TDaniel Schneider: Plötzlich ist der Neue der Routinier

Daniel Schneider hat mit weiteren Abgeordneten den Parlamentskreis Meerespolitik gegründet und den Vorsitz übernommen. Der Meeresschutz ist zu seinem Thema geworden. Foto: Schneider
Er war der Neue. In der Politik und im Bundestag. Im beginnenden Wahlkampf ist Daniel Schneider (SPD) nun der Erfahrene - nach nur drei Jahren im Parlament. So hat er sie erlebt.
Landkreis. Der Anfang im Parlament braucht Zeit. „In das Mandat hineinzuwachsen ist zunächst eine organisatorische Aufgabe“, sagt Schneider. Die Sachpolitik dagegen „hat den größeren Tiefgang“. Politische Fragen und Probleme sind komplex. „Mir ist wichtig, dass das, was ich sage, Hand und Fuß hat“, sagt Schneider.
Turbo-Wahlkampf statt Beschlüssen
Deshalb hat er sich in Themen gekniet, mit seinem Team Positionen formuliert. Er gehört eher in die Kategorie „besonnen“. Eine Eigenschaft, die er auch an „seinem“ Kanzler Olaf Scholz schätzt. Für das letzte, anstehende Jahr seines Mandats hegte er den Vorsatz, „noch mehr zu bewegen und dass wir die Zeit bis zuletzt nutzen“. Daraus wurde durch das Zerbrechen der Ampelregierung nichts. Stattdessen erwartet alle Kandidaten ein Turbo-Wahlkampf.
Vor drei Jahren hatte Schneider den Wahlkreis Cuxhaven/Stade II mit 36,8 Prozent der Stimmen dem langjährigen Wahlkreisgewinner Enak Ferlemann (CDU) abgenommen. Ferlemann tritt nun nicht wieder an, nominiert ist Christoph Frauenpreiß für die CDU. Auch der dritte Abgeordnete des Wahlkreises, Stefan Wenzel (Grüne), hat seinen Rückzug angekündigt. Sein Nachfolger will Christopher Jesse werden.
Meerespolitik als Fachgebiet
Damit ist der gerade noch Neue, Daniel Schneider, zur Bundestagswahl der Kandidat mit der meisten Erfahrung. Nach nur drei Jahren in Berlin.
In Berlin wurde die Meerespolitik eines seiner Fachgebiete. Das passt. Der gebürtige Cuxhavener und Vater von zwei Söhnen lebt mit seiner Familie in Otterndorf. Natur- und Artenschutz sind ihm wichtig, sagt er. Dass die Bedrohung der Ozeane ein breites Bündnis in der Politik, von Nationen, Wirtschaft und Wissenschaft braucht, ist ihm in Berlin bewusst geworden. Zusammen mit Stefan Wenzel und Olaf in der Beek (FDP) rief er den Parlamentskreis Meerespolitik ins Leben und übernahm den Vorsitz.

Daniel Schneider, SPD, MdB, bei einer Rede im Bundestag. Drei Jahre lang hat er sein Mandat für den Wahlkreis Cuxhaven/Stade II ausgeübt. Foto: Juliane Sonntag/Deutscher Bundestag Foto: photothek
Munition aus den Weltkriegen rostet am Meeresboden
„Meere sind unsere wichtigsten CO2-Senken. Wir brauchen sie als Klimaregulatoren und Sauerstoffproduzenten“, sagt er. „Wenn wir Fahrrinnen anpassen, Sand und Kies abbauen oder mit Schleppnetzen am Grund fischen, wirbeln wir das gebundene CO2 wieder auf.“ Das ist schädlich fürs Klima. Alle Anstrengungen der Energiewende seien umsonst, wenn es nicht gelinge, die Kapazitäten des natürlichen Klimaschutzes zu erhalten. Die Wissenschaft macht Hoffnung, dass das - noch - machbar ist.
Es gibt eine weitere Gefahr: 1,6 Millionen Tonnen Munitionsaltlasten aus den Weltkriegen rosten auf dem Meeresgrund. „Da müssen wir ran“, so Schneider. Austretende Inhaltsstoffe der Kampfmittel sind zum Teil giftig. Der Bau einer ersten Bergungsplattform wurde beauftragt. „Ein Meilenstein“, zieht Schneider Bilanz.
Bauernproteste mit gefährlichem Kipppunkt
Als Küstenkind ist ihm das Thema nah; andere Zuständigkeiten, als einer der kultur- und medienpolitischen Sprecher seiner Fraktion, ergeben sich aus seiner Berufserfahrung als langjähriger Deichbrand-Festivalmacher und Unternehmer. Aber auch durch seinen ländlichen Wahlkreis.
Wie hat er die Bauernproteste erlebt? „Die Proteste waren berechtigt, aber in der Form nicht nötig“, sagt er klar. Auslöser sei die Haushaltseinigung der Regierung gewesen - das Parlament hätte ohnehin einen Kompromiss erkämpft, ist er überzeugt. Auch er bekam sofort Nachrichten von Landwirten aus seinem Wahlkreis. Er sei der heimischen Landwirtschaft sehr verbunden.
Als Erfolg wertet er, dass das Agrarpaket schließlich im engen Dialog mit der Landwirtschaft erarbeitet wurde. Aber in der vorherigen Zuspitzung seien die bundesweiten Bauernproteste durch die Unterwanderung rechter Kräfte auf einen „gefährlichen Kipppunkt“ zugesteuert, zum Parteienstreit zugespitzt und verbunden worden mit der Forderung „Die Ampel muss weg“ - eine radikale Formulierung mit Blick auf eine demokratisch gewählte Regierung - und eben auch keine Sachfrage.
Mehr als eine Milliarde Euro fließen in die Region
Hinweise nahm er auch zu anderen Themen mit in den Bundestag, über Expertengespräche vor Ort. In seiner politischen Bilanz stehen insgesamt 1,13 Milliarden Euro, die vom Bund über die N-Bank in die Landkreise Cuxhaven und Stade geflossen sind.
Dazu kommt Geld für Schulen, Breitbandausbau oder Sportstätten aus den Programmen der Ministerien. Den Ausbau des Cuxhavener Hafens als Offshore-Basishafen mit Hunderten neuer Arbeitsplätze wertet er als zentralen Erfolg für den Wahlkreis. Dazu kommen bundesweit relevante Entscheidungen wie die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro im Jahr 2022 oder der massive Ausbau der erneuerbaren Energien.
Im Zwiespalt zwischen Mandat und Familie
Es sind herausfordernde Zeiten für die Demokratie. Seine ganz persönliche Erfahrung nach drei Jahren als Mandatsträger spiegelt einen Zwiespalt wider: „Es ist sehr anstrengend. Aber ich brenn dafür.“
22 Wochen im Jahr sind die Abgeordneten in Berlin, mit strammem Pensum von früh morgens bis spät abends. Die Arbeit und die Termine im Wahlkreis, oft am Wochenende, kommen dazu. Familienfreundlich ist das nicht.
Dennoch ist die Familie sein Antrieb, um für seine Ziele und die seiner Partei zu kämpfen. „Ich glaube, wenn ich keine Kinder hätte, würde ich keine Politik machen.“ Aber ihm ist auch bewusst: „Das Mandat ist auch ein Privileg mit sehr vielen schönen Momenten.“