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TPersonalnot in Kitas: Müssen jetzt Eltern im Landkreis einspringen?

 Ein Mann mit einem Kind auf dem Arm und einem an der Hand wirft einen Schatten auf eine mit bunten Handabdrücken bemalte Wand einer Kindertagesstätte.

Kindern und Eltern verlangt der akute Personalmangel in Kitas oft viel ab. Der neue Kita-Kreiselternrat setzt sich für ihre Interessen ein. Foto: Peter Kneffel/dpa

Personalmangel überall: Die Situation an der Kita-Front wird immer dramatischer. Als Lobby für Kita-Kinder und deren Eltern hat sich ein neuer Kita-Kreiselternrat gebildet. Der will handeln.

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Von Anping Richter
Donnerstag, 14.03.2024, 08:26 Uhr

Landkreis. „In unserer Kita bricht gerade alles zusammen.“ Das ist nur eine der Nachrichten, wie sie beim neuen Kita-Kreiselternrat ständig eintreffen. 150 Eltern aus dem ganzen Landkreis sind in der Whatsapp-Gruppe. „Wir haben ein großes Netzwerk“, sagt Andreas Neumann vom Kita-Kreiselternrat. Der ist die Interessenvertretung von 1700 Krippenkindern unter drei Jahren und 6500 Kindern über drei Jahren in den 155 Kitas im Landkreis Stade. Dazu kommen rund 500 Kinder auf den Wartelisten.

„Ich arbeite 20 Stunden. Mit Bringen und Abholen habe ich nur ungefähr 3 Stunden zum effektiven Arbeiten, womit ich wöchentlich 5 Stunden hinterherhänge.“ Auch das ist ein Eltern-Zitat aus der Kreiselternrats-Gruppe. Das sei auch ein gesamtgesellschaftliches Problem, sagt Neumann: „Wenn zwei Erzieher fehlen, fehlen anderswo 25 Fachkräfte.“ Immer noch seien es oft die Frauen, die mangels Kinderbetreuung beruflich zurückstecken.

Elternvertreter aus dem gesamten Kreisgebiet

Andreas Neumann hat Elternvertreter aller Kitas angeschrieben, um zum konstituierenden Treffen einzuladen. Die Mitglieder des neu gewählten Vorstands kommen aus dem gesamten Landkreis: Der Vorsitzende Andreas Neumann ist vielen schon als Vorsitzender des Kita-Elternrats der Samtgemeinde Fredenbeck bekannt, die Vorsitzende Katharina Brüggemann als Vorsitzende des Stadtelternrats Stade und der stellvertretende Vorsitzende Thore Krakowski als Vorsitzender des Stadtelternrats Buxtehude. Schriftführerin ist Julia Diekmann, im Beirat sind Lisanne von Allwörden, Adina Bauermeister, Katharina Fischer, Linda Kascha, Tanita Müller-Baden und Hesna Ott.

Ein Krippenplatz kostet bis zu 1080 Euro

Der Kreiselternrat weist darauf hin, dass Kitas einen gesetzlichen Bildungsauftrag haben. Angesichts des Personalmangels stelle sich die Frage, ob dem noch nachgekommen werden kann. Gleichzeitig steigen die Gebühren teils in bedenkliche Höhen: Die Spitzengebühr für einen Krippenplatz im Landkreis liege bei 1080 Euro monatlich. Für das Mittagessen im Hort zahlen Eltern in der Spitze 97 Euro, im Durchschnitt um die 80 Euro. Ab wie vielen Tagen Schließzeit eine Gebührenerstattung fällig werde, stehe zur Diskussion.

Allein in Stade seien zurzeit 25 Stellen in Kitas offen, berichtet Katharina Brüggemann. Gleichzeitig gebe es für den ganzen Landkreis an den BBS nur noch eine Ausbildungsklasse für Erzieher. Es mangele an Auszubildenden, aber auch an Ausbildern. Sie schlägt vor, für Erzieher - wie in anderen Berufen auch - eine dreijährige statt einer vierjährigen Ausbildung anzubieten. Nächstes Jahr stehe ohnehin eine Novellierung des Kita-Gesetzes an.

Wenig genutzte Möglichkeit: Eltern als Aushilfe in Notzeiten

Das niedersächsische Kita-Gesetz erlaube bisher nicht, dass zwei Sozialassistenten sich um eine Kita-Gruppe kümmern, wenn keine voll ausgebildete Fachkraft dabei ist, sagt Brüggemann. Nur in Randzeiten sei dies erlaubt. Diese auszudehnen, sei eine Möglichkeit, sich Luft zu verschaffen. Sie setzt sich auch dafür ein, die Qualifizierung ausländischer Fachkräfte, den Quereinstieg und den Einstieg für Tagesmütter zu erleichtern.

Das Kita-Gesetz ermögliche zudem, dass Eltern bis zu drei Tage im Monat aushelfen dürfen. Davon werde bisher wenig Gebrauch gemacht.

Personal-Notlagen werde es in Zukunft noch öfter geben, sagt Andreas Neumann, denn viele Baby-Boomer unter den Erzieherinnen gehen bald in Rente. Für die Eltern sei das existenziell, sagt Thore Krakowski, weshalb der Kreiselternrat sich politisch für sie starkmachen will. Dafür will sich der Kreiselternrat aber erst umfassend über die Ist-Situation informieren - mit einer Umfrage zur Qualität der Kinderbetreuung. Sie ist freiwillig, anonym, benötigt keine Registrierung und ist auf der Homepage des neuen Kreiselternrats zu finden: kita-kreiselternrat-stade.de.

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