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Kulturerbe

TBliedersdorfer schenken sich eine Brauerei zum Geburtstag

Jens Wilke und Rainer Kröger im Gespräch vor der Durchfahrtsscheune (von links).

Jens Wilke und Rainer Kröger im Gespräch vor der Durchfahrtsscheune (von links). Foto: Vasel

Was mit einem Backhaus begann, ist heute ein Museumsdorf. Nun feiert der Verein Bäuerliches Hauswesen Bliedersdorf Jubiläum. Mit konkreten Plänen wollen sie neue Leute anlocken.

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Von Björn Vasel
Freitag, 28.02.2025, 15:09 Uhr

Bliedersdorf. Der Horneburger Architekt Jens Wilke hatte das denkmalgeschützte Wohnhaus des Ehepaares Kröger von 1821 am Kirchweg 2 in Bliedersdorf saniert. „Damit war mein Faible für alte Bauernhäuser geweckt“, sagt Wilke. Er und Rainer Kröger und hätten sich nach Abschluss des Projekts gefragt: „Was machen wir jetzt?“ Damit war nach der Jahrtausendwende der Grundstein des Museumsdorfes des Bäuerlichen Hauswesens „gedanklich gelegt“.

Vor genau 25 Jahren gründeten 13 Mitglieder schließlich den Verein Bäuerliches Hauswesen Bliedersdorf. Sie alle einte und eint ein großes Ziel: Mit einem Museumsdorf das bäuerliche Kulturerbe für die späteren Generationen erhalten und erlebbar zu machen sowie das kulturelle Leben auf dem Lande bereichern.

Blick auf das Backhaus: Es ist die Keimzelle des Bäuerlichen Hauswesens.

Blick auf das Backhaus: Es ist die Keimzelle des Bäuerlichen Hauswesens. Foto: Vasel

Mittlerweile werden die Gründer von 280 Mitgliedern unterstützt. Nach dem Start fiel ihnen das 150 Jahre alte, verfallene Backhaus vom Hof Tamcke in Dollern ins Auge. Peter Ahrens vom Heimatverein Horneburg gab damals den Tipp. Im Sommer 2001 konnte der Grundstein an der Dohrenstraße gelegt werden. Im Sommer 2002 waren die Restaurationsarbeiten abgeschlossen.

„Dieses kleine Backhaus wurde zur Keimzelle unseres Vereins“, sagt der Erste Vorsitzende Rainer Kröger. Die Gemeinde Bliedersdorf habe sie früh unterstützt und das Grundstück im Hochzeitswald zur Verfügung gestellt, später konnte der Verein eine weitere Fläche erwerben.

Scheunen-Brauerei als Geburtstagsgeschenk

25 Jahre nach der Gründung haben die Gründer noch einiges vor. Das Projekt Generationenwechsel läuft. Jens Ott als Schriftwart und Tom Neumann als Kassenwart komplettieren den Vorstand. Im Jubiläumsjahr machen sich die Hüter des bäuerlichen Kulturerbes selbst ein großes Geschenk: Auf einem 1680 Quadratmeter großen Grundstück wird eine 200 Jahre alte Durchfahrtsscheune aus dem Bremischen wieder errichtet.

Der Pachtvertrag ist unter Dach und Fach, der Förderantrag beim Amt für regionale Landesentwicklung gestellt. Im zweiten Quartal 2025 wird mit der Bewilligung der Mittel im Zuge der Dorfentwicklung durch das Land Niedersachsen gerechnet. Dann soll der Aufbau starten.

Die in Einzelteile zerlegte hartgedeckte Durchfahrtsscheune aus Reckum verfügt über gegenüberliegende Tore, so dass die Erntewagen hindurchfahren konnten. Dieser Bautyp setzte sich in der Marsch und auf der Geest mit dem Beginn der Kleinen Eiszeit ab dem 15./16. Jahrhundert durch.

Zuvor waren die zu allen Seiten offenen Rutenberge (Erntestapelbauten) vorherrschend. Der Großteil der Fachwerkgefache werde ausgemauert, 30 Prozent der Gefache mit Lehm und Geflecht aus Holzlatten und eingeflochtenen Weidenästen verschlossen.

„Wir legen großen Wert auf Authentizität“, sagt Wilke. Er und Kröger engagieren sich auch im Netzwerk der deutschlandweit aktiven Interessengemeinschaft Bauernhaus. Das Translozieren bewahre das bäuerliche Erbe.

Blick auf das Niederdeutsche Hallenhaus von 1635.

Blick auf das Niederdeutsche Hallenhaus von 1635. Foto: Vasel

In der Scheune wird eine nicht kommerzielle Klein-Brauerei untergebracht. Der Verein wolle Handwerkskunst, ähnlich wie in der Sägerei und der Schmiede, lebendig halten. Ein Brauerei-Team hat sich bereits gefunden.

Auch mit dem Projekt Urban Gardening - kleine Flächen für Gemüse und Obst - wollen sie junge Familien für das Museumsdorf begeistern. Ein Spielplatz ist geplant. „Unsere Hoffnung ist, dass sich Jüngere einbringen“, sagt Kröger.

Ohne den engagierten ehrenamtlichen Einsatz vieler Vereinsmitglieder laufe nichts. Unterstützung kam von Firmen wie der Zimmerei Heins. Die Jugendbauhütte Stade half. Fördermittel, Veranstaltungen und Spenden sichern den Erhalt des Museumsdorfes.

Imposantes Hallenhaus aus dem Dreißigjährigen Krieg

Größtes Gebäude des Ensembles ist das imposante Hallenhaus von 1635 - erbaut mitten im Dreißigjährigen Krieg. „Einmalig ist die Tatsache, dass ein Kleinbauernhaus eine so lange Zeit überleben konnte - ein Schicksal, das sonst für prachtvolle bäuerliche Großbauten reserviert ist“, sagt der bekannte Hausforscher Dr. Wolfgang Dörfler.

Die Obrigkeit habe den Bauern damals das Schlagen ordentlicher Baumstämme verboten. Deshalb sehen Ständer- und Ankerbalken des Ur-Hauses, 1747/1779 erweitert, so krummwüchsig aus. Im Holznagel hatten sie eine Kleinanzeige entdeckt, für 1000 Euro haben sie das Niederdeutsche Hallenhaus aus Hagen-Börsten erworben. Seit 2014 steht es.

Diese Gebäude gehören zum Museumsdorf

Zum Museumsdorf gehören neun Gebäude und der Dorfbrunnen. Neben Backhaus und Hallenhaus komplettieren der Schafstall von 1780 aus Helmste (2004), die Durchfahrtsscheune von 1760 aus Freetz (2009), die Schmiede von 1890 aus Rahmstorf (2009), der Feldsteinkeller von 1826 aus Hedendorf (2017), eine Remise aus historischen Materialien (2018), das Eingattersägewerk von 1926 aus Himmelpforten (2019) und das Waschhaus von 1900 aus Hohenfelde (2020) die Sammlung.

Gefeiert wird das Jubiläum mit einem Volksfest am 30. August. Die Saison startet am Sonntag, 6. April, 10 bis 17 Uhr, mit dem Pflanzen- und Handwerkermarkt. Ein Markt mit den Lettgallen legte auch den Grundstein der Partnerschaft der Samtgemeinde Horneburg und Ludza Novads in Lettland im vergangenen Jahr. Mehr Infos: www.bhbev.de

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