TDas gibt es nur hier: Auerochsenfleisch direkt aus Gnarrenburg

Die Tiere erhalten neben der Lieblingsnahrung auch Streicheleinheiten. Foto: Pogelsek
„Fleisch essen wir nur aus guter Haltung.“ Das hört man dieser Tage oft. Wie ein möglichst artgerechtes Leben in der Landwirtschaft aussehen kann, zeigen Julia und Stephan Krümpelmann.
Gnarrenburg. Ganz schön beeindruckend ist Auerochsen-Bulle Nabi, als er auf der großen Weide auf uns zukommt. Dabei ist er gar nicht so groß, sogar eher klein für einen Bullen, erzählt Züchter Stephan Krümpelmann. Aber Nabis riesige Hörner sind auf den ersten Blick doch einschüchternd. Der Bulle interessiert sich aber hauptsächlich für den Eimer mit Äpfeln, den wir mitgebracht haben. Und zu ein paar Streicheleinheiten sagt er auch nicht Nein.
Julia und Stephan Krümpelmann von den Auerochsen Fahrendahl züchten die urtümlichen Rinder in Gnarrenburg und kennen jedes Tier ganz genau. Nabi und Kuh Merle sind neugierig und zutraulich, der Rest der Herde hält ein bisschen Abstand. Namen haben sie alle, die der Bullen beginnen jeweils mit dem Anfangsbuchstaben ihres Vaters, die der Kühe mit dem der Mutter.
So weiß man immer ganz genau, wer zu wem gehört. Dass die Tiere auch zur Familie Krümpelmann gehören, spürt man. Denn obwohl die Zucht der Auerochsen und der Verkauf ihres Fleisches auch zum Lebensunterhalt der Familie beiträgt, steht das Tierwohl an erster Stelle.
Die insgesamt 44 Tiere verbringen ihr ganzes Leben auf der Weide, einen Stall kennen sie nicht. Das ist auch das Zuchtziel: robuste Rinder, die mit Wind und Wetter zurechtkommen und von dem leben können, was die Weide ihnen bietet. Sie wachsen langsam und haben ein langes Leben.
Auerochsen leben bei der Familie länger als Mastrinder
Denn während das durchschnittliche Mastrind mit etwa 18 Monaten geschlachtet wird, werden die Auerochsen der Familie Krümpelmann mindestens 2 1/2 Jahre, besser 3 Jahre alt. Aber auch eine fünfjährige Färse hat noch zartes Fleisch. Ältere Tiere lassen sie zu Wurst verarbeiten.
Neben der besonderen Rasse tragen auch das langsame Wachstum und die natürliche Haltung der Tiere zum ganz besonderen Geschmack des Fleisches bei. Im Vergleich mit herkömmlichem Rindfleisch ist das Auerochsenfleisch intensiver im Geschmack. Der Fettgehalt ist je nach Geschlecht und Jahreszeit unterschiedlich. Das Fleisch fetter Rinder ist schön marmoriert und besonders saftig.
Der Auerochse ist eigentlich ein Heckrind
Dabei, der kleine Einschub muss sein, ist die Bezeichnung Auerochse eigentlich falsch. Der Auerochse ist seit 1627 ausgestorben. Bei den Tieren der Familie handelt es sich um sogenannte Heckrinder, die dem Auerochsen zwar ähnlich sehen, aber deutlich kleiner sind.
Die Zucht der Heckrinder begann vor etwa 100 Jahren. Die Brüder Lutz und Heinz Heck (beide Zoodirektoren) wollten den Auerochsen wieder auferstehen lassen. Um die Merkmale dieser kleinen Rasse zu verbessern, begannen sie vor etwa 30 Jahren die Zucht der sogenannten Taurusrinder. Sie kreuzten Heckrinder mit italienischen Chianina und spanischen Sayaguesa.
Landschlachterei
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Das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Das sind Riesenviecher“, schwärmt Stephan Krümpelmann, „wir haben davon einen Bullen und eine Kuh.“ Bis zum perfekten Abbild ist es aber noch ein langer Weg. Stephan und Julia Krümpelmann wählen ihre Zuchttiere deshalb besonders sorgfältig aus.
Der Weg zum Schlachthof bleibt den Tieren zukünftig erspart
Aber zurück auf die Weide in Gnarrenburg. Seit kurzem müssen die Tiere dort am Ende ihres Lebens nicht mehr die Reise zum Schlachter antreten. Die Züchter arbeiten seit 1. Oktober mit einem Schlachter zusammen, der direkt auf der Weide mit einem Kugelschuss schlachtet.
Das ist deutlich tierfreundlicher, berichtet Stephan Krümpelmann. „Das Tier merkt gar nicht, was los ist. Es hört nicht einmal mehr den Schuss. Wenn die Kugel trifft, ist es sofort tot, in seiner gewohnten Umgebung und ohne Stress.“ Das wirkt sich auch auf die Fleischqualität aus. Stress, wie er beim Einfangen, Anbinden und beim Transport zum Schlachthof entsteht, lässt den pH-Wert des Fleisches sinken. So kann es nicht richtig reifen und bleibt zäh, egal, wie lange es abhängt.
Die Wertschätzung der Kunden ist wichtig
„Für unser Fleisch wünschen wir uns Kunden, die unser Vorgehen zu schätzen wissen“, sagt Stephan Krümpelmann. Wegen der besonderen Aufzucht und Schlachtung ist das Fleisch der Auerochsen nämlich teurer, als die Verbraucher es gewohnt sind. „Dafür wissen die Kunden bei uns ganz genau, wo und wie die Tiere gelebt haben und wie das Fleisch verarbeitet wurde. Und es schmeckt natürlich besonders gut. Von unseren Bestandskunden bekommen wir da sehr positive Rückmeldungen.“
Auch Kunden aus der Gastronomie oder Fleischerei, die ganze Rinder abnehmen können, kämen infrage. Schön wäre es, wenn sie die Philosophie der Krümpelmanns mittragen und auch an ihre Kunden weitergeben. Ansonsten möchte das Team von Auerochsen Fahrendahl gern bei der Direktvermarktung des Fleisches bleiben.
24-Stunden-Reportage
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Direkt ab Hof gibt es auf Vorbestellung verschiedene Fleischpakete mit zwischen 20 und 45 Kilo Gewicht zu kaufen. Darin befinden sich gemischte Stücke vom Rind, von Filet bis Suppenfleisch – Suppenknochen gibt es auf Wunsch gratis dazu.
Die älteste Kuh der Krümpelmanns ist übrigens 16 Jahre alt. Sie ist ein wenig langsamer als der Rest der Herde, aber sonst völlig gesund. Aus altersbedingten Gesundheitsgründen musste bei den Auerochsen Fahrendahl noch nie ein Tier geschlachtet werden.