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Schützengilde Oldendorf

TDiese Allee im Kreis Stade haben Könige gepflanzt

Werner Heinsohn an seinem Königsbaum, den er vor 35 Jahren gepflanzt hat.

Werner Heinsohn an seinem Königsbaum, den er vor 35 Jahren gepflanzt hat. Foto: Klempow

Eine Jahrzehnte alte Tradition wächst in Oldendorf. Prächtige Linden säumen die Straße im Ortsteil Kaken – eine königliche Allee, die einzigartig ist.

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Von Grit Klempow
Sonntag, 25.08.2024, 17:38 Uhr

Oldendorf. „Das hier ist meiner“, sagt der Mann in der Schützenjoppe und klopft an einen Stamm. Selbstverständlich weiß Werner Heinsohn genau, welchen der Alleebäume er gepflanzt hat. Das war 1989, seine Linde war fast noch ein Bäumchen, Stammdurchmesser damals etwa zehn Zentimeter. Zu ihren Wurzeln ins Erdloch hat er eine versiegelte Flasche mit einer Zeitung gesteckt.

„So mokt wi dat“, sagt er. Wi - das ist die Schützengilde Oldendorf, und das Baumpflanzen gehört zu den gesellschaftlichen Gepflogenheiten von Königin und König. Dem Ortsteil Kaken hat diese Tradition eine ansehnliche Allee eingebracht.

Erste Pflanzaktion in den 50ern

Von Oldendorfs Ortsmitte bis nach Kaken sind es knapp zwei Kilometer. Dort hat die Schützengilde ihr Domizil mit modernem Schießstand und großer Schützenhalle. Linden säumen die Straße, in Richtung Estorf-Bötz und in Richtung Oldendorf. Sie alle gehören zur Majestäten-Allee.

Seit 1955 pflanzen die Majestäten der Schützengilde Oldendorf einen Baum - der Ortsteil Kaken hat daher eine königliche Lindenallee.

Seit 1955 pflanzen die Majestäten der Schützengilde Oldendorf einen Baum - der Ortsteil Kaken hat daher eine königliche Lindenallee. Foto: Klempow

Laut Vereinshistorie sind 1955 die ersten sechs Bäume gepflanzt worden. Im September 1949 war die Gilde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aktiviert worden. Schützenkönig wurde 1949 nach einem Stechen Heinrich Rubow. Er und die bis 1955 folgenden Könige pflanzten die ersten Linden als Amtshandlung. Bis dahin hatte es diese Tradition der Gilde noch nicht gegeben.

In diesem Jahr feiert sie 100-jähriges Bestehen. Im September 1924 gründeten 45 Herren die Schützengilde Oldendorf. Erster Schützenkönig wurde Landwirt Ernst Gooßen - er soll als Königspreis ein Barometer erhalten haben. Wie 25 Jahre später das Baumpflanzen und die Königswürde zueinander fanden, ist dagegen nicht überliefert.

Täglich zwei Eimer Wasser

Werner Heinsohn ist 1986 zum ersten Mal König geworden. Gilde-Mitglied war er längst, „aber ich hatte bis dahin nie auf die Scheibe geschossen“, sagt der langjährige Kassenwart. Meist war er mit dem Spielmannszug unterwegs. Dass es geklappt hat, ist nicht nur mit dem Königsorden und in der Vereinshistorie verewigt - sondern auch mit seinem Baum. Gepflanzt hat er ihn 1989, und damit er auch entsprechend anwächst, „bin ich täglich zum Gießen mit zwei Eimern vorbeigekommen“.

Werner Müller hat bereits zwei Königsbäume gepflanzt, kümmert sich aber vor allem um das Bewässern der neu gepflanzten Linden.

Werner Müller hat bereits zwei Königsbäume gepflanzt, kümmert sich aber vor allem um das Bewässern der neu gepflanzten Linden. Foto: Klempow

Hege und Pflege der Bäume - das war in den vergangenen Jahren vor allem das Metier der Brüder Werner und Alfred Müller. Auch Werner Müller war gleich zweimal in Amt und Würden, zum ersten Mal im Jahr 2001. Ansporn war ein Hauch brüderliche Rivalität: „Ich hab‘ gedacht, was er kann, das kann ich auch“, sagt Werner Müller und grinst. Konnte er auch. Nach der Königswürde für Alfred im Jahr 2000 blieb der Titel in der Familie. 2012 regierte Müller ein zweites Mal, gemeinsam mit seiner Frau Meike.

