Zähl Pixel
Nordsee

TClevere Erfindung: Werden Krabben fürs Brötchen jetzt wieder in Deutschland gepult?

Dr. Arne Schröder vom Thünen-Institut für Seefischerei berichtete im Museum für Wattenfischerei interessierten Bürgern in Wremen über sein Forschungsprojekt.

Dr. Arne Schröder vom Thünen-Institut für Seefischerei berichtete im Museum für Wattenfischerei interessierten Bürgern in Wremen über sein Forschungsprojekt. Foto: Ulich

Bevor Krabben aus der Nordsee aktuell im Fischbrötchen landen, nehmen sie einen Umweg über Afrika. Dort werden die Krabben gepult. Dieses Forschungsprojekt will die Trennung von Krabbe und Chitin-Panzer wieder nach Norddeutschland verlagern, und zwar so.

Von Beate Ulich Mittwoch, 24.04.2024, 15:34 Uhr

Wremen . Rolling Home oder wie wird Krabbenpulen in Deutschland wieder möglich? Unter diesem Titel informierte jetzt Dr. Arne Schröder vom Thünen-Institut für Seefischerei im Museum für Wattenfischerei interessierte Bürger in Wremen über sein Forschungsprojekt.

Seit März 2022 betreut Schröder das mit rund 2,3 Millionen Euro geförderte Projekt. Unter Federführung des Thünen-Instituts ist es das Ziel, die Krabbenfischerei in norddeutschen Küstenorten nachhaltig und zukunftsfähig aufzustellen.

Krabben werden gekühlt nach Marokko gebracht

Mit der Übernahme des Vermarktungsmonopols durch die Holländer verlagerte sich auch die Verarbeitungskette. Wurde früher noch direkt in den Kutterhäfen gepult, passiert das heutzutage im Ausland.

Bisher würde ein großer Teil der Krabben gekühlt nach Marokko gebracht und dort von Pulerinnen von Hand geschält, so Schröder. Anschließend kommt das Krabbenfleisch zurück nach Deutschland und wird verkauft.

Also müsse man einen Weg finden, die Nordseekrabben mechanisch ohne großen Aufwand hier vor Ort zu schälen, so Schröder. Geübte Hände schaffen pro Stunde ein gutes Pfund.

Alwin Kocken ist Erfinder seiner Krabbenpulmaschine in Spieka-Neufeld. 30 Jahre tüftelte der frühere Krabbenfischer an seiner Maschine aus Edelstahl, die das Krabbenfleisch vom Schalenpanzer fein säuberlich in Sekundenschnelle trennen kann.

Alwin Kocken ist Erfinder seiner Krabbenpulmaschine in Spieka-Neufeld. 30 Jahre tüftelte der frühere Krabbenfischer an seiner Maschine aus Edelstahl, die das Krabbenfleisch vom Schalenpanzer fein säuberlich in Sekundenschnelle trennen kann. Foto: Arnd Hartmann

Es gibt zwar bereits einige Prototypen mechanischer Pulmaschinen, eine von ihnen ist seit den 1980er Jahren in Spieka-Neufeld in Betrieb.

Durch den Bau einer neuartigen Krabbenpulmaschine könnte sich die Produktions- und Lieferkette ändern. „Wir wollen erreichen, dass die Krabben wieder lokal verarbeitet werden. Das sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern bringt auch soziale Nachhaltigkeit. „Die Struktur der Küstenfischerei ist auch norddeutsche Kultur“, betont der Forscher.

Ultraschall-Stoßwellen lösen Kalkeinlagerungen im Panzer

Bisherige Versuche, eine Pulmaschine zu entwickeln, scheiterten oft schon an der Mechanik. Die bisherigen Maschinen arbeiten mit kleinen Messern, die den Chitin-Panzer aufschlitzen und dann wird das Krabbenfleisch entfernt“, schildert Arne Schröder. Das gäbe automatisch ein Problem mit der unterschiedlichen Größe der Krabben.

Der Prototyp der neuartigen Krabbenpulmaschine arbeitet mit Ultraschall-Stoßwellen, die lösen die Kalkeinlagerungen im Panzer, so Schröder. Druckluft entfernt dann die Schale. So erfolgt keine mechanische Beschädigung.

Christin Klever mit cleverer Idee

„Und es funktioniert auf jeden Fall“, versichert der Wissenschaftler. „Wir prüfen zurzeit, wie stark die Druckwelle exakt sein muss.“ Die Ultraschall-Methode ist eine Idee von Christin Klever.

Für ihre Abschlussarbeit im Maschinenbau-Studium hat die Ostfriesin Krabbenpanzer auf ihre Konsistenz untersucht. Dann kam ihr die Idee, dass die Panzer Kalk enthalten und sich Kalk mithilfe von Ultraschall zerstören lässt.

Langfristiges Ziel ist, die Krabbenfischerei an der deutschen Nordseeküste wieder auf eigenständige Beine zu stellen. Das Thünen-Institut arbeitet auch mit dem Bremerhavener Technologie Transfer Zentrum zusammen, um die Krabbenfischerei zur Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln.

„Bisher wird der wertvolle Chitin-Panzer größtenteils weggeworfen“, so Schröder. „Wir wollen das Chitin nutzen, um daraus neue Werkstoffe herzustellen - beispielsweise Chitosan, das in der Kosmetik und der Medizintechnik verwendet werden kann. Die Krabbe ist ein wertvolles Naturprodukt und sollte auch so behandelt werden.“ (yvo)

Weitere Themen

Weitere Artikel