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Kultur

TChristoph Maria Herbst und Moritz Netenjakob: Wo das Duo im Stadeum enttäuschte

Autor Moritz Netenjakob und TV-Komiker Christoph Maria Herbst kennen sich bereits aus alten Fernsehtagen.

Autor Moritz Netenjakob und TV-Komiker Christoph Maria Herbst kennen sich bereits aus alten Fernsehtagen. Foto: Buchmann

Ein Autor, ein Schauspieler, ein Tisch: Diese drei Zutaten reichten aus, um am Dienstag die Menschen im Stadeum zum Lachen zu bringen. Doch das Duo arbeitet mehr neben- als miteinander.

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Von Steffen Buchmann
Mittwoch, 19.11.2025, 13:36 Uhr

Stade. „Ich sitze hier, weil es mir Spaß macht“: Dass Christoph Maria Herbst und Moritz Netenjakob ihren Auftritt im ausverkauften Stadeum mit einem Loriot-Sketch einleiten, scheint kein Zufall. Die beiden Humor-Spezialisten sitzen Schulter an Schulter, jeder einen Zettelberg vor sich auf dem Tisch ausgebreitet. Dort sitzen sie gute zwei Stunden, haben sichtlich Spaß beim Faseln und Fuchteln. Doch als Duo funktionieren Herbst und Netenjakob nur selten.

Ihren Auftritt stellen Herbst und Netenjakob auf zwei Standbeine: Satirische Texte lesen und plaudern. Neu ist das nicht, aber beliebt. So hat sich etwa das Lese-Duo Jürgen von der Lippe und Jochen Malmsheimer zuletzt erfolgreich durch Belletristik und skurrile Sachbücher gefeixt.

Authentisches Plaudern zwischen Freunden

Was Christoph Maria Herbst und Moritz Netenjakob mitbringen, klingt zunächst vielversprechend: Die beiden kennen sich bereits aus dem Fernsehgeschäft, als sie Anfang der 2000er für die Sketch-Serie „Ladykracher“ zusammenarbeiteten. Im charmanten Zwiegespräch erinnern sie sich an den damaligen Sat.1-Chefredakteur Josef Ballerstaller, dessen bayrisch-behäbige Sprechweise sie herrlich überspitzt irgendwo zwischen Hubert Aiwanger und brunftigen Seerobben imitieren.

In diesen anekdotischen Momenten wirken Herbst und Netenjakob am authentischsten. Herzlich scherzend klopfen sie sich auf die Schenkel, losgelöst von starren Manuskripten. Als wäre das Publikum bei einer Live-Aufnahme für einen Podcast dabei und dürfte heimlich lauschen.

Bemühen bedeutet Erzwingen

Christoph Maria Herbst hat spätestens durch seine Rolle als TV-Ekel Bernd Stromberg - „mit Klobrillenbart und Kinderschänder-Frisur“ - bis heute einen festen Stand im Medien-Mainstream. Der Comedy-Autor Moritz Netenjakob tritt hingegen meist im Hintergrund auf, was die Befürchtung schürt, dass er in Herbsts Schatten untergeht. Das befreite Plaudern schafft es jedoch, Herbst und Netenjakob auf Augenhöhe als gleichwertige Partner zu präsentieren. Doch die eingeschobenen Lesungen verwässern dieses Bild.

Christoph Maria Herbst kehrt ab dem 4. Dezember 2025 in seiner Paraderolle als Bernd Stromberg zurück auf die Kinoleinwand.

Christoph Maria Herbst kehrt ab dem 4. Dezember 2025 in seiner Paraderolle als Bernd Stromberg zurück auf die Kinoleinwand. Foto: Willi Weber/Made For Film/dpa

Ihrem Programmtitel „Das ernsthafte Bemühen um Albernheit“ werden die beiden gerecht - leider im Negativen. Denn das Bemühen bringt unweigerlich das Erzwingen mit sich, um das selbstgesteckte Ziel zu erreichen. Bekannte Reprisen aus Loriots Schaffen - vom „Feierabend“ bis zu „Das Frühstücksei“ - setzen zwar feine, wenngleich ausgetretene Satire-Spitzen.

Beide als Hallervorden? Übers Ziel hinausgeschossen

Die Entscheidung, dass lediglich Christoph Maria Herbst beide Rollen in den Streitgesprächen spielt, sprengt mitunter das Bühnen-Duo. Netenjakob erscheint hier oft als Beiwerk und stiller Bewunderer von Herbsts Sprechkunst - was wiederum durch bemühte Solo-Geschichten aus seinem eigenen Autoren-Repertoir ausgeglichen werden soll.

Herbst und Netenjakob arbeiten in diesen Phasen nicht mit-, sondern lediglich nebeneinander. Einsprengsel aus Herbsts umfangreichem Werk von Stromberg-Zitaten bis zum Hörbuch als Adolf Hitler („Er ist wieder da“) sind allseits bekannt, treffen nichtsdestotrotz das Humorzentrum des Publikums.

Einen unerwartet großen Anteil nehmen zudem Imitationen aus der Film- und Fernsehwelt ein: Dieter Thomas Heck, Jochen Busse und Helmut Kohl geben sich auf der Bühne die Klinke in die Hand. Fein dosiert wären dies sicherlich geschickte Lockerungsübungen zwischen den Lesungen gewesen. Doch mitunter greifen Herbst und Netenjakob zur Baggerschaufel als zum Zuckerlöffel, etwa wenn sie sowohl den Butler als auch den Grafen in Dieter Hallervordens Sketch „Die Kuh Elsa“ im Hallervordschen Höhö-Sprech imitieren.

Albernheit überwiegt Scharfsinn

„Satire entsteht aus Beobachtungen seiner Umwelt“, leitet Netenjakob zu Beginn den Loriot-Sketch ein. Doch scharfsinnige eigene Beobachtungen abseits der vorgetragenen Fremdwerke bleiben mitunter Mangelware.

Lediglich Christoph Maria Herbst teilt mitunter gegen den „selbstverliebten Brandstifter“ Donald Trump aus, weshalb er ein Gespräch mit Kaiser Nero vorziehen würde. Herbst verbindet mit dem Stadeum-Auftritt zudem eine Promo-Tour für den anstehenden Stromberg-Film, der am 4. Dezember 2025 in den Kinos anläuft. „Keine Sorge: Es wird auf genügend Schlipse getreten“, kündigt Herbst an. Am Dienstagabend blieb das leider aus. Aber sie waren stets bemüht.

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