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Wirtschaft

TEin Engel für Stade: Ex-Dow-Manager soll den Chemie-Standort retten

Der Chemie-Standort Bützflethersand an der Elbe.

Der Chemie-Standort Bützflethersand an der Elbe. Foto: Martin Elsen/luftbild.fotograf.de

Ex-Dow-Manager Stephan Engel hat die Seiten gewechselt und steht vor einer Herkules-Aufgabe: Er ist angetreten, um den Chemie-Standort Stade zu retten und voranzutreiben. Wenn nicht er, wer sonst? Engel bringt beste Voraussetzungen für den Job mit.

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Von Lars Strüning
Donnerstag, 08.02.2024, 13:30 Uhr

Stade. „Es ist deutlich besser, aber es ist noch nicht gut“, skizziert Stephan Engel die Lage der Chemie-Industrie auf Bützflethersand. Er spielt damit auf die hohen Energiepreise bei Strom und Gas an, die seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine explodiert sind und Dow, Olin oder AOS das Wirtschaften extrem schwer machten und sie in ihrer Existenz bedrohten.

Die energieintensiven Unternehmen können ihre Produkte nicht mehr konkurrenzfähig auf den internationalen, umkämpften Markt bringen, sie haben ihre Produktion zum Teil deutlich zurückgefahren. Zuletzt signalisierten die Unternehmensleitungen vorsichtig Entspannung. Daran will Stephan Engel anknüpfen, wohl wissend, dass er die Energiepreise nicht beeinflussen kann. Engel sieht andere Anknüpfungspunkte.

Seit Januar 2024 verstärkt Engel das Team der Wirtschaftsförderung Landkreis Stade GmbH. Der 58-Jährige aus Finkenwerder übernimmt offiziell die Rolle des Projektkoordinators für die Standortentwicklung des Chemie- und Industriestandortes Stade. Zuvor war er mehr als 33 Jahre als Diplom-Ingenieur der Verfahrenstechnik für Dow in Stade tätig.

Zu 90 Prozent finanziert wird die Stelle vom Land Niedersachsen. Sie ist Ausfluss eines Vorstoßes aus der Region, die im April 2023 mit einer Stimme in Hannover vorgesprochen hatte - Parteien, Landkreis, Stadt, IHK, Arbeitgeberverband, Betriebsräte und Geschäftsführungen. Die Kürze der Zeit bis zur Umsetzung zeigt: Auch die Landesregierung hat die Brisanz verstanden.

Erster Kreisrat: „Projekt mit sehr ernstem Hintergrund“

Thorsten Heinze, Erster Kreisrat beim Landkreis Stade, skizziert die Aufgabe so: „Wir müssen ein Projekt mit sehr ernstem Hintergrund positiv zu Ende bringen.“ Das Ziel sei, ein Standortsicherungs- und -entwicklungskonzept auszuarbeiten. Generell sieht Engel Stade gut aufgestellt. Er weiß die Region geschlossen hinter sich, deren Wohlstand unmittelbar auch vom Chemie-Park abhängt mit seinen qualifizierten Arbeitsplätzen und seiner Steuerkraft.

Zurzeit führe er viele Gespräche, spricht von großem „Erkenntnisgewinn“. Dass Engel von der Dow kommt, bietet Vorteile: Er kennt den Standort in- und auswendig und die Strukturen der Chemie-Industrie, er hat ein globales Netzwerk und tiefe Einblicke in die Energieversorgung, die er einst für Dow Deutschland verantwortete.

Steht vor einer großen Aufgabe: Stephan Engel.

Steht vor einer großen Aufgabe: Stephan Engel. Foto: Landkreis Stade/ Schmidt

Engel blickt auf die bestehenden Unternehmen, will sie stärker vernetzen, will sehen, wie sie sich besser gegenseitig helfen können, und er blickt auf anstehende Investitionen ebenso wie auf die freien Flächen an der Elbe, die sich über die Schwinge hinweg auch auf das Gelände von Preußen Elektra und Uniper ausdehnen, wo noch am Abbau des Stader AKW gearbeitet wird. Die Möglichkeiten sind groß.

LNG-Terminal als wichtiger Baustein der Zukunft

Mit Spannung wartet nicht nur Engel auf die endgültige Investitionsentscheidung zum Bau des landgestützten Terminals für verflüssigte Gase wie LNG. Projektentwickler Hanseatic Energy Hub (HEH) geht von einer Investition von gut einer Milliarde Euro aus. Engel sieht in der Realisierung „einen wesentlichen Baustein für die Zukunft“ und erwartet danach weitere Ansiedlungen auf dem weitläufigen Dow-Gelände oder auch im „Chem-Coast-Park“ der Stadt, die ein großes Gewerbegebiet an der Freiburger Straße plant.

Stade, so Engel, habe viel Potenzial und verfüge über wichtige Alleinstellungsmerkmale. Den Anschluss ans bundesweite Gasnetz oder an die Starkstromleitung mit grüner Energie zählt er ebenso dazu wie den Hafen am seeschifftiefen Wasser der Elbe oder die Kavernen in Harsefeld-Ohrensen, wo Salz abgebaut wird und Wasserstoff gelagert werden könnte.

Bei allen Bemühungen ist klar: Ohne die Industrie im Bestand ist alles nichts. Die Zukunftsszenarien für den Standort Stade reichen vom „Worst Case“ mit einer weitgehenden De-Industrualisierung bis hin zum wirtschaftlich prosperierenden Energie- und Wirtschaftsstandort mit nationaler Bedeutung. Stephan Engel ist mittendrin.

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