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Gastronomie

TDieser Mittagstisch ist Geschichte: Kult-Imbiss schließt

Thekla Kriete (rechts) und ihre Mitarbeiterin Pia Wilkens bedienen Sonnabend zum letzten Mal Gäste. Sind alle Kunden gegangen, schließt Kriete „Ottens Grillstube“ für immer ab.Foto: Jakob Brandt

Thekla Kriete (rechts) und ihre Mitarbeiterin Pia Wilkens bedienen Sonnabend zum letzten Mal Gäste. Sind alle Kunden gegangen, schließt Kriete „Ottens Grillstube“ für immer ab.Foto: Jakob Brandt Foto: Jakob Brandt

Wo bekomme ich ein gutes Mittagessen? Bei „Ottens Grillstube“, sagen die Zevener. Dort schmeckt‘s. Zu den Stammgästen zählen Senioren, die nicht mehr selbst kochen können oder wollen. Sie müssen sich nun etwas anderes suchen, denn im Imbiss bleibt die Küche kalt.

Von Jakob Brandt Samstag, 30.12.2023, 08:30 Uhr

Zeven. „Ottens Grillstube“ schließt am 30. Dezember für immer. Das kann doch gar nicht sein. Der Laden brummt doch wie verrückt: So oder ähnlich werden viele Zevener diese Nachricht aufgenommen genommen haben.

Aber es ist so: Der Imbiss macht Samstagabend zu. Dann ist Zeven um einen weiteren Gastronomiebetrieb ärmer. Um eine Institution, denn die Grillstube erfreute sich mehr als 50 Jahre lang großer Beliebtheit.

Der Inhaberin, Thekla Kriete aus Seedorf, ist die Entscheidung zu schließen alles andere als leicht gefallen. „Der Laden läuft, ist voll und ich muss nach 34 Jahren dichtmachen. Das ist nicht befriedigend“, sagt die 59-Jährige. „Aber es geht nicht anders.“

Das Gebäude, in dem sich der Imbiss befindet, steht zum Verkauf. Was kommt? Wie geht es weiter? Das sind Fragen, auf die Kriete versuchte, eine Antwort zu finden. Die Ungewissheit und zunehmende Personalprobleme bewogen sie schließlich dazu, kurzerhand den Imbiss zu schließen.

Grünkohl und Rinderrouladen

Mittags herrschte Hochbetrieb in der Grillstube. Mitarbeiterinnen flitzten oft mit hochroten Köpfen hin und her, brutzelten Würste und Pommes, stapelten Hamburger, packten Speisen ein und nahmen Bestellungen auf.

Das ist der letzte Mittagstisch-Wochenplan von Otten. Am Mittwoch gab es Frikadellen mit Soße, am Donnerstag Leberkäse mit Spiegelei und am Freitag Seelachsfilet.

Das ist der letzte Mittagstisch-Wochenplan von Otten. Am Mittwoch gab es Frikadellen mit Soße, am Donnerstag Leberkäse mit Spiegelei und am Freitag Seelachsfilet. Foto: Jakob Brandt

Auch der beliebte Mittagstisch trieb viele Gäste in den Imbiss. „Besonders gut liefen Grünkohl, Königsberger Klopse, Kohlrouladen, Rinderrouladen und gefüllte Paprikaschoten“, verrät Mitarbeiterin Pia Wilkens. Obwohl alles optimal durchorganisiert und vorbereitet war, hieß es für die Gäste oft: warten. So groß war der Andrang.

Aus Fahrschule wird Imbiss

Früher beherbergte das Gebäude in der Labesstraße eine Fahrschule, ganz früher eine Brauerei. 1989 mietete Thekla Kriete das Objekt an, um darin einen Imbiss zu eröffnen. Ottens Imbiss. Den gab es schon seit etwa 20 Jahren in der Stadt.

Hermann und Christa Otten betrieben ihn im alten Kaufhaus Kruse, das schon lange abgerissen ist. Kruses suchten damals einen Nachfolger, der den Imbiss in ihrem Sinne weiterzuführen bereit war.