So teuer ist das königliche Andenken

Die letzte Pflanzaktion liegt sechs Jahre zurück. Rund 100 Euro inklusive Dünger, Drainagerohr zum Bewässern, Baumpfählen und Kokos-Strick kostete das wachsende Andenken pro königlicher Nase.

„Wir sammeln immer einige Jahre, damit wir auch einen vernünftigen Kreis für das gemütliche Beisammensein nach der Pflanzung zusammenbekommen“, sagt Werner Heinsohn und schmunzelt. Beim letzten Mal vor sechs Jahren hat es mit der gemütlichen Runde nicht geklappt. „Es hat so geregnet, dass alle klitschnass waren und die meisten nach Hause mussten“, sagt Werner Müller.

Am jüngsten Pflanztag im Sommer 2018 wurden die Majestäten durchnässt.

Am jüngsten Pflanztag im Sommer 2018 wurden die Majestäten durchnässt. Foto: Schützengilde

Trotz des Regens am Pflanztag hatten er und sein Bruder im heißen Sommer 2018 viel zu tun, um die frisch gepflanzten Königsbäume zu gießen. Mit Trecker und Wassertank fuhren sie regelmäßig die neue Reihe an. Die jüngsten Bäume stehen am Ortsausgang Oldendorf entlang der Fischteiche. Von hier aus kann die Reihe auf der linken Straßenseite Richtung Kaken fortgesetzt werden.

Im heißen Sommer 2018 sorgten Alfred Müller (auf dem Traktor) und Werner Müller dafür, dass die neu gepflanzten Königsbäume gut mit Wasser versorgt waren.

Im heißen Sommer 2018 sorgten Alfred Müller (auf dem Traktor) und Werner Müller dafür, dass die neu gepflanzten Königsbäume gut mit Wasser versorgt waren. Foto: Schützengilde

Den Königsbäumen droht Gefahr auf vier Rädern

Immer wieder kommt es vor, dass beschädigte Bäume - touchiert bei Arbeiten am Straßenrand oder von Autos - ersetzt werden müssen. Oft bezahlt das die Versicherung des Verursachers. Das Königsbaum-Leben ist vor allem im Kurvenbereich vor Kaken gefährdet - die Straße ist ein beliebte Verbindung zwischen Oldendorf, Behrste und der Landstraße Richtung Elm.

Bei kleineren Schäden und aufgeplatzter Rinde ist Werner Müller mit dem Baumbalsam zur Stelle. Er guckt auf dem Weg zum Schießstand genau hin und hat den Zustand der Königsbäume immer im Blick. Linden wachsen unter idealen Bedingungen bis zu 60 Zentimeter im Jahr und meist um die 30 Meter in die Höhe.

Majestätische Allee spendet den Schützen Schatten

Werner Müller hat die Pläne der letzten beiden Pflanzaktionen. Fein säuberlich sind die Bäume durchnummeriert und mit den Namen der jeweiligen Königin oder des Königs versehen. Sie alle haben so wie Werner Heinsohn eine versiegelte Flasche mit einem Foto aus ihrem Königsjahr mit eingebuddelt.

Baum für Baum ist in den vergangenen sieben Jahrzehnten gewachsen. Es gibt noch Lücken. Aber da, wo Königsbäume die majestätische Allee bilden, geben sie nicht nur ein schönes Bild ab. Die Allee hat auch handfeste Vorteile, sagt Werner Heinsohn. „Wenn wir beim Schützenfest hierher marschieren und die Sonne prall scheint, dann freuen wir uns, wenn Schatten ist.“

Die Schützengilde Oldendorf feiert ihr 100-Jähriges. Zum Jubiläumstag am Freitag, 6. September, erklingt ein Konzert mit Zapfenstreich an der Remise und später an der Kirche Oldendorf. Am Sonnabend, 7. September, werden Abordnungen und Spielmannszüge zum Sternenmarsch erwartet. Im Anschluss gibt es ein Oktoberfest.

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