TWie im Rausch: D/A hat im Angriff eine neue Waffe

Liam Giwah schaltet sich bei Standards ins Angriffsspiel ein. In der ersten Hälfte vergibt er eine Riesenmöglichkeit. Foto: Berlin
D/A spielt gegen Kickers Emden im Pokal. Spieler werden bepöbelt und offenbar bespuckt. Das motiviert noch viel mehr. So lässt D/A das Stadion schließlich verstummen.
Drochtersen. Im Ostfriesland-Stadion in Emden führt ein Spielertunnel von den Kabinen des Vereinsheims direkt bis zur Eckfahne auf das Spielfeld. Der Tunnel gleicht einem langgezogenen Käfig aus Stahl.
Auf dem Dach und an den oberen Seiten sind Bleche verschraubt. Der Gang ist vielleicht eineinhalb Meter breit, große Menschen müssen den Kopf einziehen. Alle, die auf den Rasen möchten, müssen da durch.

Emdens Trainer Stefan Emmerling diskutiert mit Schiedsrichter Kevin Behrens und dessen Kollegen die Gelb-Rote Karte. Der Geleitschutz mit den Regenschirmen wartet schon. Foto: Berlin
Beim Stand von 3:0 für die SV Drochtersen/Assel gegen Kickers Emden pfeift Schiedsrichter Kevin Behrens am Mittwochabend zur Pause. Der Unparteiische macht sich gerade keine Freunde in Emden.
Nach zwei taktischen Fouls stellt er Janek Siderkiewicz in der 34. Minute mit Gelb-Rot vom Platz. Auch Behrens und seine Kollegen gehen nach dem Halbzeitpfiff durch den Tunnel in Richtung Kabine. Hass schlägt ihnen entgegen.
Spucke und Pöbeleien im Tunnel
Emdener Fans stehen am Tunnel und trommeln mit Fäusten oder der flachen Hand auf den Blechverschlag. Es herrscht ein ohrenbetäubender Lärm. Zwei Ordner versuchen, das Schiedsrichterteam mit Regenschirmen zu schützen.
Es ist ein Spießrutenlauf. Nur wenige Augenblicke vor den Schiedsrichtern erleben die D/A-Spieler dieses fragwürdige Prozedere auf dem Weg in die Kabine.

D/A-Trainer Oliver Ioannou begrüßt den Emdener Coach Stefan Emmerling. Foto: Berlin
D/A-Verteidiger Liam Giwah findet es „geil, wenn Fans richtig Stimmung machen. Dann hast du gleich mehr Spannung als bei einem Totentanz“. Die Erlebnisse im Emdener Spielertunnel pushen ihn.
Das Grölen, das Pöbeln, das Klopfen. Giwah hat Menschen gesehen, die sogar gespuckt haben. „Spucken gehört nicht zum Fußball dazu. Aber Emotionen auf jeden Fall“, sagt Giwah.
D/A spielt am Mittwochabend im Ostfriesland-Stadion gegen Kickers Emden so dominant und so stark, dass die eingefleischten Kickers-Fans immer ruhiger werden.
Der 5:0-Sieg beschert der Spielvereinigung den Einzug ins Viertelfinale um den Niedersachsen-Pokal und den besten Saisonstart der jüngeren Vereinsgeschichte.
Emden-Fans verhöhnen die eigenen Spieler
D/A lässt fast 1600 gegnerische Fans verstummen. Nur die Hartgesottenen singen bis zum Schluss. Einige andere nennen das, was die Emdener anbieten „Altherrenfußball“. Einige verhöhnen die eigenen Spieler. Andere klatschen bei einer völlig missratenen Ecke.
Viele werden immer ungehaltener. D/A-Kapitän Nico von der Reith ist ein Spieler, der solche Szenarien aufsaugt. „Das muss dich motivieren“, sagt er. Das hoch gehandelte Emden hat jetzt beide Ligaspiele und das Pokalduell verloren.

Trotz des 0:5: Die Emdener Hardcore-Fans stehen hinter ihrer Mannschaft. Foto: Berlin
D/A spielt Kickers Emden an die Wand. Das erste Tor fällt nach 15 Minuten. Haris Hyseni profitiert von einem katastrophalen Rückpass eines Emdener Verteidigers und schiebt zum 1:0 ein.
Nico von der Reith veredelt zwei Minuten später eine Ecke von Jorik Wulff per Kopf. Ein Tor mit Ansage. Der D/A-Kapitän sagt nach dem Spiel, dass Trainer Oliver Ioannou „dieses Tor genau so prophezeit“ hat.
Kapitän köpft fast unbedrängt zum 2:0
Standardsituationen stehen mindestens ein Mal pro Woche auf dem Trainingsplan, auf jeden Fall im Abschlusstraining. „Wir haben extrem gute Jungs, die sie so schlagen können, und viel Wucht in der Mitte“, sagt von der Reith.
Wenn die Automatismen sitzen, seien Standards „Brustlöser in einigen Spielen und eine super Waffe“, so der Kapitän.
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Beim 2:0 bewacht Emden nur die D/A-Spieler mit Gardemaß. Tjorve Mohr, Haris Hyseni, Liam Giwah. Die Ecke von Jorik Wulff verwertet von der Reith fast unbedrängt am ersten Pfosten.

Allah Aid Hamid und sein Zuckertor aus dem Fußgelenk zum 3:0. Foto: Berlin
Mit der Führung im Rücken und dem Platzverweis gegen Emden beginnt D/A das Zaubern, ohne überheblich zu sein. Allah Aid Hamid zeigt die pure Lust am Kicken und lupft in der 39. Minute den Ball aus Nahdistanz über Emdens Torwart Norman Quindt.
Zwei Tore in der zweiten Halbzeit
Dennis Rosin trägt sich nach dem Seitenwechsel mit einem Flachschuss aus 16 Metern zum 4:0 in die Torschützenliste ein. Miguel Fernandes markiert das 5:0 kurz vor Schluss. D/A kann sieben, acht oder neun Tore schießen an diesem Abend.
Der zweite Gang durch einen vibrierenden Tunnel, durch das Spalier wutschnaubender Fans, bleibt D/A an diesem Abend erspart. Auch die Durchgeknallten haben längst kapituliert. Außerdem feiert D/A noch ziemlich lange auf dem Emdener Rasen.
Das Team gruppiert sich um die kleine digitale Anzeigetafel, die eigentlich bei Wechseln zum Einsatz kommt und schreit seine Freude heraus. Rote LED-Lämpchen zeigen links eine „0“, rechts zeigen grüne Lämpchen eine „5“. Da verlassen viele Heimfans schon traurig das Stadion.

Kapitän Nico von der Reith führt seine Mannschaft in Emden auf das Feld. Foto: Berlin
Ligaalltag geht in Schöningen weiter
In der Regionalliga geht es für D/A bereits am Samstag, 9. August, 14 Uhr, bei Aufsteiger FSV Schöningen weiter. Schöningen hatte am Mittwoch sein Pokalspiel gegen den Drittligisten TSV Havelse mit 0:1 verloren.
In der Liga bestritt der Neuling bislang eine Partie gegen Absteiger Hannover 96 II und kassierte eine 0:3-Niederlage. D/A ist nach den Siegen gegen St. Pauli II und Kickers Emden mit voller Punktzahl und 8:1-Toren Tabellenzweiter.

Dennis Rosin wird hart attackiert. In der zweiten Halbzeit schießt er das 4:0. Foto: Berlin
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