TDrochtersen verschiebt Wärmeplanung und lässt Fördergeld sausen

Bestandsimmobilien-Besitzer könnten nun noch etwas länger Heizungen austauschen, ohne einem Anteil von 65 Prozent klimafreundlicher Energie nachweisen zu müssen. Foto: Knappe
Die Gemeinde vertagt die kommunale Wärmeplanung und lässt dafür Fördermittel sausen. Das hat Auswirkungen auf den Heizungstausch für alle Besitzer von Bestandshäusern.
Drochtersen. Der Ausschuss für Gemeindeentwicklung, Umwelt und Tourismus hat diese Empfehlung in einer Mehrheitsentscheidung gegen die Stimmen der SPD ausgesprochen, das Thema wird nochmals im Verwaltungsausschuss nichtöffentlich behandelt.
Heizungstausch ist gekoppelt an Wärmeplanung
Das bundesweite Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist beschlossen: Um fossile Energieträger wie Gas und Öl auszubremsen, muss in Neubaugebieten bereits ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Bei Bestandsimmobilien und bei Neubauten außerhalb von Neubaugebieten sind die Fristen an die kommunale Wärmeplanung geknüpft. Darin sollen Städte und Gemeinden darlegen, wo beispielsweise Fern- oder Nahwärmenetze geplant sind. In Niedersachsen sollen Kommunen ihre Wärmepläne bereits bis 2026 fertig haben - zwei Jahre vor der geplanten Frist des Bundes. Das heißt, sobald die kommunale Wärmeplanung vorliegt, greift auch bei Bestandsimmobilien die 65-Prozent-Pflicht beim Einbau einer neuen Heizung.
Die Gemeinde Drochtersen musste jetzt entscheiden, ob sie die Wärmeplanung schnell und mit hoher finanzieller Förderung oder möglichst spät und mit wenig Unterstützung durchführen will. Laut Gemeindeverwaltung sind die Kosten für die Wärmeplanung schwer abzuschätzen und liegen voraussichtlich zwischen 60.000 und 180.000 Euro. Würde die Förderung für die Wärmeplanung bereits bis zum Jahresende 2023 beantragt und im Herbst gestartet, könnte die Planung voraussichtlich im Herbst 2025 fertig sein. Bei 90-prozentiger Förderung rechnet die Verwaltung mit maximal 18.000 Euro Eigenanteil für die Gemeinde. Die benachbarte Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten hat kürzlich bereits den Förderantrag für ihre Wärmeplanung auf den Weg gebracht.
Viele Bürger mit alten Öl- und Gasheizungen betroffen
Im Drochterser GUT-Ausschuss beantragte die CDU-Fraktion, die kommunale Wärmeplanung in Drochtersen zu vertagen: „Viele Bürger in der Gemeinde haben Altbauten mit Öl- oder Gasheizungen, wo es schwierig wird, wenn man dann nur noch Heizungen mit einem Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energie einbauen kann. Das muss man berücksichtigen“, sagte CDU-Fraktionschef Dr. Hannes Hatecke. Er favorisiere die Möglichkeit, wo Bürger „noch ein bisschen Zeit hätten, gegebenenfalls einen Heizungsaustausch vorzunehmen - auch wenn wir dann als Gemeinde nicht mehr einen so guten Fördersatz für die Wärmeplanung haben“. Man solle „die 11.000 Bürger nicht schon ein Jahr früher als nötig zwingen, keine Gasheizung mehr zu kaufen“, so Hatecke.
Klimaschutzbeauftragter: Vertagung sinnlos
Die SPD-Fraktion machte geltend, sie würde eher die zügigere Wärmeplanung bevorzugen. Auch die Gemeindeverwaltung warb dafür, nicht nur wegen der hohen Förderung und wegen des Leitbildes der Gemeinde, in dem Klimaneutralität angestrebt wird. „Es geht ja auch um Planungssicherheit für die Bürger. Kaufe ich mir jetzt eine neues Heizung oder kann ich drei Jahre später an ein Wärmenetz angeschlossen werden?“, verdeutlichte der Klimaschutzbeauftragte Martin Treppner. Eine Vertagung der Wärmeplanung ergebe „keinen Sinn“. CDU und FWG stimmten für die Vertagung, die SPD dagegen.
Umweltminister: „Brauchen wir die kommunale Wärmeplanung“
Thematischer Schwerpunkt der diesjährigen Niedersächsischen Energietage (NET) ist die Rolle der Kommunen bei der Energiewende. „Ein wichtiger Teil der Energiewende wird die klimaschonende Versorgung der Häuser und Wohnungen mit Wärme und Energie sein“, sagte Umweltminister Christian Meyer auf der Konferenz. „Den Kommunen kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Für die Wärmewende brauchen wir die kommunale Wärmeplanung.“
Durch die kommunale Wärmeplanung können ganze Quartiere klimaneutral mit Wärme versorgt werden, so Meyer. „Die Quelle der Energie kann Abwärme aus der Industrie oder aus Biogasanlagen sein oder Wärme aus Geothermie und Groß-Wärmepumpen. Das ist der Schlüssel für klimaneutrale Wärme in unseren Gebäuden und zum Erreichen der Klimaziele. Der Bund folgt seit Mitte dieses Jahres dem Vorbild jener Bundesländer wie Niedersachsen, die bereits Regelungen zur kommunalen Wärmeplanung eingeführt haben. Das begrüßen wir sehr.“
Niedersachsen hat mit der letzten Änderung seines Klimagesetztes (NKlimaG) im Juni 2022 eine Festsetzung zur kommunalen Wärmeplanung getroffen, die zum 1.1.2024 in Kraft tritt. Mit § 20 NKlimaG werden alle Einheits- und Samtgemeinden, die im Landes-Raumordnungsprogramm als Ober- oder Mittelzentren festgelegt sind ist, zur Erstellung, Veröffentlichung und regelmäßigen Fortschreibung eines kommunalen Wärmeplans für das gesamte jeweilige Gemeindegebiet verpflichtet. In den 95 Mittel- und Oberzentren leben ca. 4,3 Mio. Menschen, das ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung Niedersachsens. Die Erstaufstellung der kommunalen Wärmepläne in den verpflichteten Kommunen muss bis zum 31.12.2026 erfolgen. Eine Fortschreibung ist spätestens alle fünf Jahre erforderlich.