TDas ist nicht bürgernah: Stader Rat wie eine Abstimmungsmaschine

Symbolbild. Foto: dpa/Archiv
Mehr als 30 Punkte wies die Ratssitzung der Stadt Stade am Montagabend aus. Die wurden in anderthalb Stunden im Eiltempo abgearbeitet. Interessierte Gäste blieben auf der Strecke. Ein Kommentar.
Stade. Lockten die Schnittchen nach der letzten Zusammenkunft im Jahr kurz vor Weihnachten, oder warum drückte die Politik so aufs Tempo während der Ratssitzung im Königsmarcksaal? Mehr als 30 Themen standen auf der Liste, ernsthaft diskutiert wurde - und auch das nur ansatzweise - lediglich der Etat fürs kommende Jahr. Inhaltlich wurde kaum debattiert, unbedarfte Beobachter konnten beim Aufrufen der einzelnen Punkte kaum ahnen, worum es gerade ging. Der Rat mutierte zur Abstimmungsmaschine.
Für Gäste der Ratssitzung bleiben die Themen rätselhaft
Wer Lokalpolitik erleben wollte, ging nahezu leer aus am Montagabend. Dabei standen zwei schwergewichtige Zukunftsthemen auf dem Plan. Beim Haushalt blieben Verwaltung und Rat Zahlen schuldig. Wie viel Geld gibt die Stadt aus und wofür, was ist mit den Schulden? Fehlanzeige. Es blieb sehr allgemein. Nur wer die Unterlagen parat hatte, wusste Bescheid. Die Ratsmitglieder haben dafür ihr Informationssystem und Tablets, die wenigen Besucher nicht einmal eine an die Wand geworfene Visualisierung.
Zweites Thema: das Isek, das Integrierte Stadtentwicklungskonzept. Es legt fest, wie sich Stade bis 2040 entwickeln will. Es ist eine verbindliche Handreichung für viele kommende Diskussionen. Dass in der „Aussprache“ dazu Bertolt Brecht oder die Isek-Präambel zitiert wurden oder dass festgestellt wurde, dass Isek und VEP bereits im ASKU behandelt worden seien, ließ viele Fragen offen. VEP heißt Verkehrsentwicklungsplan, beim ASKU ist der Ausschuss für Stadtentwicklung, Klima und Umwelt gemeint. Doch wer weiß das schon, wenn in Kürzeln und damit in Rätseln geredet wird?
Entscheidungen im Rat sind intransparent
Klar, die Themen ploppen auch in den Fachausschüssen auf, bevor der Rat tagt. Vieles wird aber im Verwaltungsausschuss und der legendären Fravo-Runde abgekaspert, der Runde der Fraktionsvorsitzenden. Beide tagen nicht-öffentlich. Das entspricht dem Stader Konsens-Stil; verbale Scharmützel in der Öffentlichkeit sollen zum Wohle der Stadt vermieden werden. Für Außenstehende bleibt dadurch vieles intransparent und wenig nachvollziehbar.
Am Montag sprach der Rat sprach mit der Verwaltung, die Verwaltung mit dem Rat. Im Englischen nennt man das „closed shop“. An die Gäste im Saal dachte dabei offenbar keiner. So ist Lokalpolitik alles andere als bürgernah und keine Werbung in eigener Sache.