Thekla Kriete führte seinerzeit die Kneipe „Zur Krone“, hatte aber keine Lust mehr auf Gastwirtschaft. Für die gelernte Konditorin war „Ottens Grillstube“ die Chance, umzusatteln. Nur brauchte sie ein neues Domizil für den Imbiss. Den fand sie in der Labesstraße und richtete das Gebäude mithilfe ihrer Familie für ihre Zwecke her. „Alles in Eigenleistung“, sagt Kriete.

Früher beherbergte das Gebäude an der Labesstraße eine Fahrschule. Mithilfe ihrer Familie machte Thekla Kriete einen Imbiss daraus.Foto: Kriete

Früher beherbergte das Gebäude an der Labesstraße eine Fahrschule. Mithilfe ihrer Familie machte Thekla Kriete einen Imbiss daraus.Foto: Kriete Foto: Kriete

Die Grillstube lief super an. Einen Mittagstisch gab es schon im Kaufhaus Kruse, und Kriete schrieb die Hausmannskost-Geschichte am neuen Standort fort. „Ich habe immer selbst gekocht, keine Dose aufgemacht“, erzählt sie. In der 34-jährigen Erfolgsgeschichte musste sie nur zwei Rückschläge hinnehmen.

„Einen Knick gab es, als die niederländischen Soldaten gingen“, erzählt sie. „Corona aber war das Schlimmste. Fünf Wochen hatten wir damals geschlossen. Nur langsam kamen die Gäste wieder, und viele waren sehr verängstigt. Ich finde, dass Corona schon einiges kaputt gemacht hat.“

Vorbesitzerin Christa Otten half kurz im neuen Imbiss aus. Dann lief es in „Ottens Grillstube“ wie am Schnürchen.Foto: Kriete

Vorbesitzerin Christa Otten half kurz im neuen Imbiss aus. Dann lief es in „Ottens Grillstube“ wie am Schnürchen.Foto: Kriete Foto: Kriete

Die Gäste kamen nach Corona wieder, aber nicht alle Mitarbeiterinnen. Ein Teil des Personals wanderte ab. „Vor Corona habe ich sechs bis zehn Leute beschäftigt, zum Schluss waren es nur noch drei. Es wird nicht einfacher in der Gastronomie“, resümiert Kriete, die für ihren Imbiss rund um die Uhr gearbeitet, jeweils nur 14 Tage Urlaub im Jahr genommen hat.

Die besten Baguettes der Stadt

Die Gäste finden es schade, dass „Ottens Grillstube“ schließt. Sabrina Bövers und ihre Mutter Ingrid Buchweitz gingen immer mal wieder im Imbiss essen. Vor allem der leckeren Baguettes wegen. „Das waren die besten in Zeven“, sagt Bövers. Sie sei ganz traurig, dass „Ottens Grillstube“ nun schließe. „Der Imbiss war eine Institution hier in Zeven. Schon als Kind bin ich dorthin gegangen. Damals gab es Pommes noch in Tüten.“

„Schade“, sagt ein Gast am Nebentisch. „So geht alles dahin.“ Das gute Essen, die freundliche Bedienung, das gemütliche Ambiente und die familiäre Atmosphäre, all das werde er vermissen. Auch Matina Bunselmeier würde gerne wiederkommen. „Ist nicht schön, dass der Imbiss schließt. Die Baguettes mit der leckeren Kräutersoße werde ich gewiss vermissen.“

Am 30. Dezember haben die Gäste ein letztes Mal Gelegenheit, sich in „Ottens Grillstube“ bis 20 Uhr kulinarisch verwöhnen zu lassen. Und sich persönlich von Thekla Kriete und ihren Mitarbeiterinnen zu verabschieden. Vielleicht auch, um zu trösten, denn die Grillstube war Thekla Krietes Leben.

Matina Bunselmeier schmeckten besonders die Baguettes mit Kräutersoße. „Die werde ich gewiss vermissen“, sagt sie.Foto: Jakob Brandt

Matina Bunselmeier schmeckten besonders die Baguettes mit Kräutersoße. „Die werde ich gewiss vermissen“, sagt sie.Foto: Jakob Brandt Foto: Jakob Brandt

„Ich werde, glaube ich, traurig sein, wenn ich den Schlüssel umdrehe“, sagt sie. Dass sie hernach Däumchen dreht, ist kaum zu erwarten: „Ich sehe nicht, dass ich Langeweile habe. Mein Mann ist Unternehmer und ich habe vier Enkelkinder.“

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