TBoxhieb und Todesangst: 87-Jähriger spricht über brutalen Raub

Symbolbild Foto: dpa
Im Prozess um den Raubüberfall auf ein altes Ehepaar in Hagen offenbart sich das ganze Ausmaß des brutalen Verbrechens. Der 87-jährige Überfallene schilderte viele Details der Tat.
Stade/Hagen. Der Ehefrau blieb diese aufwühlende Prozedur erspart. Die Eheleute haben den Überfall ganz unterschiedlich überstanden.
Selbstbewusst und durchaus mutig trug der 87-Jährige sachlich und detailreich seine Aussage vor der vierten Großen Strafkammer des Landgerichts Stade vor. Fast zwei Stunden stand er der Vorsitzenden, Richterin Reinecker, und den Anwälten der aus Osteuropa stammenden Angeklagten Rede und Antwort.
Die ganze Zeit über hatte er die vier Männer direkt vor sich sitzen, die ihn und seine Frau in der Nacht des 4. Dezember 2024 überfallen und ausgeraubt haben.
Täter unterstreichen Forderungen mit Gewalt
Mit einem Lichtschein, den der 87-Jährige durch das Schlafzimmerfenster im Garten wahrgenommen hatte, begannen die Ereignisse, die das Leben der Opfer aus der Bahn warfen. Die komplett vermummten Männer nahmen das Ehepaar in ihre Gewalt, schlugen die Frau und hielten ihr Mund und Nase zu, während einer der Täter dem Mann den Arm auf den Rücken drehte. Wo der Tresor sei, wo das Geld und wo der Schmuck, fragten sie mehrfach. Dass es im Haus keinen Tresor gibt, wollten die Täter nicht einsehen.
Ihre Suche nach Beute unterstrichen die Täter durch eindeutige Gesten, sagte der 87-Jährige. Der Ehefrau wurde ein Brotmesser entgegengehalten, Sägebewegungen konnten nur als Bedrohung des Lebens empfunden werden. Auch ihm sei ein Messer vor die Nase gehalten worden, sagte der 87-Jährige. Dann hätten ihn die Täter „wie einen Ziegenbock“ durchs Haus gezogen. Das sei menschenverachtend gewesen.
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Boxhieb ins Gesicht mit schweren Folgen
Im Obergeschoss des Hauses stießen die Täter auf eine Münzsammlung, die sie in einem Rucksack verstauten, bis dahin hatten sie nur gut 20 Euro Bargeld erbeutet. Kurz bevor die Räuber abzogen, erhielt der 87-Jährige einen folgenschweren Boxhieb ins Gesicht.
Der sei ohne Ankündigung wie aus heiterem Himmel gekommen. Noch heute, ein halbes Jahr nach der Tat, versuchen Spezialärzte, ihm einen Teil des verloren gegangenen Augenlichts zurückzubringen. Dazu steht Anfang Juli die vierte Operation an.
Ruhig und gefasst wirkte der 87-Jährige, als er seine Aussage machte. Seine Schilderungen waren sachlich, ohne Vorwürfe an die Täter. Dass seiner Frau und ihm auch mit einer Schreckschusspistole gedroht wurde - der Frau wurde die Waffe sogar an die Schläfe gehalten, hieß es - berichtete er erst auf Nachfrage.
Auch der Zustand der Ehefrau kam zur Sprache. Sie werde von Albträumen geplagt, schrecke nachts auf, weil sie jemanden sehe. Gerade jetzt, wo der Prozess laufe, werde sie besonders geplagt. In den Zeugenstand wird sie aber nicht geladen, weil sie aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen kann und daher auch nicht muss.
Opfer steht Entschuldigung skeptisch gegenüber
Die vier Täter, die noch in derselben Nacht gefasst wurden, haben Geständnisse abgelegt. Auch das macht es leichter, auf die Ehefrau als Zeugin zu verzichten. Die Verteidiger kehren immer wieder die positiven Seiten ihrer Mandanten, die alle in Haft sind, hervor. Sie hätten Familie, standen bis zur Tat in Arbeitsverhältnissen, und sie würden sich auch erneut entschuldigen. Dass Schadensersatzansprüche sofort anerkannt würden, sei klare Sache.
Einer Entschuldigung steht der 87-Jährige skeptisch gegenüber. Mit sportlicher Fairness habe er sein Leben lang zu tun gehabt, sagt er. Aber was soll hier entschuldigt werden, fragt er in den Gerichtssaal. Die Schläge oder dass er durchs eigene Haus wie ein Ziegenbock geführt wurde? – Oder gehe es nur um eine mildere Strafe?