei Kilometer Rohrleitungen.“ Die Rohre hätten einen Meter Durchmesser, es handele sich um Schwimmleitungen, da von Seeseite aus aufgespült werden soll. Die Rohrleitungen „muss man aus ganz Europa holen“, sagt Fräßdorf, da die spezialisierten Unternehmen global unterwegs seien.
Als Nebeneffekt des Sandauftrags wird erwartet, dass der Strand nicht mehr so schlickig sein wird wie bisher. Durch den Druck des Sands werde der darunter liegende Boden zusammengedrückt und verfestigt, ein Teil der Nässe werde gegebenenfalls auch Richtung Elbe verdrängt, erläutert Fräßdorf.
Die Aufspülung sei „auch aus Naturschutzsicht auf jeden Fall zu begrüßen“, sagt Beatrice Claus, Leiterin des laufenden Naturschutz-Großprojekts der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) auf Krautsand. Dadurch würden der Uferbereich vor Erosion geschützt, Uferabbrüche und Erosionsprozesse verlangsamt. Sie hoffe sehr, dass die Ufervorspülung auch im Bereich des Tide-Auwalds in Höhe Hof Dralle (nach dem Hundestrand) erfolge, wo das Wasser bereits Baumwurzeln freispült.
Eine ökologische Rarität im Mini-Format
Dort standen früher Pappeln, die später eingegangen sind oder abgeholzt wurden. In zweiter Reihe hätten sich Eschen, Schwarzerlen und Silberweiden angesiedelt. Bei diesem lediglich 0,6 Hektar großen Wäldchen handele es sich um einen kleinen Tide-Hartholz-Auwald, der temporär überschwemmt wird: Ein Lebensraum, den es so fast nicht mehr gibt. Auwälder, die früher die Flussufer säumten, stehen heute auf der Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen und gelten als bedroht von der vollständigen Vernichtung. Insbesondere Hartholz-Tide-Auwäldchen gelten als sehr selten. Der Mini-Auwald auf Krautsand ist beliebt bei Fledermäusen und bietet Insekten und Schmetterlingen Lebensraum.
Oberdeichgraf Albert Boehlke hofft, dass die Krautsander Ufervorspülung nun auch wirklich 2025 erfolgt. „Wir warten darauf.“ Er ist skeptisch: „Ich glaub‘ es, wenn es kommt.“

Beim kleinen Tide-Auwald werden bei Hochwasser bereits Baumwurzeln freigespült. Foto: Knappe