TDie Bluttrinkende: Regenbremse sorgt für fiese Stiche im Sommer

Das Weibchen einer Regenbremse (Haematopota pluvialis). Foto: Andreas Haselböck
Regenbremsen können uns ungemein belästigen. Ihr Stich schmerzt. Die Übersetzung ihres lateinischen Namens sagt alles: die zur Regenzeit Bluttrinkende.
Landkreis. Die vielfältigen Namen geben Hinweise auf ihre Eigenschaften: „Regenbremse“ oder „Gewitterfliege“ wird sie genannt, weil sie oft in schwüler Luft unterwegs ist und nach Stechopfern sucht. Den Namen „Regenbogenbremse“ hat sie wegen ihrer farbigen Streifenmuster auf den Facettenaugen erhalten. Von Carl v. Linné bekam sie den treffenden wissenschaftlichen Namen „Haematopota pluvialis“. Aus dem Lateinischen übersetzt heißt das etwa: die zur Regenzeit Bluttrinkende.
Es stechen aber nur die weiblichen Fliegen, weil sie zur Entwicklung der Eier in ihrem Körper Blut benötigen. Die männlichen Fliegen führen ein entspanntes Leben auf Blüten und saugen Nektar. Angelockt durch unseren Schweiß und die Abgabe von Kohlenstoffdioxid, spüren die weiblichen Bremsen rasch die Nähe von Menschen und Huftieren auf.
Im Gegensatz zu summenden Stechmücken nähern sie sich uns fast lautlos. Auch die Landung auf unserem Körper erfolgt so, dass wir ihre Beine auf unserer Haut kaum spüren. Ihre Angriffe sind auch deshalb erfolgreich, weil sie unsere Gesichter meiden und zielgerichtet nackte Beine und Arme anfliegen.
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Wie kleine Messer schneiden die Mundwerkzeuge
Den Flug von hinten auf den Nacken lieben sie, denn so sehen wir sie nicht. Sind sie gelandet, geht es beim Stechen schnell zur Sache. Regenbremsen besitzen paarige, sehr scharfe und messerartig geformte Mundwerkzeuge, mit deren Hilfe sie tief in unsere Haut schneiden. Diese Schneidewerkzeuge bewegen sich wie ein Elektromesser blitzschnell hin und her, wobei sie eine recht große Wunde hinterlassen.
So dringen Eiweiße der Regenbremse in die Haut ein. Schnell schwillt der Einstichbereich an, weil eine Immunreaktion erfolgt. Zugleich sondert die Bremse Eiweiße ab, die eine Gerinnung des aufgenommenen Blutes verhindern. Das hat zur Folge, dass der Bremsenstich auf unserer Haut oft unangenehm nachblutet.
Bremsen organisieren sich zu Angriffswellen
An manchen Tagen fühlen wir uns von Regenbremsen regelrecht überfallen. In größerer Zahl fliegen sie anscheinend gut organisiert und in Angriffswellen auf uns zu. Haben wir eine Bremse beim Stechen erwischt, dann will uns schon wieder die nächste stechen. Solche Tiraden erfolgen gern nach längerer Zeit mit heißen Tagen.
Regenbremsen können lange Stech-Ruhepausen in Trockenzeiten einlegen, um bei Schwüle so richtig loszulegen. Das ergibt Sinn: Die Weibchen suchen zur Eiablage nasse Böden oder Pfützen, in deren Nähe sich die geschlüpften Larven gut entwickeln. Weil Bremsen vor einem Regen auch eine zunehmende Bodenfeuchtigkeit und damit beste Bedingungen für ihren Nachwuchs erwarten, sind sie nun sehr stechaktiv. Herrscht noch dazu absolute Windstille, dann können sie uns noch ungestörter und zielgerichteter anfliegen. Jetzt ist alles zum Stechen perfekt vorbereitet - und los geht es.
Die Serie
Was kreucht und fleucht denn da in der Region? Wolfgang Kurtze, Vorsitzender der Lions-Naturschutz-Stiftung, schreibt über Phänomene und Kuriositäten in der Natur. Das TAGEBLATT veröffentlicht die Artikel des promovierten Biologen in loser Reihenfolge. Die erfolgreiche TAGEBLATT-Serie „Phänomene der Natur“ rückt kurzweilig Wissenswertes aus der Natur in den Mittelpunkt. Jetzt ist der zweite Band von Wolfgang Kurtze im Buchhandel erhältlich. Herausgeber ist die Lions Stiftung Stade zur Förderung des Natur- und Umweltschutzes. Erhältlich ist das reich illustrierte und in Jahreszeiten gegliederte Werk im Buchhandel für 19,90 Euro.