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Sanierung

TDollerner Nussfabrik: Wohnen am Bahnhof hat seinen Preis

Bereits 12 der 35 neu geschaffenen Wohneinheiten sind vermietet.

Bereits 12 der 35 neu geschaffenen Wohneinheiten sind vermietet. Foto: Buchmann

S-Bahn, Autobahn und Einkaufen direkt um die Ecke: Wohnen an der Bahn in Dollern hat Vorteile. Die lassen sich die Investoren gut bezahlen.

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Von Steffen Buchmann
Samstag, 09.11.2024, 00:19 Uhr

Dollern. Viele Jahre bugsierten Gabelstapler palettenweise Kisten durch die weiten Flure der ehemaligen Nussfabrik. Doch anstatt kistenweise Nüsse sollen bald Mieter mit Umzugskartons ihren Weg in das alte Backsteingebäude am Dollerner Bahnhof finden. Denn der Umbau von der Fabrik zum modernen Wohnhaus ist fast abgeschlossen.

Für die neuen Wohnanlagen am Dollerner Bahnhof wurden Lärmschutzwände hochgezogen.

Für die neuen Wohnanlagen am Dollerner Bahnhof wurden Lärmschutzwände hochgezogen. Foto: Buchmann

„Seit Ende Oktober bieten wir die ersten Besichtigungstermine an“, sagt Hendrik Doerks von Doerks Immobilien. 35 Wohneinheiten mit Wohnflächen zwischen 35 und 75 Quadratmetern hat das Unternehmen seit Baubeginn vor gut zwei Jahren in dem ehemaligen Fabrikgebäude geschaffen. Ein Kernaspekt für die Bauherren: Das historische Gebäude sollte erhalten bleiben.

Historisches Dollerner Gebäude erhalten statt abreißen

„Unser Ziel war es, die Fabrik vollständig zu sanieren anstatt sie einfach abzureißen“, sagt Bauunternehmer Joachim Doerks. Hierfür sei eine sorgfältige Sanierung des Grundgerüstes sowie des Mauerwerks notwendig gewesen, unter Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte wie etwa dem Verbau von fünf Wärmepumpen zur Wärmeversorgung.

Erfahrung im Umgang mit historischem Baumaterial hat Joachim Doerks bereits. So sanierte er zuletzt den fast 100 Jahre alten Brandshof an den Hamburger Elbbrücken, wo inzwischen Büros und zwei Restaurants untergebracht sind. So ließen die Investoren in den Wohnungen vorhandene Holzbalken verkleiden und in das moderne Erscheinungsbild einfließen.

„Die Grundsubstanz war sehr gut“, betont Hendrik Doerks. Jede Wohnung ist zudem mit schallisolierten Fenstern gegen den Bahnlärm ausgestattet. Für zusätzlichen Lärmschutz sorgt eine gut drei Meter hohe Lärmschutzwand an den Bahngleisen.

Wohnhaus war einst das größte Kühllagerhaus Europas

1936 baute die Hamburger Firma Wilhelm Matthies das Backsteingebäude als Obstkühlhaus mit eigenem Gleisanschluss am Dollerner Bahnhof. Es war damals das größte Kühllagerhaus Europas und speziell auf die Langzeitlagerung von frischem Obst eingerichtet. Die Lage am Güterbahnhof war gewerblich reizvoll, weshalb auch die Stader Saatzucht den Gleisanschuss für das Einladen von eingelagerten Kartoffeln mitnutzte.

Rund um das Gebäude sind noch etliche Arbeiten zu erledigen.

Rund um das Gebäude sind noch etliche Arbeiten zu erledigen. Foto: Buchmann

1962 trafen drei schwere Schläge das Unternehmen. Die Sturmflut im Februar vernichtete einen Großteil der Lagerbestände. Mitte Juni explodierte ein Teil der Kühlanlagen, wobei der damalige Maschinenmeister Ernst Lanker durch eine Ammoniakverätzung starb. Am 17. Juli 1962 ging bei einem Großbrand der gesamte Dachstuhl des Kühlhauses in Flammen auf, der Schaden betrug 400.000 DM. Im Mai 1979 musste die Wilhelm Matthies OHG die Dollerner Niederlassung wegen Insolvenz schließen.

Lange passierte nichts in dem verlassenen Gewerbegebiet

Vor 40 Jahren kaufte Joachim Doerks die leerstehende Fabrik in Dollern auf, die er bis 2011 als Lager für importierte Nüsse für den familiengeführten Lebensmittelhandel nutzte. Seitdem tat sich auf dem rund 1,9 Hektar großen Gewerbegebiet am Dollerner Bahnhof lange nichts. 2016 fasste Doerks den ersten Entschluss, die stillgelegte Fabrik im südlichen Teil in ein mehrgeschossiges Wohnhaus auszubauen. Parallel entstanden auf dem nördlichen Geländeteil 39 Reihenhäuser der Firma Bibo-Bau.

Blick in eine leerstehende Mietwohnung.

Blick in eine leerstehende Mietwohnung. Foto: Buchmann

Rund fünf Millionen Euro seien in die Sanierung geflossen, sagt Joachim Doerks. Die Infrastruktur sei hervorragend. Unweit erreichen Mieter den Bahnhof und damit die S-Bahn, den Anschluss an die A26 sowie lokale Geschäfte. Das hat jedoch auch seinen Preis: 500 Euro Kaltmiete ruft Doerks Immobilien für eine Einzimmerwohnung (35 Quadratmeter) mit Balkon, Einbauküche und Fußbodenheizung bei Immobilienscout24 auf - ein Außenstellplatz für das Auto kostet weitere 35 Euro.

Hohe Kaltmiete schreckt Interessenten nicht ab

Mit einem Kaltmietpreis von etwa 14 Euro pro Quadratmeter liegen die neuen Mietwohnungen in der ehemaligen Nussfabrik deutlich über dem örtlichen Durchschnittspreis. 2022 lag der durchschnittliche Kaltmietpreis für Wohnungen bei 8,53 Euro pro Quadratmeter in der Samtgemeinde Horneburg, wie aus dem Wohnraumversorgungskonzept 2024 des Landkreises Stade hervorgeht.

Das alte Kopfsteinpflaster vor dem Wohnhaus soll in die Parkflächen integriert werden.

Das alte Kopfsteinpflaster vor dem Wohnhaus soll in die Parkflächen integriert werden. Foto: Buchmann

Das Interesse von potenziellen Mietern sei groß, weiß Hendrik Doerks: „Wir haben bisher schon etwa 170 Anfragen erhalten.“ Viele kämen aus dem Hamburger Umland. 12 der 35 Wohneinheiten seien bereits vermietet.

Als nächstes Projekt von Dörks Immobilien steht das ehemalige Kurhaus Dollern am Bahnhof an.

Als nächstes Projekt von Dörks Immobilien steht das ehemalige Kurhaus Dollern am Bahnhof an. Foto: Buchmann

Auf dem Außengelände finden derzeit noch letzte Arbeiten an den Parkplätzen und Zuwegen statt. Im Innenhof hinter der Fabrik sei zudem eine Fläche für weitere acht Wohneinheiten vorgemerkt. Doch das nächste Sanierungsprojekt steht nur wenige Meter entfernt. So plant Doerks Immobilien, im 1898 errichteten Kurhaus Dollern an der Altländer Straße 15 weitere Mietwohnungen zu bauen. Erste Gespräche mit dem Bauamt hätten bereits stattgefunden.

Breite Flure, durch die früher problemlos Gabelstapler fahren konnten.

Breite Flure, durch die früher problemlos Gabelstapler fahren konnten. Foto: Buchmann

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