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Leichtathletik

TDas Sprint-Talent Linn Hartlef will zu Deutschen Meisterschaften

Linn Hartlef

Linn Hartlef war im Hürdenlauf die Schnellste. Foto: Wertgen

Linn Hartlef ist mit Ehrgeiz weit gekommen - ob in der Schule oder auf dem Sportplatz. Ihr nächstes Ziel sind neue persönliche Bestmarken und eine Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften. Warum ihre Schwester ihr dabei helfen kann.

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Von Lars Wertgen
Freitag, 29.03.2024, 16:07 Uhr

Himmelpforten. „Auf die Plätze“, sagt Wettkampfleiter Matthias Grienitz. Linn Hartlef und die anderen Finalistinnen über 35 Meter Hürden nehmen ihre Positionen ein. Die 14-Jährige lockert noch einmal ihre Schultern.

Fertig. Los! Hartlef schießt aus dem Startblock, gleitet über die Hindernisse. „Schöne Technik“, kommentiert einer der Kampfrichter, als Hartlef nach 6,2 Sekunden ins Ziel rauscht. Niemand ist an diesem Tag schneller - ob Mädchen oder Jungen, älter oder jünger. Hartlef gewinnt auf dem 43. Hallensportfest in Himmelpforten auch im Sprint und Hochsprung.

„Wenn im Hochsprung noch zwei übrig sind oder der Moment vor dem Finalläufen“, sagt Linn, wie sehr sie der direkte Vergleich reizt. Und man könne immer wieder die persönlichen Grenzen verschieben. „In der Leichtathletik gibt es schnelle Erfolgserlebnisse“, weiß Hartlef.

Je größer der Wettkampf, desto höher der Aufwand

In Himmelpforten handelt es sich um keine offizielle Leichtathletikhalle. Der Wettkampf ist für die Bestenlisten daher ohne Wert. Das war Anfang des Jahres anders. Im Januar qualifiziert sich die Himmelpfortenerin in Hannover im Hochsprung und über 60 Meter Hürden für die Niedersachsenmeisterschaften. Im Februar wird sie in der Landeshauptstadt jeweils Vierte. Der Aufwand dafür ist immens - sowohl an Wettkampftagen als auch im Alltag.

Vor den Landesmeisterschaften klingelt um 5 Uhr der Wecker, eine halbe Stunde später geht es los, damit sie rechtzeitig in der Sporthalle in Hannover sind. Erst rund 13 Stunden später ist Hartlef wieder zu Hause.

Der Mittwoch ist heilig

Die Schülerin geht in Stade auf das Vincent-Lübeck-Gymnasium, kommt meist erst gegen 14 Uhr mit dem Bus zurück. Anschließend steht viermal die Woche für zwei Stunden Training an. Viel Raum für Freizeit bleibt nicht. Daher ist der Mittwoch heilig. Ohne Sport. Nach den schulischen Aufgaben entspannt Hartlef.

Kommen da Treffen mit Freundinnen nicht zu kurz? „Viele treffe ich ja beim Sport“, sagt Hartlef. Denn auch wenn Leichtathletik häufig ein Einzelwettkampf ist, rücken die Athleten als Team zusammen. In der Altersklasse von Linn Hartlef mischen bei der LG Kreis Nord Stade mit Lynn Rohmann und Linn Wilhelmi sogar drei Talente mit, die (fast) den gleichen Vornamen tragen.

Jagd nach Bestmarken - auch in der Schule

Eine hohe Doppelbelastung aus Schule und sportlichem Aufwand kann jedoch zu Problemen führen, speziell was Noten betrifft. Forscher der Universität Hamburg haben das herausgefunden. Dies birgt bei Sportarten ein Risiko, in denen später nur die Elite vom Sport ihren Lebensunterhalt bestreiten kann.

Forscher aus den Niederlanden berichten jedoch, dass auch das Gegenteil passieren kann. Sportliche Kinder sind demnach gut organisiert, entwickeln häufig eine hohe Leistungsbereitschaft sowie Selbstdisziplin und haben ein geringeres Stressempfinden - alles Eigenschaften, die ihnen der Sport lehrt.

Dies trifft auf Hartlef zu. Sie will auf der Kunststoffbahn wie auch in der Schule die persönliche Bestmarke überspringen. Auf dem Gymnasium hat Hartlef einen guten Notendurchschnitt. „Ich kann aber noch besser sein“, sagt die Schülerin. „Linn!“, schlägt ihre Mutter Maren die Hände vor das Gesicht. Sie wünscht sich etwas mehr Zufriedenheit. „Die Noten sind absolut in Ordnung“, sagt Vater Sven.

Lernen, mit Niederlagen umzugehen

Die Schülerin ist von Ehrgeiz getrieben. Ein beeindruckender Wesenszug, den auch ihr Trainer zu schätzen weiß. Die Eigenschaft kann jedoch auch Nachteile haben. „Es ist eine Gratwanderung“, sagt Coach Klaus Zacher. Hartlef müsse noch lernen, sich über guten Leistungen zu freuen und zu würdigen, wenn andere noch besser waren. „Wer immer unzufrieden ist, verkrampft“, so Zacher.

Als sie in Hannover ihre Bestmarke knackte, sei ihre Tochter unzufrieden gewesen, weil es nicht für die Spitze und die nächste Höhe gereicht hätte, erzählt Maren Hartlef. „Es soll ihr Freude bereiten“, sagt sie. Vielleicht ist ihre kleine Schwester Mieke ein gutes Vorbild, um die perfekte Balance zu finden. Die Neunjährige macht Leichtathletik, Kunstturnen und spielt Fußball. Maren Hartlef: „Mieke sieht das ganz locker.“

Die Eltern unterstützen Linn, ihre Träume zu verfolgen. Mitunter treten sie aber auf die Bremse. Als Linn zu Trainingstagen in Wolfsburg eingeladen wurde, sagten sie ab. Der Aufwand sei in Kombination mit terminlichen Stress aus Schule, Konfirmationsunterricht und Wettkämpfen zu hoch gewesen. „Vielleicht passt es beim nächsten Mal“, so Vater Sven.

LG Kreis Nord Stade: Talente nicht verheizen

Die Hartlefs finden, ihre Tochter ist bei der LG Kreis Nord Stade gut aufgehoben. „Sport soll in erster Linie Spaß machen“, sagt Sven Hartlef. Die Philosophie teilen die Trainer. „Uns ist am wichtigsten, dass die Kinder Grundlagen vermittelt bekommen und auch als Erwachsene noch Sport treiben“, sagt Trainer Zacher. Dies wolle man nicht wegen kurzfristigen Erfolgen riskieren. Ein weiterer Pluspunkt für die LG: Die Gruppe ist nicht sehr groß. Deshalb ist es einfacher, jedes Talent einzeln zu fördern.

Hartlef betreibt neben Leichtathletik auch Kunstturnen. Da sich die Trainingszeiten mitunter überschneiden, zieht sie auch mal Stufenbarren und Schwebebalken vor. Dass sein Schützling noch ein zweites sportliches Hobby hat, begrüßt Leichtathletik-Coach Klaus Zacher. „Kunstturnen ist gut für das Körpergefühl“, so der Trainer.

Traum von Deutscher Meisterschaft

Hartlefs nächstes großes Ziel ist eine Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften. Da sie in vielen Disziplinen gut ist, hält ihr Trainer die Qualifikation im Siebenkampf bereits in diesem Jahr für realistisch. „Sie ist an der Grenze zur Quali, wenn sie einen guten Tag erwischt, kann sie es schaffen“, so Zacher.

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